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Kommentare - - Seite 182

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • "Die Grenze sollte ja nicht exakt von Ost nach West verlaufen, sondern parallel zu einem Breitengrad."

    05.09.2018, Dirk Dammann
    Nachdem ich jetzt etwa eine Stunde darüber nachgedacht und auch recherchiert habe, was denn der Unterschied sei, bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass der Satz wahrscheinlich falsch formuliert ist.
    Sowohl Ost-West-Richtung als auch parallel zum Breitengrad ist so definiert, dass es sich um Kreise parallel zu Äquator handelt.
    Hier ist aber wohl eher gemeint, dass nicht die kürzeste Linie entlang der gekrümmten Erdoberfläche zwischen zwei gegebenen Punkten gesucht wurde, sonder gerade eben doch die verbindende Ost-West-Linie (, die dann parallel zum Breitengrad ist).
    Stellungnahme der Redaktion

    Sie haben Recht mit Ihrer Vermutung: Der Satz ist missverständlich. Die Grenze verläuft als ganze tatsächlich von Ost nach West.

    Für Mason und Dixon war es allerdings nicht damit getan, am »Point mark'd West« einmal die exakte Westrichtung zu bestimmen und dann eine gerade Linie in die Landschaft zu legen. Bei einem solchen Vorgehen würde man keinem Breitengrad folgen.

    Wir haben die Stelle jetzt hoffentlich ein wenig klarer formuliert.

    Beste Grüße, jd/Redaktion


  • Pfand auf Zigarettenfilter?

    05.09.2018, Michael
    Man könnte ein Pfand auf die Kippen erheben. Das würde das Problem stark reduzieren. So wie mit Plastikflaschen, die hier in Deutschland sicher deutlich weniger weggeworfen werden, als in Ländern ohne Pfand. Die Kosten für die korrekte Entsorgung des gesammelten giftigen, krebserregenden Kippenabfalls kann man gerecht auf den Zigarettenpreis aufschlagen.
  • Der häufigste Müll?

    05.09.2018, Joachim
    Betrachtet man die Stückzahlen (6 Billionen, davon ein Teil im Meer), mag es der am häufigsten gefundene Plastikmüll am Strand sein. Leider ist das die einzig solide Aussage, die ich rauslesen kann. Sie sagt nichts aus über die Umweltgefahr oder das tatsächlich im Meer schwimmende Plastik. Die Gefahr könnte trotzdem vernachlässigbar gering sein im Vergleich zu Plastikflaschen zum Beispiel.

    Es wäre z.B. denkbar, dass Zigarettenstummel trotzdem nur 0,1 % der Masse des Plastikmülls ausmachen (vielleicht noch viel weniger!) und Plastikflaschen z.B. 5 %. Außerdem werden kleinere Plastikteile als Zigarettenstummel bestimmt nicht per Hand vom Strand gesammelt. Es ist logisch, dass die kleinsten Teile am häufigsten vorkommen. Die Größe eines Zigarettenstummels könnte bei Säuberungen als Mindestgrenze üblich sein. Wenn man nur von den "Stückzahlen" ausgeht, ist zweifellos Mikroplastik der häufigste Müll im Meer und nicht Zigarettenfilter.

    Selbst wenn Zigarettenfilter massenmäßig vor allen anderen Plastikabfällen läge, wäre diese Aussage wenig wert. Das hängt nur davon ab, wie man die anderen Kategorien einteilt, z.B. in Verpackungen oder in Plastikflaschen, Tüten, usw.

    Ich will die Gefahr durch Zigarettenfilter nicht kleinreden. Nur können durch diese Wortwahl die tatsächlich viel größeren Gefahren verdrängt werden. Zum Beispiel Fischernetze: wenn 99 % davon sich auf dem Meeresboden befinden und gar nicht an den Strand gespült werden, können die tatsächlich viel gefährlicher sein. Man spricht auch von Geisternetzen, weil die ständig Fische fangen, Netze sinken, Fische verwesen, das Netz steigt auf, fängt neue Fische, usw......daran sieht man schon, dass die Einordnung mit "Anzahl an Teilen" nicht sinnvoll ist. Ein einziges dieser Fischernetze richtet sicher mehr Schaden an als ein Zigarettenfilter.
  • Neugierig bleiben!

    05.09.2018, Tilmann Schneider
    "Science is like sex, sometimes something useful comes out but that is not the reason we are doing it!“
    Richard P. Feynman
  • Meine Antwort zu "Was meinen Sie?"

    05.09.2018, Carl Strutinski
    Ich finde auch, wie Dieter Meinert und Fritz Kronberg, dass die Frage am Ende des Artikels zumindest nicht richtig formuliert wurde, weshalb es mir auch schwerfiel sie zu beantworten (und ich es auch nicht tat). Das "sollte" stört mich in der Fragestellung am meisten. Auch die Festsetzung auf "einige Jahrzehnte". Der Punkt ist nämlich nicht, ob und wann die Grundlagenforschung "praktische Rendite für die Gesellschaft abwirft", sondern, dass es keine angewandte Wissenschaft ohne Grundlagenforschung geben könnte. Denn zu Beginn allen Wissens steht die Neugierde des Menschen und die richtet sich, je nach Veranlagung, auf eine Vielzahl von Bereichen, von welchen die meisten auf den ersten Blick gar nichts "praktisches" versprechen. Die Gedanken sind nämlich - auch in der Wissenschaft - frei, und es wäre zu wünschen, dass wir da keine Rangordnungen festlegen sollten, im Sinne von: "Diese Forschungsrichtung fördern wir, jene nicht!" Denn wer kann wirklich voraussagen, was letztendlich der Menscheit mehr Lebensqualität bringen wird? Leider ist aber unsere heutige Wissenschaft allzu "renditeorientiert" und weniger "Lebensqualität-orientiert".Die Technik hat uns in die Lage versetzt, mehr über die Welt in Erfahrung zu bringen und das finde ich gut. Wir sollten uns aber davor hüten, der Technik zuliebe bloß sie mit Forschungsgeldern zu fördern.
  • Janusgesicht des Fortschritts?

    05.09.2018, Wolfgang Kuhl
    Mit gutem Recht ist hier vom Nutzen der Forschung für die Gesellschaft als Maßstab ihrer Förderwürdigkeit (durch die Gesellschaft und durch das Kapital) die Rede. Darf noch die Frage erlaubt sein, für welche Gesellschaft und wie es mit den "Kollateral"-problemen aussieht? Stichworte: Zerstörung der Umwelt, Ausbeutung der Ressourcen, Großteil der Grundlagenforschung im Auftrag des Militärs bzw. des Kapitals, Totalökonomisierung menschlicher Lebensverhältnisse etc. Wissenschaftlich unmögliche, aber gesellschaftspolitisch unabdingbare (Überlebens-)Fragen?
  • Angstmachen

    05.09.2018, Dr. W. Willmann
    Sehr geehrter Herr Lingenhöhl,

    machen Sie doch den Menschen durch solche Äußerungen nicht Angst. Stellen Sie solch ein Aussterben nicht als Katastrophe dar.
    Vor dem Menschen sind tausende von Vogelarten ausgestorben und haben tausenden anderen Vogelarten Platz zum Leben gemacht. Nach dem der Mensch, so wie er oder wir heute sind, ausgestorben ist, wird es wiederum tausende von Vogelarten geben, die aussterben und dann wiederum tausend anderen Vogelarten Platz machen usw. So ist das Leben. Ohne Tod kein neues Leben und ohne Aussterben kein neuen Tierarten.

    Natürlich ist es nicht toll, wenn Tiere aussterben. Davon geht aber die Welt nicht unter. Die einzigen, die darunter leiden, und nur dass ist für mich bedauerndswert, sind die Forscher, deren Forschungsobjekte aussterben. Ihnen bricht das Arbeitsgebiet weg und eventuell auch die Einkommensquelle/Broterwerb. Das ist für mich tragisch (es geht um Menschen) und nicht das Wegsterben von bestimmten Vogelarten. Für uns sollte immer noch der Mensch im Vordergrund stehen und nicht eine auch noch so interessante und vielleicht auch wichtige und schützenswerte Vogelart.

    Mit freundlichen Grüßen
    Stellungnahme der Redaktion

    Sehr geehrter Herr Willmann,

    diese Vögel sind ja im Prinzip "nur" ein Symbol - mehrere der Arten starben ja aus, weil ihr Wald abgeholzt wurde, u.a. für Zuckerrohr. Nun gibt es ja schon genügend Studien, wie z.B. der Verlust dieser Wälder den Wasserhaushalt einer Region verändern kann: weniger Niederschlag, weniger Wasserspeicherkapazität, verstärkter Bodenabtrag durch oberflächliche Abspülung etc. Das wiederum verschlechtert letztlich auch die Lebensbedingungen für die Menschen vor Ort und die landwirtschaftlichen Erträge - und das sollte dann auch jemanden sorgen, dersich nicht primär um Vögel sorgt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Daniel Lingenhöhl

  • Nikotin

    05.09.2018, Dr. Wolfgang Willmann
    Mich würde interessieren, an was die Wasserflöhe eingegangen sind? Nikotin ist ein Gift. Das Gefasel über Arsen, Blei, Kadmium und aromatischen Kohlenwasserstoffe ist mir zu ungenau.
    Stellungnahme der Redaktion

    Ich weiß ja nicht, ob es den Zigarettenfiltermüll besser macht, wenn die gefaselten sonstigen Schadstoffe nicht darin wären, Fakt ist, dass sie toxische Stoffe für Wasserlebewesen abgeben.

    Leider sagt die Studie nicht im Detail, ob es "nur" am Nikotin lag oder auch an anderen Stoffen:
    http://www.longwood.edu/cleanva/ciglitterarticle.htm

  • Moralfrage?

    04.09.2018, Fritz Kronberg
    Dieter Meinert hat völlig recht. Die Frage am Ende des Artikels ist schlicht unsinnig und hat im Übrigen mit Moral nicht das Geringste zu tun.
  • Müll

    04.09.2018, Pat Hall
    gibt es auf der ganzen Welt.
    Nur in meinem Haus ist alles Sauber denn der Hausmüll wird von privaten Holdings entsorgt,der Strom kommt aus der Steckdose an dem auch Anteilseigner ihren Gewinn haben,Fisch kann man mit Siegel aus dem Supermarkt beziehn.
    Ich gönne den armen Serpas ihr mageres Einkommen noch,denn die Welt wird nach meinem Empfinden ab 2030 katastropahl werden
  • Ergebnislose Förderung

    04.09.2018, Dirk Freyling
    Fatalerweise avancierten aus erkenntnistheoretischer Sicht Differentialgeometrie- und Quantenfeld-Fantasien zu neuen Denkdogmen. Heute bestimmen nicht messbare postulierte Theorieobjekte, deren gewünschte mathematische Symmetrien und willküraffine Substrukturthesen das Denken der Theoretischen Grundlagenphysik.
    Im Bereich Allgemeine Relativitätstheorie (ART) und Quantenkosmologie (QK) (https://arxiv.org/list/gr-qc/1808?show=387) wurden im August 2018 auf arxiv.org 387 neue Artikel veröffentlicht, im Bereich Theoretische Hochenergiephysik 490 (https://arxiv.org/list/hep-th/1808?show=490). Macht zusammen weitere 877 mathematische Spielereien ohne epistemologische Relevanz.

    Es handelt sich fast ausnahmslos um theoretische Möglichkeiten und (deren) Interpretationsversuche, die sich aus der Beliebigkeit ergeben, daß die zugrunde liegenden „Kern-Konzepte“, in Form von mathematisch generierten Konstrukten, ein riesiges Spektrum an Möglichkeiten eröffnen, ohne jedoch Relevantes ans Tageslicht zu befördern. Diese Theorie-Spielereien ereignen sich Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr, mittlerweile im Rückblick – traurig aber wahr – Jahrzehnt für Jahrzehnt.

    Zur Erinnerung: Realobjekt-Forschung geht von reproduzierbaren, empirischen Befunden aus und bemüht sich dann um Systematisierung, Verallgemeinerung und ein „theoretisches Verständnis“.
    Im heutigen standardmodell-orientierten Denken werden hingegen theoretisch Befunde postuliert, nach denen dann mittels computersimulierten „Versuchsaufbauten“ selektiv gesucht wird. Diese stark theoriebeladene Suche kennt keinen einzigen direkten Nachweis und lässt sich auf Grund der vielen freien Parameter, nicht detektierbaren postulierten Theorieobjekten und deren postulierten Kaskadenereignissen beliebig ergebnis-interpretieren.
  • Irrelevante Frage

    04.09.2018, Dieter Meinert
    Die Frage am Ende des Beitrags ist falsch gestellt, die Antworten können so nicht gegeben werden:
    Wie im Artikel dargestellt, kann Grundlagenforschung keine Ergebnisse garantieren. Ergo kann sie weder „in Maßen“ noch „Auf jeden Fall“ praktische Rendite abwerfen, was auch die Möglichkeit „unentschieden“ unsinnig macht. Nichtsdestotrotz liefert die Grundlagenforschung immer wieder relevante Beiträge zum Wohlergehen der Gesellschaft, selbst Forschungsgegenstände, deren Bezug man mehrere Jahrhunderte nicht wahrnimmt oder mehrfach wieder vergißt und neu entdeckt.
  • Die Fragen sind schon die richtigen:

    04.09.2018, Hans-Jürgen Steffens
    "Wie wägt man bei der Themenwahl für die Forschungsagenda zwischen Neugier und Fürsorge ab? Eine Milliarde für einen neuen Teilchenbeschleuniger, oder wäre das Geld zur Bekämpfung der Armut besser angelegt?"

    Eine Antwort kann aber nicht (nach meinem Empfinden nie) more geometrico gegeben werden. Das wird - natürlich - immer zu schwierigen gesellschaftlichen Debatten führen, und führt dann leider immer mehr sazu, dass Entscheidungen bei Großprojekten immer schwieriger zu treffen sind.

    An diesem Punkt kommt dann - und ich begrüße das - ein modernes Mäzenatentum zum Einsatz: Milliardäre sponsern. Das ist sehr treffend in dem Film "Contact" in einem Nebenthread gezeigt worden. Solche Milliardäre sind nicht an Parlamentsbeschlüsse gebunden und geben, wenn man es positiv formuliert, einer Gesellschaft zusätzliche Freiheitsgrade. (Und werden interessanterweise just deshalb kritisiert. Nur nennt man es dann nicht Freiheitsgrade sondern spricht sinngemäß von unguided missiles.)

    Interessant ist in Bezug auf die Grundlagenforschung ja auch folgendes. Fragen wir: Welchen Nutzen hat die Elbphilharmonie? Antwort: Einen ästhetischen Genuss sondersgleichen. Zusatzfrage: Für jeden?

    Fragen wir: ist die Elbphilharmonie ein "Elitenprojekt", wenn ja ein "Elitenprojekt" wie der Teiclchenbeschleuniger beim CERN?

    Warauf ich bei solchen Debatten hinaus will: Auch Schönheit ist ein Argument! Und was könnte schöner sein als z.B. die Maxwellschen Differenzialgleichungen?

    Was mir also fehlt: Der Mut unserer Politikerinnen, nicht nur verschämt auf den potenziellen Nutzen abzuzielen, sondern ganz explizit auch ästhetische Aspekte gelten zu lassen.

    Was hier aber immer noch nachhallt, ist die Trennung in "two cultures" (C.P. Snow). Sie ist noch lange nicht überwunden.

    MfG H.-J. S.
  • Reflexionen zu "Der Quantenbeat des Lebens" von Khalili u. Fadden

    04.09.2018, Gerd Heitmann
    Reflexionen zu „Der Quantenbeat des Lebens“ von Khalili u. Fadden, 2. Auflg. Berlin 2015
    geschrieben von Gerd Heitmann im Herbst 2016, überarbeitet 2018

    Die Physik liefert die mathematischen Beschreibungen spezieller Zustände kleinster Teilchen. So hat die Berechnung der Wellennatur der Elektronen zum Orbitalmodell geführt, womit über die räumliche Verteilung der Elektronen in den Atomen die geometrischen Strukturen der Moleküle erforscht werden konnten. Das war und ist ein gewaltiger Fortschritt für die Chemie. Er findet heute auch in der Schulchemie seinen Niederschlag.
    Die Spekulationen über die Wirksamkeit quantenmechanischer Vorgänge (Quantenkohärenz, Verschränkung und Tunneleffekt) auf elementare biologische Vorgänge – wie sie an verschiedenen Beispielen im Buch beschrieben werden - sind zwar bisher nicht bestätigt, stellen jedoch interessante Hypothesen (auffordernde, richtungsweisende) dar, die der Forschung einen neuen Weg weisen. Damit besteht eine Möglichkeit, bisher ungelösten Fragen gezielt nachzugehen. Fürwahr – eine Öffnung durch die Barriere der biochemischen Sicht hindurch für weitere wissenschaftliche Erkenntnisse.
    Für die aufgeführten biologischen Prozesse wird die Wirkung quantenmechanischer Vorgänge häufig verführerisch sicher beschrieben, dann aber wieder kritisch relativiert. Das ist gut so; z.B. steht auf S. 288: „Und auch wenn wir nicht intuitiv oder mit dem gesunden Menschenverstand begreifen, was im Doppelspaltexperiment oder bei der Quantenverschränkung eigentlich geschieht, haben solche quantenmechanischen Erscheinungen eine präzise, logische und unglaublich leistungsfähige mathematische Grundlage.“ Dennoch bleiben diese quantenmechanischen Berechnungen solange Hypothesen, bis in der objektiven Welt eine praktische Entsprechung sicher nachgewiesen ist. Erst dann manifestieren die formalen Aussagen wahre Eigenschaften eines Gegenstandes oder einer Funktion des Lebens. Deshalb ist der Untertitel des Buches „Wie Quantenbiologie die Welt neu erklärt“ noch nicht gerechtfertigt.

    Derzeit wird im Schulunterricht die klassische Biologie immer mehr verlassen zugunsten von Physiologie und Molekulargenetik, womit der Biologie-Unterricht zum Kummer der Schüler immer abstrakter wird. Mit den quantenmechanischen Betrachtungen lebender Systeme wird die Erkenntnis noch spezieller und die Front der moderne Naturwissenschaft entfernt sich immer mehr von der direkten menschlichen Erfahrung des Lebens. Darin besteht eine Entfremdung: „Abstraktheit und Fremdheit scheinen unvermeidbare Konsequenzen der Erkenntnisfortschritte zu sein. Längst haben sich Wissenschaftler darauf eingestellt, dass viele ihrer vorliegenden und zukünftigen Theorien unanschaulich und kontraintuitiv sind.“ (aus: Alt, Karl R. Popper, Frankfurt/Main, 2. Auflage 1995, S. 114.)
    Hilfreich für ein Verständnis neuer Erkenntnisse können Modelle sein, wie etwa das Orbitalmodell in der Chemie. Bildliche Darstellungen und Beschreibungen können jedoch auch schnell missverstanden werden. Diese Gefahr besteht, wenn über „Ordnung aus Unordnung“ unzureichend reflektiert wird und der Eindruck entsteht, als generiere Unordnung die Ordnung, wie der Satz auf Seite 65 des Buches suggeriert: „Aus Unordnung entsteht Ordnung.“
    Wird am Anfang (S. 38) die Funktion der Dampfmaschine noch sachlich beschrieben, so vermitteln spätere Aussagen den Eindruck, als entstünde Ordnung aus Unordnung. Das Gegenteil ist richtig: Eine geordnete Struktur (die Dampfmaschine mit Verdampfer, Zylinder – begrenzter Raum mit Öffnung - und angekoppelter Mechanik) zwingt einem chaotischen System eine Richtung – also eine Ordnung – auf, wobei Energie aus dem chaotischen System abgeleitet wird. Auch die Aussage auf S. 366, „wenn wir das Wasser aus der Badewanne abfließen lassen, strömt es von selbst geordnet im Uhrzeiger- oder Gegenuhrzeigersinn um den Abfluß.“ , ist falsch. Hier handelt es sich nicht um ein „Selbstphänomen“, denn die Schwerkraft ( ↓ ) und die Corioliskraft ( → ) zwingen den chaotischen Wassermolekülen eine Richtung auf. Auch das Beispiel mit dem Schiff entspricht nicht der Metapher „Ordnung aus Unordnung“. Hier ist es vielmehr so: Trifft Ordnung (die geordnete Materie des Schiffes) auf Unordnung (chaotisch bewegte Wassermoleküle), so stabilisiert die Menge der ungeordneten Einzelbewegungen lediglich die Ordnung des tangierten Objektes im Meer der Unordnung, weil die Grenzfläche des Schiffsrumpfes den Teilchen einen Widerstand bietet und jeweils eine Richtung aufzwingt (Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel). Kurzum, die Ungenauigkeit und Pauschalität der genannten Beispiele erläutern nicht - erklären erst recht nicht - „das Phänomen der Selbstorganisation“.
    Wie entsteht Ordnung?
    Aus einer „gefangenen Unordnung“ führt der Verlust von Energie zur Ordnung, was eindrucksvoll demonstriert werden kann, wenn man aus einer Stahlflasche komprimiertes Kohlenstoffdioxid ausströmen lässt. Dann entsteht der „Kohlensäureschnee“, indem sich einzelne freie Moleküle des Kohlenstoffdioxids unter Abgabe von Energie in Kristallen geordnet versammeln. Diese Ordnung bleibt bestehen, wenn positive thermische Einflüsse fehlen. Hier führt also „Unordnung durch Entzug von Energie zur Ordnung“. Völlig anders schafft das System Leben unter Aufnahme von Energie geordnete Strukturen, denn organische Moleküle sind stets energiereicher als die Ausgangsstoffe, aus denen sie hergestellt werden. Deshalb gilt hier: Leben schafft Ordnung gegen den Strom der Entropie; Leben sammelt Energie und legt sie in organischen und auch mineralischen Strukturen fest oder betreibt mit einem Teil dieser Energie den eigenen Stoffwechsel und die Fortpflanzung (Selbstverdoppelung). Die biochemischen Vorgänge sind sehr weit erforscht. Jedoch die Frage, wie Leben als „Ordnung aus Unordnung“ entstanden ist, ist bisher weder biochemisch noch quantenmechanisch beantwortet.
    Hier lohnt es sich nun, einige Aspekte aus der Chaostheorie zu reflektieren.
    Zuerst einmal gilt: Im Chaos gibt es auch den Unterschied, denn die kleinsten Teilchen haben im Chaos unterschiedlichen Energiegehalt, Geschwindigkeit (Weglänge durch Zeit) und Richtung. Ideale Unordnung herrscht also nicht. Deshalb können sich in chaotischen Systemen kurzzeitig dynamische Ordnungsstrukturen bilden durch sog. Iterationen und Rückkopplungen und an entstehenden Strömungen Turbulenzen. Und dann: Der Zustand idealer Unordnung mag im Zentrum der chaotischen Ansammlung zutreffen, aber an den Grenzflächen eines derartigen Systems ändert jeder Aufprall eines Teilchens seinen Energiegehalt (gilt auch für Materiewelle, Licht). Hier ist die Entstehung von kurzzeitiger Ordnung noch mehr gegeben, was erst recht zutrifft, wenn die Temperatur der Grenzfläche von der des chaotischen Systems unterschiedlich ist. Negativ: Festfrieren der Teilchen unter Bildung von Kristallen; Positiv: Bildung von Strömungen und Turbulenzen, wie sie in jedem siedenden Wassertopf zu sehen sind.
    Leben ist offenbar vorbereitet worden, als im Chaos Strukturen stabil geworden sind (wie auch immer; bisher ungeklärt) und sich fortgesetzt haben (Fraktale?); entstanden ist Leben erst, als diese Strukturen Energie aufgenommen haben zu ihrer Erhaltung und einen Stoffwechsel „erfanden“ (?) zu ihrer Selbstverdoppelung. Leben ist jetzt Ordnung eines materiellen Systems im Streben nach einem stabilen Gleichgewicht. Quantenmechanik liefert dafür möglicherweise eine tiefergehende Einsicht. Doch wie ist Leben entstanden? Die Frage ist noch nicht gelöst.
    Und das Universum?
    Wieso kommt es zur Ausbildung von Grenzflächen zwischen den Ebenen der Mechanik, der Thermodynamik und der Quantenmechanik? Lässt sich im Bild 10.1 auf der Seite 355 eine dritte Ebene zeichnen? Dann erhielte man eine weitere Grenzfläche, an der sich ein weiteres Rätsel auftut. Keineswegs hat die Quantenbiologie die Welt neu erklärt.


  • Fünf Jahre später

    04.09.2018, Jibbo Jones
    Laut Definition wird "Leben" (neben Reizbarkeit, Organisiertheit, Vererbung und Wachstum) hauptsächlich durch zwei Vorgänge bestimmt: den Stoffwechsel und die Fortpflanzung. Lassen wir eins davon, endet das Leben mit uns. Wenn man nun nach dem Sinn darin sucht, stelle man sich vor, was wohl ein Rad antworten würde, wenn man es nach dem Sinn des Drehens fragte. "Stünde ich still, wäre ich nur Deko". würde es vermutlich sagen, und dazu müsste es auch nicht notwendigerweise rund sein. Kennzeichen eines Rades ist aber nun einmal, dass es einen achszentrierten Aufbau hat und sich somit um diese dreht, was Fortbewegung ermöglicht, relativ zu einem feststehenden Untergrund betrachtet. Vom Sinnbild auf den Menschen übertragen bedeutet die Fortbewegung Entwicklung und die Achse das Sein, um das sich alles dreht. Und für Rad und Mensch gilt gleichermaßen: vermeide Kollisionen mit anderen Rädern/Menschen so gut es geht, denn nur so dreht/entwickelt es sich so richtig ungestört.
    Und was Religion angeht: Leute, die predigen als seien sie die Vertreter Gottes auf Erden, sind genau so schlimm wie Firmen, die Quellwasser in Flaschen verkaufen. Hört auf mit dem Quatsch und trinkt direkt aus der Quelle! Lasst euch nicht trennen von der Schöpfung, denn alles ist ein Teil davon. Es gibt keine höhere Wesenheit - nur ein Ganzes aus unzähligen Teilen im stetigen Wandel, das endlos um sich selbst rotiert, stoffwechselt und sich fortpflanzt, und das ist das Leben und ob es nun Sinn für uns macht oder nicht, stört das Große Rad in keiner Weise - Hauptsache, es dreht sich.
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