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News: Ein schwankender Leuchtturm

Auf nichts ist heutzutage noch Verlass. Selbst Pulsare - die astronomischen Paradebeispiele für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit - vollführen einen eierigen Wackeltanz, anstatt sich um eine unverrückbare Rotationsachse zu drehen. Man muss allerdings schon sehr genau messen um festzustellen, dass die Radiowellen des Pulsars, die sich wie das Licht eines Leuchtturms in zwei schmalen Kegeln ausbreiten, die Erde in periodisch schwankenden Abständen erreichen. Aber mag die Abweichung auch klein sein - den theoretischen Modellen zu Folge dürfte es sie eigentlich gar nicht geben.
Wenn ein riesiger Stern in einer Supernova "stirbt", tritt er eigentlich nur in eine andere Phase seines Lebens ein. Im Verlaufe der Explosion stößt er einen Teil seiner Materie ins Weltall ab, doch der Rest kollabiert unter der gewaltigen eigenen Gravitationskraft, sodass die Elektronen und Protonen der Atome miteinander zu Neutronen verschmelzen. In einer Kugel mit wahrscheinlich weniger als 15 Kilometern Durchmesser drängt sich dann die millionenfache Masse der Erde. Eine dünne Kruste umgibt das superflüssige Innere des Neutronensterns.

Weil die Materie auf spiraligen Bahnen in sich zusammensackt, erhält der Neutronenstern bei seiner Geburt einen enormen Drehimpuls und rotiert mehrere Male in der Sekunde um seine Achse. Ein starkes Magnetfeld sorgt dafür, dass elektromagnetische Strahlung – wie zum Beispiel Radiowellen – den Stern nur an den Magnetpolen verlassen kann. Beide Eigenschaften zusammen bewirken eine Art Leuchtturmeffekt: Die Strahlung des Neutronensterns entweicht in zwei entgegengesetzten Kegeln, die eine bestimmte Ebene des Weltalls bestreichen.

Befindet sich die Erde in dem betreffenden Bereich, erhält sie in regelmäßigen Abständen ein kurzes Signal von dem Neutronenstern, weshalb Astronomen auch von "Pulsaren" sprechen. Die Frequenz der Pulse ist dabei so gleichbleibend, dass man sie bei ihrer Entdeckung zunächst für Botschaften intelligenter Lebensformen hielt. Zwar nimmt die Rotationsgeschwindigkeit von Neutronensternen mit zunehmendem Alter ab, doch gehören Pulsare nach menschlichen Maßstäben zu den exaktesten und verlässlichsten Phänomenen in der Natur.

Diesem schönen Bild fügen Ingrid Stairs, Andrew Lyne und Setnam Shemar vom Jodrell Bank Observatory der University of Manchester nun eine kleine Beule zu (Nature vom 3. August 2000). Die drei Wissenschaftler haben Beobachtungsdaten über den Pulsar B1828-11 ausgewertet, die einen Zeitraum von 13 Jahren abdecken und dabei festgestellt, dass sowohl die Form der Pulse als auch der Zeitraum zwischen zwei Signalen mit einer Periode von etwa 1000 Tagen schwankt. Statt der üblichen 2,5 Umdrehungen pro Sekunde schaffte B1828-11 manchmal ein klein wenig mehr und dann wieder ein bisschen weniger.

Erklären können die Astronomen sich diese Ungenauigkeit nur mit einer Unwucht durch eine Wölbung im Neutronenstern. Ähnlich wie ein Kreisel gerät er dadurch in Torkelbewegungen – er präzediert. "Die Wölbung im Neutronenstern bewirkt, dass der Winkel zwischen der Rotationsachse des Pulsars und seinem Radiowellenstrahl sich mit der Zeit verändert. Dadurch entsteht der Torkeleffekt, den wir messen", erklärt Stairs. "Der Stern weicht nur um 0,1 Millimeter auf 20 Kilometer von der perfekten Kugelform ab", betont Lyne. "Auf der Erde würde das bedeuten, kein Berg dürfte höher als drei Zentimeter sein!"

Nicht viel also. Doch wem Perfektion unterstellt wird, dem tragen die Leute auch kleinste Fehler nach. Und theoretisch hätte das Wechselspiel des superflüssigen Inneren mit der Sternenkruste schon nach kurzer Zeit jegliche Präzession zum Erliegen bringen sollen. "Aber dieser Pulsar ist 100 000 Jahre alt und torkelt immer noch", sagt Lyme. Offensichtlich hält sich die Natur mal wieder nicht an die Theorie. Darum müssen die Modelle zu Neutronensternen wohl oder übel überarbeitet werden, argumentieren die Wissenschaftler, bis sie B1828-11 das Recht einräumen, weiterhin ein bisschen vor sich hin zu torkeln.

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