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Lexikon der Neurowissenschaft: Mesencephalon

Mesencephalon s[von griech. meso = in der Mitte, egkephalos = Gehirn], Mittelhirn, E mesencephalon, midbrain, derjenige Hirnabschnitt der Schädel- und Wirbeltiere, der zwischen Diencephalon (Zwischenhirn) und Metencephalon (Hinterhirn) liegt (Chordaten-Nervensystem, Abb. 5 und Tab.). Das Mesencephalon entsteht im Laufe der Ontogenese als eigenes Bläschen, das sich auf der Höhe der Mittelhirnbeuge zwischen Archencephalon (Urhirnbläschen) und Deuterencephalon (Zweithirnbläschen) einschiebt. Seine Wände flankieren denjenigen Teil des Ventrikelsystems, der den dritten Ventrikel mit dem vierten Ventrikel verbindet. Bei Säugetieren ist dieser mesencephale Teil des Ventrikels zu einem dünnen Rohr verengt, das als Aquaeductus Sylvii bezeichnet wird. Am vorderen Eingang zu diesem Ventrikelabschnitt liegt bei (fast) allen Schädeltieren das Subcommissuralorgan, das die Grenze gegen das Diencephalon markiert. Das Organ synthetisiert den Reissner-Faden, der schwanzwärts das gesamte Ventrikelsystem durchzieht. Gegen das Metencephalon wird das Mesencephalon durch die Hirnenge, den Isthmus, abgegrenzt. Dort liegt auch die caudale Expressionsgrenze der engrailed und Otx-Gene, deren Expression in der frühen Ontogenese das Mesencephalon spezifiziert. Das adulte Mesencephalon soll durch die Verschmelzung zweier Neuromere, der Mesomeren entstehen. – Das Mesencephalon wird traditionell in ein Dach (das Tectum) und in Boden- und Seitenwände (Tegmentum mesencephali, Mittelhirnhaube) gegliedert. Unter dem Boden des Mesencephalons liegen bei Säugetieren große absteigende Faserbahnen aus dem Cortex, die Hirnstiele. In der Übergangsregion des Dachs des Mittelhirns zum Epithalamus des Diencephalons liegt bei allen Wirbeltieren das Prätectum. Tief in den Wänden des Tegmentum mesencephali, rund um den Aquaeductus Sylvii, liegt das zentrale Höhlengrau (Griseum centrale mesencephali). Seitlich geht es in die Formatio reticularis mesencephali über, in die die größeren abgrenzbaren Kerne des Tegmentums eingebettet sind. Bei Säugern sind der Nucleus ruber und der Nucleus niger (Substantia nigra) die auffälligsten Kerngruppen des Tegmentums. Bei Knochenfischen sind die vorderen Abschnitte der Seitenwände des Mittelhirns gewaltig entwickelt, sie bilden den "präglomerulären Komplex". Dieses große Kerngebiet übernimmt hier die Funktion des dorsalen Thalamus anderer Wirbeltiere: es projiziert massiv zum Pallium und Subpallium des Telencephalons. Bei allen Wirbeltieren werden die Seitenwände des Mesencephalons von großen Faserbündeln durchsetzt, die vom Rückenmark und Hirnstamm kommend aufsteigen: sie werden als die Schleifenbahnen oder Lemnisci (Lemniscus) bezeichnet. In der Nähe der Mittellinie des Bodens des Mittelhirns finden sich die Ursprungskerne des dritten (Oculomotorius) und des vierten (Trochlearis) Hirnnerven. Ebenfalls im Boden des Tegmentums, etwa auf der Höhe des dritten Hirnnervs, liegt bei allen Wirbeltieren der Nucleus interpeduncularis, der den Fasciculus retroflexus aus der Habenula conarii empfängt. Unter dem Boden des Mittelhirns liegen bei Säugetieren große absteigende Faserbündel, die als Hirnstiele bezeichnet werden. Sie entstammen allen Teilen des Cortex des Telencephalons. Der größte Teil von ihnen zieht zur Brücke, um dort auf Fasern zum Cerebellum umgeschaltet zu werden, der kleinere Teil zieht als Tractus cortico-nuclearis zu den Kernen des verlängerten Marks und als Pyramidenbahn weiter zu den Pyramiden und zum Rückenmark. Die beiden Hirnstiele fassen eine Grube zwischen sich, die bei Säugetieren als die Fossa interpeduncularis bezeichnet wird.

H.W.

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