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Brutparasiten: Rohrsänger lernen sich zu verteidigen

Um sich vor Fremdeiern zu schützen, schauen sich Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus) von älteren und erfahreneren Artgenossen aus der Nachbarschaft ab, wie sie gegen Kuckucke (Cuculus carnorus) vorgehen müssen. Damit spielen nicht nur vererbte Abwehrstrategien wie das Unterscheiden eigener und fremder Eier – die daraufhin von den Vögeln entfernt werden – eine Rolle im Duell zwischen Wirt und Schmarotzer, sondern auch erlernte Verhaltensweisen, schreiben Nicholas Davies und Justin Welbergen von der University of Cambridge.

Wenn unfreiwillige Gasteltern wie die Teichrohrsänger Brutparasiten wie den Kuckuck attackieren, laufen sie immer Gefahr, sich selbst dabei zu verletzen und Nesträuber oder Fressfeinde in ihre Nähe zu locken – den Sperber beispielsweise, dessen Aussehen jenem des Kuckucks ähnelt. Sie müssen also gezielt auf die potenzielle Gefahr für ihr Gelege reagieren, was für jüngere Tiere noch schwierig abzuschätzen ist. Ihnen hilft es daher, wenn sie sich die entsprechenden Verhaltensweisen von anderen Rohrsängern abschauen, die diese Erfahrung schon gemacht haben, wie die beiden Zoologen beobachteten.

Kuckucksei | Eins davon gehört nicht dazu: Mittlerweile haben Kuckucke ihre Eier fast perfekt an die Gelege ihrer Wirtsvögel angepasst. Sie wollen verhindern, dass das Ei von den unfreiwilligen Gasteltern aus dem Nest geworfen wird.
So werden Teichrohrsänger aus der Nachbarschaft angelockt, wenn in ihrer unmittelbaren Umgebung aggressive Laute von Artgenossen ertönen, die auf so genanntes Mobbingverhalten hinweisen – etwa, wenn ein Kuckuck attackiert wird. Konfrontiert man die herbeigeeilten Vögel später selbst mit dem Modell eines Kuckucks, bedrängen sie dieses ebenfalls, auch wenn sie vor dem Zwischenfall keine Reaktion gezeigt hatten. Dabei unterscheiden die Vögel eindeutig den Kuckuck von harmlosen Arten, die keine Gefahr für das Nest darstellen: Eine vorgeführte Papageiattrappe blieb unbeachtet, selbst wenn sie von benachbarten Paaren gemobbt wurde. Zudem übertrugen die beobachtenden Vögel die auf den Papagei gemünzte Abwehr nicht auf den Kuckuck, selbst wenn dieser anschließend in ihrem Revier auftauchte: Nur Reaktionen auf den Kuckuck führen anschließend zu ähnlich gearteten Verhaltensweisen.

Das Bild des Kuckucks als potenziellem Schädling werde also durchaus vererbt, die spezifische Abwehrreaktion müsse hingegen erworben werden, so die Forscher. Dieser Lernprozess stelle im evolutionären Wettlauf zwischen Wirt und Parasit eine gute Antwort dar, mit der die betroffenen Tiere auf für sie nachteilige Fortentwicklungen des Brutschädlings rasch reagieren können. (dl)

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  • Quellen
Davies, N., Welbergen, J.: Social Transmission of a Host Defense Against Cuckoo Parasitism. In: Science 324, S. 1318–1320, 2009.

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