Direkt zum Inhalt

News: Gedämpfte Erwartungen

Wasserstoff soll die Autos der Zukunft antreiben - aber Experten mahnen vor Euphorie: Die positiven Effekte der Wasserstoff-Technologie könnten mit konventionellen Mitteln billiger und schneller erzielt werden.
Wenn es nach US-Präsident George W. Bush geht, sollen Wasserstoff-betriebene Brennstoffzellen in Zukunft für einen umweltfreundlicheren Autoverkehr sorgen und die Wirtschaft der Vereinigten Staaten zudem unabhängiger von importiertem Erdöl machen. In diesem Zusammenhang stellte er eine finanzielle Förderung von umgerechnet 1,7 Milliarden Euro für die Entwicklung der Wasserstoff-Technologie in Aussicht.

Doch die Energie-Experten Alex Farrell von der University of California in Berkeley und sein Kollege David Keith warnen vor übertriebener Euphorie – bevor sich alle Welt auf die Entwicklung neuer Technologien stürze, müsste man die Kosten und den Nutzen von Antriebssystemen auf Wasserstoffbasis erst einmal genau unter die Lupe nehmen.

Bevor Wasserstoff-Aggregate für Kraftwagen einsatzbereit seien, müssten noch viele Milliarden Dollar in die Entwicklung der entsprechenden Technik gesteckt werden, betonten Keith und Farrell. Und selbst dann würde der Leistungsgrad der Wasserstoff-Fahrzeuge noch nicht unbedingt den Erwartungen der Verbraucher genügen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Nachfrage.

Dazu kämen außerdem die Kosten, die bei der Errichtung einer neuen Infrastruktur der Wasserstoff-Versorgung anfallen. Auf mindestens 5000 US-Dollar pro Fahrzeug schätzen die Wissenschaftler den mit Lagerung, Transport und Verteilung des Wasserstoffs verbundenen Aufwand.

Und das Kernproblem der Wasserstoff-Technologie ist und bleibt natürlich die Herstellung von Wasserstoff. Solange die dafür aufgewendete Energie im großen Maßstab aus fossilen Brennstoffen stammt, verbessern Wasserstoff-betriebene Autos die Kohlendioxid-Bilanz natürlich nicht. Werden alternative Energien wie Wind- oder Wasserkraft eingesetzt, steht man vor dem bekannten Kapazitätsproblem; Atomkraftwerke produzieren zwar kein Kohlendioxid, dafür aber radioaktiven Abfall. Probleme, wohin man auch schaut.

Dabei könnten die Vorteile, die der Wasserstoff als Energieträger bietet, laut Keith und Farrell mit wesentlich geringerem technischen und finanziellen Aufwand auch durch Ausschöpfung der bereits vorhandenen Technologien erreicht werden.

So könnten effizientere Verbrennungsmotoren die Luftverschmutzung und den Ölverbrauch viel drastischer und gleichzeitig kostengünstiger senken als neu zu entwickelnde Wasserstoff-Aggregate. Entsprechende Entwicklungen seien bereits heute so weit ausgereift, dass sie ohne größeren Aufwand umzusetzen sind, meinen die Wissenschaftler. Auch eine bewusste Steuerpolitik – die sich zum Beispiel auf die Erhöhung von Treibstoffpreisen stützt – sei einfach durchzuführen und berge zudem sogar die Möglichkeit von Mehreinnahmen.

Doch Keith und Farrell wollen mit ihren Anregungen die Wasserstoff-Technologie keinesfalls totsagen. Nur sei der Zeitpunkt für eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Einführung von Wasserstoff-Aggregaten noch nicht gekommen – in 25 Jahren aber könne das schon ganz anders aussehen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.