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News: Die Juwelen der Konquistadoren

Edelsteine liefern Archäologen wertvolle Hinweise auf Handel in alten Zeiten, auf die daran beteiligten Menschen und auf die Routen, über die er stattfand. Es war aber bislang nicht immer möglich festzustellen, woher die Steine stammen. Wissenschaftler haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sie über eine Sauerstoff-Isotopen-Bestimmung das genaue Liefergebiet ermitteln können.
Als die Konquistadoren im 16. Jahrhundert die Minen Kolumbiens an sich rissen, schifften sie kistenweise kostbare Smaragde nach Spanien. Noch heute haben Händler meist keinerlei Probleme, die außergewöhnliche Klarheit und intensiven Farben der kolumbianischen Edelsteine zu erkennen. Schwieriger ist es dagegen, die Herkunft der dunkleren und trüberen Steine der Alten Welt – Europa und Asien – zu identifizieren. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Bei Studien in Kolumbien und Brasilien haben Geologen in den vergangenen Jahren entdeckt, dass die Sauerstoff-Isotopen-Verhältnisse für alle Smaragde eines Liefergebietes spezifisch sind. Denn sie reflektieren die Zusammensetzung und Temperatur der Fluide, die bei ihrer Abkühlung zu Smaragden und anderen Mineralen kristallisieren, sowie der umgebenden Gesteine, durch welche die Fluide vor ihrer Auskristallisation zirkulierten. Daher versuchten Wissenschaftler unter der Leitung von Gaston Giuliani vom Petrographical and Geochemical Research Center in Vandoeuvre-lès-Nancy, die Spur von Smaragden in Schmuckstücken zurückzuverfolgen (Science vom 28. Januar 2000).

Als erstes mussten die Forscher die Besitzer und Hüter der Steine davon überzeugen, dass sie die edlen Stücke nicht beschädigen oder sichtbar verletzen würden. Schließlich überließen die verantwortlichen Museumsdirektoren den Wissenschaftler eine Handvoll Smaragde, welche einen Großteil der Geschichte des Smaragdhandels abdeckten. Die Forscher schossen mit einer Ionensonde Cäsiumionen auf die Smaragde und rissen damit Sauerstoffionen aus dem Kristallgitter, deren Isotopenverhältnisse sie daraufhin messen konnten. Zurück blieb ein kleines Loch von bloß zwanzig Mikrometern Durchmesser und weit weniger als einem Nanometer Tiefe.

Wie erwartet enthielten die Smaragde aus dem Wrack der spanischen Galeone Nuestra Señora de Atocha die Isotopensignatur einer kolumbianischen Mine. Das berühmte Segelschiff sank 1622 in einem Hurrikan vor der Küste Floridas. Ein Smaragd in einem bei Miribel in Frankreich gefundenen gallo-römischen Ohrring stammt jedoch überraschenderweise aus der Region um den Fluss Swat in Pakistan. Das bedeutet, dass die Römer Zugang zu Edelsteinen hatten, die aus Gegenden weit jenseits von Ägypten kamen. Ebenfalls ungewöhnlich ist ein Smaragd, den der französische König und Kreuzfahrer Ludwig IV. im 13. Jahrhundert in eine Königskrone setzte und dessen Spur sich in die österreichischen Alpen zurückverfolgen ließ. Somit ist der Edelstein 500 Jahre vor dem Betriebsbeginn der vermuteten Herkunftsmine geschürft worden. Eine andere Gelehrtenansicht kam zu Fall, als sich die drei verbliebenen Smaragde aus den Hyderahbad-Kronjuwelen als Funde dreier kolumbianischer Minen erwiesen. Bisher dachten einige Historiker, die Steine stammen aus den Tagen Alexander des Großen vor rund 2300 Jahren.

"Das ist eine großartige Idee", meint Terri Ottawy vom Royal Ontario Museum in Toronto. "Doch ich würde gerne mehr Proben getestet sehen." Möglicherweise wird diese Technik Edelstein-Händlern helfen, kolumbianische Smaragde von Afghani-Steinen oder synthetischen Smaragden zu trennen, denn die sind nicht immer leicht von makellosen Exemplaren zu unterscheiden. Auch für Archäologen ist sie ein wertvolles Werkzeug, denn Trübungen in Smaragden verdunkeln oft deren Herkunft. Eine Identifizierung mit Hilfe der Saustoff-Isotopen-Messung können sie jedoch nicht verhindern.

Als nächstes möchten die Wissenschaftler Geologie, Geochemie und Isotopenverhältnisse von Rubin-Lagerstätten untersuchen. "Solche Untersuchungen machten anfangs nur einen kleinen Teil unserer Arbeit aus", erklärt Giuliani. "Doch nun erkennen wir, dass wir als Geologen damit einen Beitrag zur Erforschung der Menschheitsgeschichte und des Handels leisten können."

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