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News: Aus der Luft in die Wurzeln

Die Alkalien und Erdalkalien sind wichtige Nährstoffe für Bäume. Doch stammen sie nicht - wie es in allen Lehrbüchern steht - aus verwitternden Gesteinen, sondern werden ständig aus der Atmosphäre nachgeliefert.
Patagonien
Am südlichen Ende Chiles ist die Welt noch in Ordnung. Der Wind weht von meist von Westen und ist so sauber, dass man hier fast vollkommen reine Luft atmen kann. Auch saure Niederschläge sind hier gänzlich unbekannt, und so eignen sich die unberührten Wälder besonders gut für die Erforschung des Nährstoffkreislaufs von Bäumen.

Dabei ist das Grundprinzip ganz einfach: Während die Blätter vornehmlich der Aufnahme von Kohlendioxid aus der Luft dienen, werden die Nährstoffe über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen. Insbesondere die Alkalien und Erdalkalien Kalium, Calcium und Magnesium stammen demnach aus Gesteinen im Untergrund, die im Zuge der Verwitterung zu Böden wurden.

Doch diese Binsenweisheit hat mit der Wirklichkeit offenbar nur wenig gemein, denn gerade die Minerale aus den Böden selbst sind für die Bäume äußerst schlecht verfügbar. Vielmehr beziehen sie ihre alkalischen und erdalkalischen Nährstoffe fast vollständig aus den Niederschlägen, mit denen die gelösten Stoffe in den durchwurzelten Bodenbereich gelangen.

Zu dieser überraschenden Erkenntnis kamen Forscher unter der Leitung von Martin Kennedy von der University of California in Riverside, nachdem sie in jenen Wäldern Chiles die Verteilung verschiedener Isotope des Strontiums (Sr) untersuchten.

Dieses Erdalkali-Metall verhält sich chemisch ganz ähnlich wie Calcium und Magnesium, im Gegensatz dazu zeigt die Verteilung der Sr-Isotope im Holz und den Blättern von Bäumen jedoch sehr genau an, ob das Element aus den Gesteinen herausgelöst oder mit den Niederschlägen eingetragen wurde.

Zudem simulierten die Forscher in einem 18,5 Quadratmeter großen Testgebiet ein Niederschlagsereignis von zehn Millimetern. In dem Beregnungswasser war ein so genannter Tracer enthalten – in diesem Fall das Isotop 84Sr –, welches in der Natur nur in geringen Anteilen vorkommt und mit den anderen Isotopen in einem festen natürlichen Verhältnis steht. Das künstlich zugegebene 84Sr-Isotop lässt sich auf seinem Weg durch den Untergrund und in die Pflanzen deshalb leicht verfolgen.

Rund zwei Jahre dauerten die Untersuchung. Danach stand fest, dass jene Nährstoffe beinahe ausschließlich aus der Atmosphäre stammen. Bei der in der Region am weitesten verbreiteten Scheinbuche der Art Nothofagus nitidi beträgt dieser Anteil über 90 Prozent.

Dies bedeutet, dass in den oberen Bodenschichten ein empfindliches Gleichgewicht zwischen Nährstoffaufnahme und -nachlieferung herrscht. Wird es gestört – beispielsweise infolge Auswaschung durch saure Niederschläge – kann es leicht dazu kommen, dass mehr Nährstoffe in der Tiefe verschwinden als durch die Niederschläge nachgeliefert werden. Die Folge: Mangelerscheinungen und schließlich der Tod der Bäume.

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