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Datenspeichertechnik: Kleine Speicher mit riesiger Kapazität

Erinnern Sie sich noch an ein Ding namens "Diskette"? Nun, so lange ist es noch nicht her, seit die wesentlichen Daten des persönlichen Computer-Gebrauchs noch auf ein paar dieser heute altmodischen, gut dreizollbreiten Datenträger passten. Neue Rechner haben indes schon oft gar kein Diskettenlaufwerk mehr. Und wurde vor nicht allzu langer Zeit die Floppy als Standardlaufwerk zum Datenkonservieren vom CD-Laufwerk abgelöst, so ist dieses mittlerweile ebenfalls schon fast verdrängt, von der DVD. Die wird es auch nicht mehr allzu lange machen. Der Grund: Unser Bedarf an Speicherkapazität wächst weiter rapide.
Blockcopolymer-Datenspeicher
Speichermedien müssen immer schneller und immer leistungsfähiger werden, um den zunehmend anfallenden Datenmengen Herr zu werden. Ob es um modere Datenbankaufgaben oder Multimediaanwendungen geht: Schon lange reichen etwa die dürftigen Speicherdichten simpler CD-ROMs nicht mehr aus – hier finden nur sieben Megabyte an Daten auf einem Quadratzentimeter Speichermedium Platz. Bei dieser mäßigen Beschreibedichte würde ein Ein-Euromünzen-großer Speicher also nur etwas über 26 und ein halbes Megabyte aufnehmen. Auch mit einer herkömmlichen 4,7 Gigabyte fassenden DVD stößt man allerdings unerwünscht schnell an Speicher-Obergrenzen. Die Kapazität von Datenträgern zu erhöhen ist daher Ziel verschiedener Forschungsvorhaben mit unterschiedlichen Ansätzen.

Dabei werden zum einen die optischen Verfahren der Datenspeicherung weiterentwickelt. Zum Beispiel schreibt an Stelle eines herkömmlichen roten Lasers – der Daten bislang mit Lichtwellenlängen von 650 Naometern einbrennt – in der neuesten Generation von optischen Disks kurzwelligeres blau-violettes Laserlicht die zu speichernden Informationen bei 405 Nanometer im "Blu-ray" Verfahren. Dies erhöht die Schreibdichte einer DVD von 52 auf etwa 270 Megabyte pro Quadratzentimeter – die Gesamtkapazität beläuft sich auf 25 Gigabyte pro Seite. Immerhin: Damit brächten wir dann mehr als ein Gigabyte auf der Euro-Oberfläche unter.

Auch sollen in Zukunft holografische Verfahren das Einschreiben von Daten in dreidimensionalen Paketen ermöglichen [1]. Erste Ergebnisse von Bayer und IBM zeigen, daß dabei eine Informationsdichte von zwei bis zehn Gigabyte pro Quadratzentimeter möglich wird. Darüber hinaus gibt es alternative Ansätze, wie das Millipede-Projekt von IBM, wobei die Datenspeicherung auf einem Kunststoffträger durch "Eindrucken" von Vertiefungen auf Nanometerskala erreicht wird [2]. Auch dieses Verfahren erlaubt zurzeit eine Informationsdichte von rund zehn Gigabyte pro Quadratzentimeter – der mögliche Euromünzen-Speicherinhalt steigt so auf stolze 38 Gigabyte.

Aber auch auf dem Gebiet der konventionellen magnetischen Datenspeicher werden weiterhin große Fortschritte erzielt. Unserer Arbeitsgruppe der Universität Bayreuth gelang es beispielsweise, zusammen mit einem Team um Thomas Russell von der Universität von Massachusetts ein einfaches Verfahren zu entwickeln, mit dem die Informationsdichte magnetischer Speichermedien von bisher rund 0,2 auf bis zu 45 Gigabyte pro Quadratzentimeter ansteigen könnte [3].

Selbstorganisierter Copolymer-Speicher | Das zylindrische Blockcopolymer in der Rasterkraftmikroskopischen Aufnahme: Eine Mischung von Nanoteilchen und Coppolymer aus zwei Kunstoffen wird auf ein Trägermaterial gebracht und zwei Tage lang erhitzt. Dabei werden die aus Poly(2-vinylpyridin) bestehenden Kunstoff-Zylinder mit den Nanopartikeln dotiert und richten sind senkrecht zum Trägermaterial aus.
Knackpunkt der Methodik ist dabei das Speicher-Material und seine Herstellung. In unserem Fall basiert der Prozess auf so genannten Diblockcopolymeren aus den Kunstoffen Polystyrol und Poly(2-vinylpyridin). Diese beiden Komponenten bilden eine regelmäßige Struktur: Eingebettet in einer Polystyrolmatrix wechseln sich nanometergroße Poly(2-vinylpyridin)-Zylindern mit einem Abstand von 15 bis 48 Nanometern zueinander ab. Dieses Blockcopolymer wird nun, gemischt mit fluoreszierenden oder magnetischen Nanoteilchen, auf ein Trägermaterial gebracht und für zwei Tage auf 170 Grad Celsius erhitzt. Durch den dabei einsetzenden Selbstordnungsprozeß sollen die Zylinder mit den Nanopartikeln dotiert werden und sich zielgerichtet am Trägermaterial ausrichten.

Das dies wie gewünscht funktioniert zeigt sich, sobald das fertig gebackene Resultat mit Hilfe von Rasterkraftmikroskopie, elektronenmikroskopischen Methoden und Röntgenstreuung unter die Lupe genommen wird: Tatsächlich ordnen sich die dotierten Zylinderchen wie eine Armee von Zinnsoldaten über Bereiche von mehreren Quadratzentimetern Größe mit ihrer Längsachse senkrecht zum Trägermaterial an.
Schematischer Aufbau des Blockcopolymerspeichers | Der Blockcopolymerspeicher in schematischer Darstellung. Deutlich wird die geordnete Struktur der mit Nanopartikeln gefüllten Kunstoffzylinder
Es handelt sich hierbei um die erste bekannte symbiotische Selbstordnung in einem synthetischen Material: Die Nanopartikel aggregieren selbstständig in den Poly(2-vinylpyridin)-zylindern und bewirken deren planmäßig senkrechte Ausrichtung. Umgekehrt steuert aber auch die zylindrische Mikrostruktur des Polymers die regelmäßige Partikel-Anordnung. Und somit wird einem Arbeitsschritt sowohl eine hohe Ordnung der senkrecht orientierter Zylinder erreicht wie auch gleichzeitig ihre gezielte Funktionalisierung durch die eingebrachten Nanopartikel. Nun kann im Prinzip auch der eigentliche Speichervorgang beginnen: Durch geeignete magnetische Adressierung können Daten mit bisher unerreichter Dichte in die Polymerstruktur eingeschrieben werden. Unsere hypothetische Ein-Euro große Speichermünze aus Diblockcopolymeren würde dann übrigens knapp 380 Gigabyte fassen – und somit rund 80 Standard DVDs ersetzen können.

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