Direkt zum Inhalt

Lexikon der Biochemie: Carotinoide

Carotinoide, eine umfangreiche Klasse gelber und roter Farbstoffe, chemisch hochungesättigte, aliphatische und alizyklische Kohlenwasserstoffe und deren Oxidationsprodukte. Biogenetisch sind die C. aus Isopreneinheiten (C5H8) aufgebaut und zeigen daher die für isoprenoide Verbindungen typischen Methylverzweigungen. Die überwiegende Mehrzahl der C. hat 40 C-Atome und gehört zur Gruppe der aus acht Isoprenresten aufgebauten Tetraterpene. Daneben gibt es einige C. mit 45 und 50 C-Atomen, vor allem bei nicht photosynthetisierenden Bakterien. C. mit niedrigerer C-Zahl werden als Nor-, Seco- bzw. Apo-C. bezeichnet.
Man unterteilt die C. in 1) reine Kohlenwasserstoffe, wie z.B. die Carotine, Lycopin, Neurosporin, Phytofluen und Phytoen, und 2) in die sauerstoffhaltigen, gelb gefärbten Xanthophylle, z.B. Violaxanthin, Zeaxanthin, Fucoxanthin, Lutein, Neoxanthin, Kryptoxanthin, Astaxanthin, Capsanthin, Capsorubin, Rubixanthin und Rhodoxanthin. Nativ liegen die Xanthophylle vielfach als Carotinoproteine (d.h., das Carotinoid ist mit einer Proteinkomponente zu einem wasserlöslichen Chromoprotein verbunden, welches das Carotinoid gegen Luft- und Lichteinflüsse stabilisiert) sowie als Fettsäure- oder Glucoseester vor. C. enthalten 9 bis 15 (gewöhnlich 9-11) konjugierte, im Allgemeinen durchgängig trans-ständig angeordnete Doppelbindungen und sind dadurch planar gebaute Polyene. Dieses chromophore System bedingt ihre intensive gelbe, orange oder rote Farbe (Farbtafel II u. III).
Den meisten C. liegt eine ungesättigte, methylverzweigte C22-Kette zugrunde, die an beiden Enden je neun C-Atome in azyklischer (z.B. im Lycopin) oder in zyklisierter (z.B. beim α- und β-Carotin) Form tragen. Als endständige Ringsysteme kommen vor allem die Sechsringe des α- und β-Ionons vor. Die mittelständigen 22 C-Atome sind im Allgemeinen wenig verändert; die zu den Xanthophyllen führenden Oxidationsreaktionen erfolgen bevorzugt an den beiden C9-Endstücken. Die meisten der etwa 700 strukturbekannten C. gehören als Mono-, Di- oder Polyhydroxyverbindungen sowie Ether, Aldehyde, Ketone oder Säuren zu den Xanthophyllen. Von stereochemischer Bedeutung sind cis-trans-Isomerien an den C=C-Doppelbindungen sowie die Absolutkonfiguration an chiralen Zentren. Prototyp der C. ist das Lycopin, eine azyklische C40-Verbindung, von der sich formal die übrigen Vertreter dieser Substanzklasse ableiten lassen.
C. sind als Pigmentfarben im Pflanzen und Tierreich sehr weit verbreitet. Sie bilden eine der wichtigsten Gruppen von Naturfarbstoffen. C. kommen hauptsächlich in den äußeren, sichtbaren Bereichen, wie Haut, Schale, Panzer, Federn und Schnabel, sowie im Eigelb der Vogeleier und in den Sehpigmenten vor. Die im tierischen Organismus aufgefundenen C. sind jedoch pflanzlichen Ursprungs, da das Tier keine de-novo-Synthese von C. durchzuführen vermag. Allerdings können die mit der Nahrung aufgenommenen C. umgewandelt werden, z.B. werden Carotine zu Vitamin A oxidiert. Für die Biosynthese der C. Tetraterpene.
Die Carotinoidkonzentration in natürlichem Material liegt durchschnittlich zwischen 0,02 und 0,1%, bezogen auf die Trockenmasse. Mit 16% Carotinoidgehalt weist der Augenkranz des Fasans Narcissus majalis einen sehr hohen Wert auf, der etwa der 10.000fachen Carotinoidmenge in der Karotte entspricht. Es wird geschätzt, dass in der Natur jährlich etwa 108 Tonnen C. produziert werden, vor allem Fucoxanthin, Lutein, Violaxanthin und Neoxanthin; außerdem β-Carotin, Zeaxanthin, Lycopin, Capsanthin und Bixin. Die C. einer Pflanze sind zu über 90% in den Blättern enthalten und liegen im Allgemeinen als Gemisch vor, das zu 20-40 % aus Carotinen (davon zu über 70 % aus β-Carotin) und zu 60-80 % aus Xanthophyllen, wie Lutein, Violaxanthin, Kryptoxanthin und Zeaxanthin besteht.
Die Bedeutung der C. für den Stoffwechsel liegt einerseits in der Beteiligung an der Energieübertragung bei der Photosynthese und andererseits in der Funktion, Zellen vor schädigendem Lichteinfluss zu schützen. Sie sind auch wichtig als Vorstufe für das Vitamin A und die Sehpigmente. Die Isolierung der C. erfolgt aus pflanzlichem Material durch Extraktion und Adsorptionschromatographie. Die Partial- und Totalsynthese von β-Carotin wird in industriellem Maßstab durchgeführt. Einige C., insbesondere β-Carotin, finden als Farbstoffe in Nahrungsmitteln sowie in Pharmazeutika und Kosmetika Verwendung.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.