Direkt zum Inhalt

Kompaktlexikon der Biologie: DNA-Reparatur

DNA-Reparatur, DNA-Reparaturmechanismen, enzymatisch gesteuerte Prozesse, die Schäden der DNA beseitigen und dadurch den reibungslosen Ablauf der DNA-Replikation und Transkription gewährleisten. D.-R. sind dafür verantwortlich, dass Mutationen im Erbgut nicht akkumulieren können.

Die Mechanismen der D.-R. sind vor allem bei Escherichia coli gut untersucht, wobei davon auszugehen ist, dass sie während der Evolution früh optimiert wurden und deshalb bei allen Organismen ähnlich verlaufen. Ein Defekt in der D.-R. ruft beim Menschen die autosomale rezessive Erbkrankeit Xeroderma pigmentosum hervor, bei der offenbar die Exzisionsreparatur gestört ist, sodass betroffene Menschen nach UV-Exposition bzw. starker Sonnenbestrahlung Hautkrebs entwickeln.

Je nach Art der D.-R. bzw. der dadurch behobenen Schäden sind sechs unterschiedliche Reparaturmechanismen bekannt:

1) Korrekturlese-Reparatur durch Exzision von Nucleotiden ( vgl. Abb. ). Sie erfolgt bei Escherichia coli während der Replikation nicht nur durch die 3'-Exonucleaseaktivität der DNA-Polymerasen I und III, sondern auch durch ein so genanntes Korrekturlese-Enzym, das postreplikativ eine gelegentlich auftretende Fehlpaarung (Heteroduplex) im neu synthetitisierten Strang erkennt und die unpassende Base herausschneidet. Das Enzym kann zwischen dem neuen und altem Matrizenstrang aufgrund des Methylierungsgrades des Adenin in der palindromen Basensequenz (Palindrom) GATC unterscheiden, da die postreplikative DNA-Methylierung zeitlich verzögert erfolgt. Die fehlende korrekte Base wird anschließend durch die DNA-Polymerase I ersetzt und mit Hilfe der DNA-Ligase eingefügt. 2) Direkte Reparatur modifizierter Basen durch Fotoreaktivierung. Sie beseitigt die durch UV-Strahlung induzierten Thymin-Dimere, die durch die UV-Absorption der Pyrimidinringe verursacht werden und zum Stopp der Replikation führen. Bei der Fotoreaktivierung bindet das Enzym Fotolyase im Dunkeln hochspezifisch an ein Thymin-Dimer und spaltet dieses bei Bestrahlung mit sichtbarem Licht in die Monomere, die wieder zur komplementären Basenpaarung fähig sind (Lichtreparatur von UV-Schäden). 3) Exzisionsreparatur modifizierter Basen. Sie erfolgt in Fällen, in denen eine direkte Umkehr der chemischen Modifikation nicht möglich ist. Die modifizierten Basen müssen deshalb entfernt und anschließend ersetzt werden. Bei dieser Dunkelreparatur von UV-Schäden werden Thymin-Dimere durch eine uvr-Endonuclease erkannt und zusammen mit benachbarten Nucleotiden herausgeschnitten, sodass eine 12 Basen lange Lücke entsteht, die durch die DNA-Polymerase I aufgefüllt und von der DNA-Ligase wieder geschlossen wird. Falsche Basen können auch durch für die verschiedenen modifizierten Basen spezifische Glykosylasen von der Desoxyribose abgetrennt werden. Das Zucker-Phosphat-Rückgrat wird durch so genannte AP-Endonucleasen (apurinisch bzw. apyrimidinisch) aufgeschnitten und die entstandene Lücke wie zuvor geschildert korrekt geschlossen. 5.) Reparatur durch Rekombination während der Replikation. Tritt die Reparatur einer schadhaften Stelle nicht rechtzeitig bis zur nächsten Replikationsrunde ein, kommt es zu Lücken im neu synthetisierten Strang. Escherichia coli kann den Schaden jedoch durch einen Schwesterstrangaustausch (Crossing-over) beheben. Dadurch wird erreicht, dass anstelle eines intakten und eines defekten Doppelstranges jeweils einer der beiden Stränge defekt ist, sodass die D.-R. anhand der im intakten Strang vorhandenen Information erfolgen kann. 6) SOS-Reparatur. Sie läuft bei Escherichia coli nicht wie die unter 1)-5) beschriebenen D.-R. konstitutiv ab, sondern wird z.B. durch eine starke UV-Bestrahlung induziert. Dabei spaltet das recA-Protein die Repressorproteine der Gene der uvr-Endonucleasen, sodass Mutationen behoben werden können. Bei der SOS-Reparatur handelt es sich um ein Notfall-System, das nur dann aktiviert wird, wenn viele Mutationsereignisse gleichzeitig auftreten. Es arbeitet im Unterschied zu den anderen D.-R. relativ fehlerhaft, wobei bestimmte DNA-Polymerasen auch in der Lage sind, beschädigte DNA zu replizieren.



DNA-Reparatur: Die Abb. zeigt von links nach rechts die Mechanismen der Fotoreaktivierung, der Exzision von Nucleotiden, der Exzision von Basen und ganz rechts die Reparatur durch Rekombination im Verlauf der Replikation (die elterlichen Stränge sind durch Verdickung hervorgehoben)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.