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Kommentare - - Seite 104

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Wunschdenken

    13.08.2021, Joachim Rang
    Ich weiß nicht, alleine die Tatsache, dass Menschen die einzigen Wirte für die Pocken und Polio sind bzw. waren macht eine Ausrottung doch überhaupt erst möglich. Diese Tatsache müsste doch all die anderen Faktoren bei weitem überwiegen, wenn es um die Möglichkeit einer Ausrottung geht. Zumindest wenn das Virus erst mal in der Lage war sich in der Wildtierpopulation auszubreiten und das ist bei SARS-COV-2 ja wohl inzwischen der Fall. Was schlagen die Autoren denn vor, wie man bei den Wildtieren das Virus ausrottet? Alle testen und keulen? Weltweit?

  • Wissenschaftsfeindlich?

    13.08.2021, Michael
    Was bitte wäre denn daran wissenschaftsfeindlich, wenn ein Teil der Bevölkerung einfach weniger Angst vor dem Virus als vor den Maßnahmen hat? Das klingt, als ob sie damit behaupten würden, die Erde sei eine Scheibe. Dabei kann man in dieser Frage ganz unterschiedliche Kosten-Nutzen-Rechnungen aufstellen.

    Im Grunde ist es eine politische Frage und ziemlich billig, Leute die sich so einer Kampagne entgegenstellen einfach als Steinzeitmenschen hinzustellen.
  • ... oder auch nicht.

    13.08.2021, Philipp
    Nach dem Lesen des Artikels bin ich genauso schlau wie vorher. (Nichts für Ungut ;-)

    Hier wird eine theoretische Möglichkeit beschrieben. Oft scheitern solche Möglichkeiten ja bekanntlich an der praktischen Umsetzung. So auch der ZERO COVID Ansatz.

    Wir sind heute meilenweit (also Jahre) davon entfernt, weltweit einen ausreichenden Impfschutz gegen Covid-19 in den heute bekannten Varianten flächendeckend etabliert zu haben, obwohl es ein großes Angebot an Impfstoffen gibt.

    Der globale Impfschutz scheitert offenbar an Verteilungsproblemen und an der Freiwilligkeit.

    In der Konsequenz sind wir wohl noch ganz viele Jahre davon entfernt, diesen Virus auszurotten.

    Das Einzige, was uns helfen und trösten kann, ist der persönliche Impfschutz jedes Einzelnen.

    Ein schwacher Trost für alle die, die in den kommenden Monaten und Jahren aus welchen Gründen auch immer ungeimpft an Covid noch schwer erkranken oder sogar sterben werden.

    Rückblickend haben wir die Gefahr wohl dramatisch unterschätzt!

    Und eine Impfpflicht wäre (auf globaler Ebene und auch für die betroffenen Haus- und Nutztierarten) sicher die wirksamste Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie und Ausrottung des Virus (gewesen).
  • Propagandaschlacht

    13.08.2021, Boris Büche
    »Krieg«, »mächtiges Arsenal«, »gewaltige Waffen«, »Front« und der »Kampf um den Planeten« – genau das sind Vokabeln, durch die sich Propaganda auszeichnet!

    Es sollte beachtet werden, dass nicht nur die "Leugner" Propaganda treiben, sondern eben auch die, die solche Vokabeln benutzen, oder davon sprechen, "der Planet" sei "in Lebensgefahr". Das war er in den Glazialen nicht, in den Interglazialen nicht, und er wird es in der menschgemachten Erwärmung nicht sein, oder dem (dadurch ausgelösten) nächsten Glazial.

    Dass die Biosphäre vor großen Umstellungen steht, ist sicher - aber wiederum nicht singulär. Die Klimaforschung ist sich einig, dass der Eintritt der Glazialperioden ein Vorgang war, der eher Jahrzehnte, als Jahrhunderte dauerte.

    Sosehr ich als Mensch und Biologe schätze, dass der Klimawandel (und die menschliche Verantwortung) anerkannt wird, so sehr erschrecke ich angesichts der Kriegsrhetorik. Ich fürchte, da kommt nichts Gutes zustande.

    Anstatt mit Schreckensszenarien die Menschheit in psychologische Lähmung, oder Panik zu versetzen, wäre es konstruktiver, sich zu überlegen, wie man mit dem Wandel klarkommt. Gegen den möglichen "Klimakrieg" ist der Wandel definitiv die kleinere Katastrophe.
    Beispiel: Der Meeresspiegel steigt? Ja, jährlich um knapp zwei Millimeter. Muss das eine Katastrophe bedeuten? Nein! Für den Wasserstand an jeder Küste ist die grade herrschende Windrichtung wesentlicher. So es am betreffenden Meer nennenswerte Gezeiten gibt, diese noch mehr, bzw. kumulativ. Es bleibt genug Zeit, Gebiete zu räumen, deren Untergang kommt, anders als bei einer Sturmflut.
    Die öffentliche Meinung ist hier irrational; wenn eine Sturmflut um Zentimeter höher ausfällt als vor Jahrzehnten, ein wesentlich anderer outcome ist nicht zu erwarten.

    Planetare Vorgänge steuern zu wollen, ist Hybris. Wir belächeln schließlich milde diejenigen, die glauben, das Klima werde seit Jahrzehnten per "chemtrails" manipuliert. DA sind wir sicher: Das geht nicht. Warum sind wir nicht genauso überzeugt davon, dass guter Wille auch nicht mehr vermag als böser?

    Was mir zuwenig thematisiert wird, ist die Stellgröße, die wir am ehesten beeinflussen können: Unsere Vermehrung. Wie wäre es mit: "Vasectomy for Future" anstatt "Climate War"?
  • Antwort auf Kommentar von Max Mothwurf

    13.08.2021, Christina Hegenberg
    Zu Ihrer Behauptung, Moore stünde in der Kritik, weil die sog. "Hockeystick-Kurve" einer wissenschaftlichen Überprüfung "bekanntlich" ja nicht standgehalten hätte, steht in Wikipedia Folgendes:

    "Die Grundform und -aussage des Hockeyschläger-Diagramms – eine allmähliche Abkühlung bis zum Beginn der Industrialisierung, gefolgt von einer ungewöhnlichen raschen Erwärmung, mit den wärmsten Dekaden in der Gegenwart – wurde mittlerweile vielfach durch Arbeiten anderer Autoren und auf Basis weiterer Klimaproxys bestätigt."

    Gefolgt von Diesem:

    "In den folgenden Jahren wurde das Paper auf wissenschaftlicher Basis unter Anwendung verschiedener Rekonstruktionsmethoden mehrmals überprüft, ohne dass offensichtliche Fehler gefunden wurden. Bis einschließlich 2013 erschienen über ein Dutzend Folgestudien mit unterschiedlichen statistischen Ansätzen, die zu ähnlichen Resultaten gelangten."

    Und Diesem:

    "Hingegen kritisierten Steven McIntyre und Ross McKitrick vom Fraser Institute, einem von der Erdölindustrie finanzierten Think Tank, das statistische Verfahren zur Gewinnung des Hockeyschläger-Diagramms grundlegend.[...]Diese Auffassung gilt jedoch mittlerweile als widerlegt."

    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
  • Als Urheber der berühmten »Hockeystick-Kurve«.....

    13.08.2021, Max Mothwurf
    ...die ja bekanntlich einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standgehalten hat, steht Moore wohl zu Recht in der Kritik.
    Aber hier gings ja nur um das Buch, nicht um den Autor.....
  • Politische Neutralität?

    13.08.2021, Peter Bock
    Ich habe die Spektrum immer als ein politisch neutrales populärwissenschaftliches Magazin auf hohem Niveau geschätzt, dessen Artikel fundiert über naturwissenschaftliche Zusammenhänge berichtete und es dem Leser überließ, sich eine Meinung zu dem Thema zu bilden. Sollte auch die Spektrum jenem offenbar jetzt allgemeinen Trend vieler Medien hin zu - vorsichtig ausgedrückt - meinungsbildender Berichterstattung folgen wollen? Das wäre aber schade!
    Stellungnahme der Redaktion

    Lieber Herr Bock,

    vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir bemühen uns stets um politische Neutralität und möchten diese natürlich auch weiterhin wahren. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Rezension – bei der eine Stellungnahme und auch Meinung der rezensierenden Person ausdrücklich gewünscht ist. Insofern grenzt sich eine Buchbesprechung (ebenso wie Kommentare oder Kolumnen, die manchmal erscheinen) eindeutig von unserer sonstigen Berichterstattung ab.

    Viele Grüße

  • Wir haben nur diesen einen Planeten

    10.08.2021, Michel Benoit Dorm
    Es gibt viele ökologische Probleme, die herumgeistern und die wir lösen können. Überbevölkerung, wobei die sich scheinbar in absehbarer Zeit auch selbst regulieren könnte (stimmt das wirklich?). Abfälle aller Art die richtig zu entsorgen sind. Und das Klima, die Mammutaufgabe. Wir hätten schon heute die Technologie für Elektroautos, Solarzellen, Windkraftanlagen, Wasserstoff als Speichermedium für überschüssigen Strom im Sommer oder in der Nacht, eventuell Thorium-Kernkraftwerke, Wasserstoffflugzeuge, Wasserstofflastwagen damit wir von fossilen Energien wegkommen könnten ohne rigoros zu verzichten. Wir können das bewältigen und die Reise kann weitergehen
  • Globalisierung

    09.08.2021, Paul Kalbhen
    Genügt es noch, Veränderungen nur in kleinen Schritten für den Klimaschutz zu planen, wenn auch Solar- und Windkraftanlagen weiterhin notwendig sind (sicher nicht meines Erachterns Frackingverfahren!). Müsste nicht auch „weltweit“ mit internationalen Vereinbarungen gegen die maßlose Rodung riesiger Dschungelwälder – mit freilich nur temporärer CO2-Speicherung – und gegen das unbegrenzte Wachstum der Weltbevölkerung vorgegangen werden? Und weiter: Logisch ist doch, dass die angestrebte globale 1,5 0C - Grenzerwärmung laut Pariser Abkommen sich höchstens auf den Ist-Zustand der Kohlendioxid-Speicherung in der Atmosphäre beschränkt, also die akute Katastrophengefährdung aufrecht erhält. Weitsichtige Experten verlangen deshalb in der Atmosphäre eine Reduzierung des Treibhausgases durch technische Verfahren des sogenannten Carbon Capturing (innerhalb des „Geo-Engineering“) und dessen Speicherung auf der Erde und eventuelle chemische Umwandlung. Einige Verfahren sind laut Spektrum der Wissenschaft und VDE Dialog bereits fortgeschritten, benötigen aber eine „globale“ finanzielle Unterstützung – statt diese in wahnwitzige Weltraumausflüge zu investieren. Freilich ist das Geo-Engineering -- wie auch die sogenannte Wasserstoffwirtschaft – wegen des schlechten Wirkungsgrades bei der Energieumsetzung auf „Ökostrom“ aus regenerativen Quellen angewiesen.
  • Ist Windkraft wirklich so toll?

    08.08.2021, R. Maçon
    "99 Prozent der Fläche" können bei Windenergie weiter genutzt werden, schreibt Frau Engel. Fragt sich nur von wem? Wenn Windräder im Wald stehen, muss es ein Netz von ausgebauten Zufahrtswegen geben. Das Resultat kann man dann noch nicht einmal als "Holzplantage" bezeichnen. Was machen die nachfolgenden Generationen mit den riesigen Betonkernen, die wir als Basis für Windräder im Wald betonieren müssen? Wenn der Infraschall den Menschen stresst, dann wird er das auch bei Tieren machen. Es wird also zu Ausweichreaktionen kommen. Die Ökosysteme werden sich durch Windräder mithin nachhaltig verändern.

    Es hilft nichts nur über die ökologischen Probleme fossiler Energieträger zu reden. Wissenschaft sollte sich keinem Parteibuch verpflichtet fühlen.
  • Andere Deutung der "Zufallslücke"

    03.08.2021, R. Oberschmid
    Da gibt es z.B. von Albert Einstein zwei widersprüchliche Einstellungen bzw. Aussagen:
    Einerseits hat er die statistische Streuung als angebliches Ergebnis der Quantenmechanik als eine erst unvollständigen Erfassung der Wirklichkeit durch unsere Naturgesetze empfunden, denn so seine berühmt gewordene Anmerkung dazu: „Der Alte (Gott) würfet nicht!“.
    An anderer Stelle hat er aber angemerkt, dass der Zufall offenbar Gottes Weg ist, unerkannt (anonym) zu bleiben. Einen ähnlichen Ausspruch gibt es von Albert Schweitzer.
    Man kann daraus noch weitere Schlüsse zum "Geheimis" unseres Bewusstseins und unseres Gefühls unserer Willensfreiheit ziehen. Mehr in der kurzen Schrift "Traktatus logico ontologicus" (Amazon EBuch 2020) von Vinzenz Vintir.
  • Maria und Maria

    03.08.2021, Manfred Polak
    Kleine Korrektur zum religionsgeschichtlichen Anhang: Die englische Königin Maria die Katholische alias Bloody Mary war eine Tudor und keine Stuart. Die schottische Königin Maria Stuart (ebenfalls katholisch) hatte keinen nennenswerten Einfluss auf die englische Religionspolitik.
  • Multiversen

    02.08.2021, Martin Falley
    Ich kann mir vorstellen, dass es mehrere oder gar viele Universen gibt, die sich alle gegenseitig beeinflussen. Damit ließe sich auch die dunkle Materie und/oder dunkle Energie, sowie die Expansion unseres Universums mit steigender Geschwindigkeit erklären. Andere Universen ziehen und drücken an unserem Universum. Dass wir andere Universen nicht sehen (können), liegt an der Lichtgeschwindigkeit. Wir können einfach nicht weiter sehen, als die 13,8 Mrd Lichtjahre, auch wenn unser Universum vermutlich größer ist. Das wird in anderen Universen evtl. nicht anders sein. Ausserdem denke ich mir, dass jedes Universum seinen eigenen Zeitstrahl hat, der mit dem anderer Universen nicht übereinstimmt und sich damit jedes Universum auf einer eigenen Zeitebene bewegt.
    Die Entstehung der Universen stelle ich mir ungefär so vor, wie eine Super- oder Hypernova. Grundlage dafür war vielleicht das Vorhandensein unendlicher Energie.
  • Zu Herrn Köhlers Anmerkungen

    30.07.2021, Michael Hedenus
    Ich habe Ihre Anmerkungen gerade erst gesehen. Ja, der Fehlerteufel ist flink, selbst wenn der Text von zwei Leuten gegengelesen wird, wird schnell aus einem d ein t. Aber viel wichtiger: Ich hoffe, Sie haben nicht mittlerweile Ihr Geld für dieses Buch verschwendet... Und ja: eine “Geschichte“ der Technik soll nicht nur eine kalendarische Auflistung von Leistungen sein, sondern erklären, warum sich Menschen mit einem Problem überhaupt befassen. Die Altvorderen waren von Jules Verne stark beeinflusst! Er hat sie inspiriert ind dadurch auf sie eingewirkt. Hier wird Geschichte erst wirklich spannend...
  • Wenn im Zweifel, zweifle ich

    29.07.2021, Paul S
    Wahrnehmung folgt Nutzen. Wir sehen die Welt, wie es uns nützlich ist, und nicht, wie sie wirklich ist.

    Eine Ideologie ist eine gute Idee, der das Gute und die Idee amputiert werden mussten, um sie massentauglich zu machen. Wenn Sie ein Ziel erreichen wollen, egal welches, brauchen Sie Masse, Energie und Richtung in angemessener Menge und Kombination. Wenn Sie nicht zufällig einen Schraubenzieher zur Hand haben, um sich aus Sperrmüll, streunenden Hunden und ein paar AAA-Batterien eine nukleare Cyborg-Armee zu basteln, müssen Sie auf Rohlinge zurückgreifen, die Mutter Natur zuhauf bereitgestellt hat, zur freien Verfügung aller geneigten User. Und wenn Sie zig Millionen nützliche Idioten im Gleichschritt marschieren lassen wollen, haben Sie keine Wahl, als den gemeinsamen Nenner unterschiedlichster Mitbürger zu suchen, die alles unterschiedlich missverstehen, aber die gleichen tierischen Instinkte und Herdentriebe haben, gleichermaßen Stimmungen haben, Trends mitmachen und Moden folgen. Ist sie an die Masse angepasst, ist eine Ideologie nur eine Uniform: Der Uringeruch des Alphatieres, mit dem es all die anderen Äffchen markiert hat, damit sie sich im Handgemenge nicht gegenseitig umbringen. Sie bekommen eine Horde, die sich von anderen Horden ausschließlich durch Slogans, Symbole und am Fließband vorgefertigte Gedankengänge unterscheidet, die sie abspult wie eine kaputte Schallplatte, ohne aus ihnen ausbrechen zu können.

    Gesunder Menschenverstand bezeichnet für gewöhnlich gesunden Menschenverstand und sein Gegenteil. Wenn ich eine Herde Zebras in Afrika über die Savanne galoppieren sehe, kann mir mein gesunder Menschenverstand sagen, es dürften tatsächlich Zebras sein und keine bemalten Pferde, denn es gibt weder Grund noch Mittel, damit sich jemand so viel Mühe machen sollte. Er kann mir aber auch sagen, es müssen bemalte Pferde sein, denn als ich daheim in Deutschland im Wanderzirkus zwischen Greifen und Einhörnern ein Zebra sah, hat es sich nach genauer Überprüfung als bemaltes Pferd entpuppt. Beide Aussagen sind lupenreine Vernunft.

    Vernunft ist also im Wesentlichen eine Denkweise, die sich vernünftig anfühlt, und nicht eine, die vernünftig ist, das Betriebssystem einer bestimmten Gruppe oder eines bestimmten Menschen. Also: etwas breiter definierte Ideologie. Ich spreche gern von Relideologie, weil man in der Praxis selten zwischen Religion und Ideologie unterscheiden muss – es ist einfach eine Sammlung von Algorithmen, Funktionen, in die die Variablen der Realität eingefügt werden, Vorurteilen und Glaubenssätzen, ein Modell der Welt, das für die jeweilige Gruppe gut genug funktioniert, dass sie nicht tot umkippt, wobei alles als Wahrheit angesehen wird, das Nutzen und Profit bringt, und alles als Lüge, was dem Geschäftsmodell in die Quere kommt. Wenn Sie genau nachgucken, stellen Sie fest, dass sich nicht Ihr Bewusstsein in Ihrem Kopf befindet, sondern Ihr Kopf in Ihrem Bewusstsein: Ihr Geist lebt in einer Virtual Reality, einer Matrix, einem Holodeck, einem Modell der Welt, das Impulse von Außen in in Simulationen umsetzt, und simulierte Handlungen in tatsächliche Handlungen des Körpers. Das Programm, das das Hirn dafür schreibt, muss nur bedingt mit der Wirklichkeit um Sie herum übereinstimmen. Was dabei wahr oder falsch scheint, wird durch Belohnung und Bestrafung festgelegt, Drogen und Entzug. Sie sind im Wesentlichen eine Laborratte, der die Evolution zwei Elektroden ins Hirn gepflanzt hat, ins Belohnungs- und Bestrafungszentrum, und jetzt steuert Sie sie wie ein Spielzeug-Auto. Wir sind die idealen Sklaven, denn wir bestehen aus Sklaverei. Das Universum tickt im Wesentlichen wie der Zuhälter einer Crack-Hure, der kriecht seinen Pferdchen auch in den Kopf und schmeißt alles raus, was er nicht gebrauchen kann.

    Anders gesagt: Nicht ideologisches Denken ist nicht Denken, sondern wirre Daten-Pampe, weil Denken auf vorgefertigten Schaltungen, Algorithmen basiert. Zum Denken braucht man nun mal ein Gehirn mit einer Struktur und keinen leeren Eimer ohne. „Ideologiefreies Denken“ ist ein Oxymoron.

    In Deutschland bedeutet „Vernunft“ so viel, wie der „Einzig wahre, allein seligmachende Glaube“, deswegen beansprucht jede Relideologie das Wörtchen für sich, während sie für Ketzer und Irrlehren scheinbar neutrale, unscheinbar abwertende Begriffe wie „gesunder Menschenverstand“ prägt, wobei die Abwertung eben darin liegt, dass man ihnen den Namen Gottes, Vernunft, verweigert. Was ich für recht unvernünftig halte, aber reden Sie mal mit Äffchen in Stammeskriegen.

    Die Ideologie, die die physikalische Realität um uns herum antreibt, ist strikt darwinistisch (auch sie funktioniert ja, indem sie stur und dämlich festgelegten Mustern folgt und kaputte Schallplatte spielt). Um uns evolutionär an sie anzupassen, müssen unsere Relideologien einerseits realistisch genug sein, dass wir fressen können und es vermeiden, gefressen zu werden. Andererseits muss sie unsere Empathie und unseren Verstand weit genug drosseln, uns ausreichend unter Drogen halten, dass wir nicht an der bestialischen Grausamkeit eines solchen Universums verzweifeln. Sie parkt uns in einer Goldlöckchenzone zwischen Wahrheit und Lüge, wo wir überleben können. Seelisch und körperlich.

    Meine Ideologie behauptet einfach mal mir nichts, dir nichts, dass die Welt mit dem Verstand begreifbar ist – ich bin da an Grenzen gestoßen, doch noch lange nicht dort, wo wir sie bislang gezogen haben. Ich lehne Hexerei und okkulte Mächte ab – ich glaube nicht an „andere Regeln“ in der Quantenphysik, weil ich für all die Phänomene Analogien finden kann, wenn ich aus dem Fenster gucke, und sie mir mit Regeln erklären kann, die ich im Alltag immer und überall sehe. Aus dem gleichen Grund glaube ich Einstein nicht, wenn er mir weiß macht, wenn sich ein Lineal in die Länge streckt, streckt sich die echte Strecke mit. Und siehe da: Wenn man den Hokuspokus exorziert und stattdessen nach rationalen Erklärungen sucht, fügt sich die Welt auch zu einem schlüssigen, logischen Ganzen zusammen. Das Problem ist – mein Dafürhalten stimmt nicht mit dem überein, was Welt und Wissenschaft so für vernünftig halten. Was nu?

    Als ich gemerkt habe, dass ich allen Ernstes der Ansicht bin, dass ich Recht habe und alle anderen sich irren, bin ich als Erstes zum Psychiater gerannt, um die wahrscheinlichste Erklärung abzuchecken. Er meinte, ich würde noch halbwegs richtig ticken, aber der war Krankenkasse, der zählt nicht. Wer weiß, vielleicht irre ich mich, und die ganzen Zebra-Herden sind tatsächlich bemalte Pferde. Aber wer Recht hat, bestimmt die Zebra-Herde, und nicht irgendwelche dahergelaufene Vernunft.
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