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Kompaktlexikon der Biologie: Aves

Aves, Vögel, Klasse der vierfüßigen Wirbeltiere (Tetrapoda) mit gut 9000 Arten, die in allen Lebensräumen verbreitet sind. Besonders charakteristische Merkmale im Körperbau der A. sind das Federkleid (Federn, Gefieder) sowie die zu Flügeln umgebildeten vorderen Extremitäten, die die Vögel zum Flug (Vogelflug) befähigen ( vgl. Abb. ). Der Schwanz ist stark reduziert, der Schnabel zahnlos und sehr variabel in der Form, entsprechend der unterschiedlichen Lebens- und Ernährungsweisen. Die Epidermis der Vögel besitzt außer der Bürzeldrüse, mit deren Sekret die Federn gefettet werden, und Drüsen am äußeren Gehörgang keine weiteren Drüsen, ist aber insgesamt sehr lipidreich. Bei einer Reihe von Vögeln fehlt die Bürzeldrüse (z.B. Kormorane, Straußen, Spechte, Tauben). Das Skelett der Vögel ist leicht, aber stabil gebaut, mit einem nahezu unbeweglichen Rumpfskelett und mehr oder weniger hohlen Knochen, die in Verbindung mit den Luftsäcken stehen. Im Zentralnervensystem sind das Endhirn, Mittelhirndach und Kleinhirn besonders gut entwickelt (Gehirn). Unter den Sinnesorganen sind die Augen besonders hoch entwickelt. Sie sind bei den meisten Arten völlig oder fast unbeweglich, was durch eine starke Beweglichkeit der Halswirbelsäule kompensiert wird. Tagaktive Vögel sind zum Farbensehen befähigt. Die Akkomodation erfolgt durch Formveränderung der Linse, wobei Geschwindigkeit und Ausmaß der Akkomodation größer sind als bei jeder anderen Wirbeltiergruppe. Auch das Gehör ist gut entwickelt; bei Eulen ermöglichen äußere Federohren und asymmetrische Anordnung der Ohren auch bei Dunkelheit eine exakte Lokalisation der Beutetiere. Einige Höhlen bewohnende Vögel orientieren sich mit Echolotsystemen (z.B. die Fettschwalme, Caprimulgiformes). Der Riechsinn ist unterschiedlich, z.B. bei Kiwis (Dinornithiformes) und bei Sturmvögeln sehr gut entwickelt. Der Geschmackssinn ist dagegen nur schwach ausgeprägt. Kreislauf- und Atmungssystem sind bei Vögeln sehr leistungsfähig. Arterieller und venöser Kreislauf sind vollständig getrennt, da nur der rechte Aortenbogen vorhanden ist. Die Lunge besteht aus einem System von Röhren mit einer sehr großen Oberfläche für den Gasaustausch. Durch die großen, wie Blasebälge wirkenden Luftsäcke wird dieses Röhrensystem sowohl beim Einatmen, als auch beim Ausatmen von hinten nach vorne mit frischer Luft durchströmt. Gut entwickelt ist auch das Lymphgefäßsystem, das bei adulten A. öfter noch Lymphherzen aufweist. Das Verdauungssystem ist, je nach Lebensweise, sehr variabel. Alle Vögel besitzen einen zweigeteilten Magen, der aus Muskel- oder Kaumagen und einem Drüsenmagen besteht. Das Größenverhältnis der Teile spiegelt die Ernährungsweise wider, so besitzen z.B. Körnerfresser einen gut ausgebildeten Muskelmagen und z.B. Greifvögel einen hochentwickelten Drüsenmagen. Wesentliches Exkretionsprodukt ist Harnsäure, der Harn ist sehr konzentriert; die Niere ist dreilappig, eine Harnblase fehlt. Wie die Reptilien besitzen Vögel eine Kloake, in die Darm, Harnleiter und Geschlechtsgänge münden. Dort wird der Harn noch weiter konzentriert, indem ihm Wasser entzogen wird. Bei der Paarung werden die Kloaken aneinander gepresst und das Sperma übertragen. Einen Penis besitzen nur Straußenvögel, Gänsevögel und Hokkohühner. Alle Vögel legen hartschalige Eier. Die meisten Arten bauen ein Nest und bebrüten die Eier (Ausnahme: Thermometerhuhn), wobei eine Reihe von Arten in Kolonien nistet. Die Mehrheit der Vögel ist monogam. Einige Arten sind Brutparasiten (z.B. Kuckucke und Honiganzeiger; Brutparasitismus). An der Gabelstelle der Luftröhre befindet sich ein mit eigener Muskulatur versehenes Stimmorgan, die Syrinx, die nur bei Geiern, Straußen und Störchen fehlt. Laute können auch mit dem Schnabel oder bestimmten Federn (Schallfedern) erzeugt werden. Insgesamt spielt die stimmliche Kommunikation eine herausragende Rolle, wobei die Funktion einiger Gesangsarten noch nicht geklärt ist. Viele Arten führen regelmäßige Wanderungen durch (Vogelzug).

Die Systematik der Vögel ist umstritten. Es gibt nur wenige fossile Funde, die wesentliche Aussagen über die Stammgruppe der Vögel zulassen (Archaeopteryx). Die modernen Vogelordnungen, die als Neornithes oder Ornithurae zusammengefasst werden, entstanden vermutlich vor mindestens 65 Mio. Jahren (Mitte bis Ende der Kreide), wobei Verwandte z.B. der Alken, Entenvögel, Möwen, Kraniche und Spechte schon im Eozän und z.T. bereits im Paleozän nachgewiesen sind. Im Miozän fand eine starke Evolution der Singvögel statt, parallel zu derjenigen der Blütenpflanzen. Die meisten modernen Vögel entstanden im Pleistozän oder später. Rezente Ord. der A. sind u.a.: Struthioniformes (Strauße), Gaviiformes (Seetaucher), Podicipediformes (Lappentaucher), Procellariiformes (Röhrennasen), Sphenisciformes (Pinguine), Pelecaniformes (Ruderfüßer), Ciconiiformes (Schreitvögel), Accipitriformes (Greifvögel und Altweltgeier, Accipitridae), Anseriformes (Entenvögel), Galliformes (Hühnervögel), Charadriformes (Watvögel, Alken und Möwen), Columbiformes (Taubenvögel), Psittaciformes (Papageien) Cuculiformes (Kuckucksvögel), Strigiformes (Eulen), Piciformes (Spechtartige), Passeriformes (Sperlingsvögel).



Aves: Bauplan der Vögel

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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