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Biologie: Plankton war Motor der Evolution

Heidelberg. Das größte Sterben der Erdgeschichte ereignete sich am Ende des Perm vor 250 Millionen Jahren. Diese Katastrophe vernichtete 90 Prozent der Organismen. Aber schon bald danach blühte das Leben wieder auf – sogar in noch nicht da gewesener Vielfalt. Auf dem Land begann die Herrschaft der Dinosaurier, und auch in den Ozeanen entstand eine neuartige Tierwelt, zu der erstmals Raubfische gehörten.
Plankton

Die bisherigen Begründungen der Wissenschaft von Klimaschwankungen und verändertem Meeresspiegel erklären diese beeindruckende Evolution nur unzureichend. Neue Forschungen zeigen nun: In den Meeren bildete sich eine viel gehaltvollere Nahrungsbasis heraus. Die Planktonalgen erschienen in neuartiger Zusammensetzung. Das machte Tiere möglich, die sich rasch bewegen und dazu viel Energie benötigen.

Hintergrund Die beeindruckende Evolution der Tierwelt nach der gewaltigen Perm-Katastrophe ist für Biologen und Geologen in vielem immer noch rätselhaft. Bisher versuchten die Forscher sie auf Klimaereignisse zurückzuführen. Doch diese Erklärungen blieben unbefriedigend. Nun stellen zwei amerikanische Wissenschaftler in der Januar-Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft" ein neues Modell vor. Der Geologe Ronald Martin von der University of Delaware und die Meeresbiologin Antonietta Quigg von der Texas A&M University haben fossile Algen untersucht. Anhand dessen entwarfen sie Szenarien von der Zusammensetzung des Meeresplanktons zu verschiedenen Zeiten. Genauer gesagt forschten sie nach den mikroskopischen Algen im Plankton, somit der Nahrungsbasis der meisten anderen Meeresorganismen. Denn diese Algen mit ihrer Fotosynthese bilden erst die Nahrungsstoffe der Tiere.

Wie die Forscher erkannten, sah das Plankton vor der Perm-Katastrophe, also im Erdaltertum, völlig anders aus als danach. Denn zuvor herrschten "grüne" Mikroalgen vor, danach, im Erdmittelalter, "rote". Die "grünen" Algen sind aber weniger nahrhaft, weil sie ihre Fotosynthese in einer anderen Weise betreiben als die "roten". Heute machen "grüne" Algen nur einen kleinen Bruchteil des Phytoplanktons aus, während die "roten"in Unmengen auftreten. Zu ihnen zählen etwa die Kieselalgen, die auch manche der berüchtigten Algenblüten verursachen.

Wie aber konnte es einst zu dem Umschwung kommen? Martin und Quigg beschreiben Anhaltspunkte dafür, dass damals der Sauerstoffgehalt in den Ozeanen zunahm. Dies bewirkte, dass sich manche Stoffe, die gerade die "roten" Algen benötigen, besser lösten als vorher, während sich die Bedingungen für "grünes" Plankton verschlechterten. Außerdem trug eine zunehmende Erosion viele Substanzen in die Gewässer, die Pflanzen aufnehmen müssen. Auf dem Land entstanden nun Wälder aus Laubbäumen. Vorher waren es Palmfarne und Nadelbäume gewesen, deren Blätter sich nur langsam zersetzen. Und die zunehmende Vegetation brach die Gesteine auf – auch eine Voraussetzung für Erosion und Belieferung der Meeresalgen mit wichtigen Grundsubstanzen.

Anscheinend haben die Algen des Erdaltertums die Evolution fortschrittlicher Tiere regelrecht ausgebremst, eben weil sie deren hohen Stoffwechselbedarf nicht decken konnten. Das muss sich nach dem Ende des Perm bald geändert haben. Nun konnte ein nahrungsintensives Plankton entstehen, dass die Grundlage für eine anspruchsvolle Tierwelt darstellte.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: Spektrum der Wissenschaft, Januar 2014
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