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News: Klein, alt, stachelig und aufregend

Ein zierlicher, bronze und weiß gefärbter, stacheliger Käfer versetzt Forscher in Aufregung: Das Tier, das vor kurzem in Australien entdeckt wurde und erst in zwei Exemplaren bekannt ist, hat gute Chancen auf die Ehre, der älteste Bewohner dieses Kontinents zu sein: Die Ahnengalerie des lebenden Fossils reicht 200 Millionen Jahre zurück.

Das besondere Aussehen des Käfers sprang John Lawrence von CSIRO Australia sofort ins Auge: eine einzigartige Kombination aus Stacheln, Schuppen und Flügellosigkeit. Zuerst war der Wissenschaftler verwundert, dann bestimmte er das Tier als einen Ommatiden – Mitglied einer Familie, die bis ins Jura zurückverfolgt werden kann. Der Käfer ist sogar älter als der Superkontinent Gondwana: Seine Verwandtschaft findet sich Nord- und Südamerika, Europa und Asien, was darauf hindeutet, daß die Familie entstand, als alle Erdteile noch einen einzigen, riesigen Kontinent formten – Pangaea.

Die Neuentdeckung gehört zu einer bisher völlig unbekannten Spezies aus der Gattung Omma, und die beiden bekannten Exemplare stammen von zwei verschiedenen Stellen des südaustralischen Mallee – dem Calperum-Bookmark Biosphere Reserve und dem Brookfield Conservation Park. Mallees sind Pflanzengemeinschaften trockener Gebiete, die sich zum größten Teil aus verkümmerten Eukalyptusbäumen und niedrigen Büschen zusammensetzen. Die dort neu gefundenen Käfer sind bronzebraun und weiß marmoriert und von kräftigen Stacheln bedeckt. Durch diese unterscheiden sie sich so deutlich von anderen, glatteren Mitglieder ihrer Familie, daß Lawrence in Erwägung zieht, seine Entdeckung nicht als neue Art, sondern gleich als neue Gattung zu beschreiben.

Die Ommatidae zählen zu den Archostemata, der Unterordnung der Käfer, die als die älteste und ursprünglichste gilt. Fossile Verwandte des australischen Käfers fanden sich in jurassischen Gesteinen aus Sibirien, Zentralasien und England – und das Jura liegt zwischen 210 und 145 Millionen Jahren zurück. Die Ursprünglichkeit auch der neuen Spezies zeigt sich vor allem darin, daß das Tier verschiedene Körperteile besitzt, die bei moderneren Käfern entweder miteinander verschmolzen oder ganz verschwunden sind, erläutert Lawrence.

Die lebenden Fossilien gingen Lawrence in eine Falle, die eigentlich für fliegende Insekten gedacht war. Die Tiere sind so selten, daß fast nichts über sie bekannt ist, erklärt der Wissenschaftler. Einige verwandte Arten kommen in Ostaustralien vor, und einmal wurde eine Ommatiden-Larve in Perth entdeckt, fügt er hinzu. Die Gruppe lebt im allgemeinen in trockenen Habitaten. Sie bohren sich in verrottendes Holz und alte Malleewurzeln und sind möglicherweise am Abbau des Holzes beteiligt.

Warum die Tiere so lange unentdeckt blieben, ist nicht zu klären, meint Lawrence. Ein möglicher Grund ist ihre Seltenheit, eine andere Erklärung wäre, daß sie einen großen Teil ihres Lebens im Untergrund verbringen. Aber sie sind der lebende Beweis dafür, daß Australien noch sehr viele unbekannte und unentdeckte Lebewesen beherbergt, stellt der Forscher fest.

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