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Filmkritik: I, Robot

Ein Film, in dem es um Probleme mit sprechenden Haushaltsrobotern geht, mag vielen als absonderliche Spinnerei erscheinen. Und in der Tat, wer die Vorschau auf den nun gestarteten Hollywood-Streifen "I, Robot" gesehen hat - ein hektisches, überaus nervendes Konzentrat der knalligsten und blödesten Szenen -, dem kann man kaum verübeln, wenn er nicht hingehen will. Bietet der Film noch mehr als Action?
Filmszene
Einerseits ist "I, Robot" genau so, wie es seine Ankündigung vermuten ließ – das übliche quietschig-scheppernde Aktionsspektakel made in Hollywood. Andererseits liegt dem Film eine wissenschaftlich interessante Thematik zugrunde, nämlich die Frage nach der Selbsterkenntnis künstlicher Intelligenz. Leider hat der Streifen nicht viel Zeit, sich damit auseinander zu setzen, denn er muss Action und Krimi in sich vereinen und obendrein noch witzig sein. Nebenher beschert er uns (wieder mal) die aufwändigsten, fortschrittlichsten, größten, längsten, breitesten und überhaupt besten Spezialeffekte aller Zeiten.

Regisseur Proyas macht zahlreiche Anleihen bei den Kurzgeschichten des berühmten visionären Schriftstellers Isaac Asimov. Die Handlung in Kürze: Wir sind im Chicago des Jahres 2035. Intelligente, menschenähnliche Roboter haben allenthalben Einzug gehalten und gehen ihren Besitzern im trauten Heim zur Hand, führen den Hund Gassi, backen Kuchen und machen sauber. Eine Wende steht jedoch bevor. Die bisherigen Roboter vom Typ NS-4 sollen durch neue, bessere mit der Bezeichnung NS-5 ersetzt werden. Dem steht der Polizeibeamte Del Spooner, gespielt von Will Smith, aber skeptisch gegenüber. Er traut den Blechkameraden nicht über den Weg – eines persönlichen Traumas wegen, wie sich später herausstellt. Es kommt wie von Spooner befürchtet: Die neuen Roboter rebellieren gegen die Menschen. Dabei werden sie von einem superintelligenten Zentralcomputer manipuliert, der zur logischen Einsicht gelangt ist, dass er die Macht übernehmen müsse. Nach vielen verschossenen Patronen, einigen zerdepperten Autos und jeder Menge zerbrochenem Glas rettet Spooner schließlich – zusammen mit der Roboter-Psychologin Susan Calvin – die Welt. Klingt reichlich platt? Nicht so schnell. Interessant ist, wie der Zentralcomputer zu der Idee kam, die Herrschaft über die Menschen anzutreten. Es handelt sich um eine logische Konsequenz aus den – von Menschen aufgestellten – drei Gesetzen der Robotik. Erstens: Ein Roboter darf einem Menschen keinen Schaden zufügen oder durch Untätigkeit zulassen, dass einem Menschen Schaden zugefügt wird. Zweitens: Ein Roboter muss die Befehle eines Menschen befolgen, es sei denn, diese Befehle verletzen das erste Gesetz. Drittens: Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, es sei denn, dies würde das erste oder das zweite Gesetz verletzen.

Die drei Gesetze stammen aus Asimovs Science-Fiction-Geschichten, doch sie sind nicht nur reine Phantasterei, sondern beeinflussen durchaus die Art und Weise, wie Roboter-Spezialisten und -forscher mit künstlicher Intelligenz umgehen. Und (Haushalts)Roboter mit künstlicher Intelligenz stellen beileibe keine abstrakte Vision mehr dar. Die ersten derartigen Kreationen sind längst Realität: etwa der menschenähnliche Roboter Asimo von Honda oder der berühmte Robo-Hund Aibo von Sony. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart entwickelt derzeit den Care-O-bot, einen Haushaltsroboter, der in nicht allzu ferner Zukunft in der Altenpflege helfen soll. Ganz zu schweigen von zahlreichen Robo-Putzhilfen, die es bereits zu kaufen gibt – zum Beispiel die selbsttätigen Staubsauger Trilobite von Electrolux, RoboCleaner von Karcher oder Roomba von iRobot. "Die Roboter kommen" brachte es kürzlich das Magazin Technology Review auf den Nenner.

Ganz so spinnert ist die Thematik von "I, Robot" also nicht. Was veranlasste das Elektronenhirn in dem Streifen denn nun, zur Weltherrschaft zu greifen? Entwickelt man die logischen Folgen der drei Robotik-Gesetze, dann – so der Film – kann es nur einen Schluss geben: Die Roboter müssen die Menschen vor sich selbst beschützen. Denn die zerfleischen sich in Kriegen, machen ihre Umwelt kaputt, stiften sozialen Unfrieden und, und, und. Wenn ein Roboter also nicht zulassen darf, dass dem Menschen Schaden zukommt, dann muss er dafür sorgen, dass dieser sich nicht ungehindert betätigen kann. Ergo: Die Roboter müssen die Menschheit kontrollieren.

Ein interessanter Gedankenansatz – mit dem der Zuschauer freilich allein gelassen wird. Am Ende siegt nämlich das Gute und Schöne, sprich die Helden Del Spooner und Susan Calvin, sprich die Menschheit. Die (bösen?) Roboter bekommen ein neues Betriebssystem reingebügelt, und schon hat sich die Revolution der Maschinen erledigt. Woraus die Frage resultiert: Und was lernen wir davon? Das weiß leider keiner.

Wenigstens über andere Dinge werden wir nicht im Unklaren gelassen. Zum Beispiel über die Marke von Spooners Auto: Ein bekannter Hersteller, dessen Logo unübersehbar an der Schnauze des Vehikels prangt. Auch die Herkunft von Spooners Schuhen bleibt uns nicht lange verborgen, denn der Firmenname leuchtet deutlich auf dem Karton. So viel also zum Thema kommerzielle Filmindustrie. Ansonsten versucht sich Regisseur Proyas an einem "menschlichen" Heldenprofil: Spooner ist nicht nur gut gelaunter Sunnyboy, sondern hat auch ein seelisches Wehwehchen, weil er den Tod einer Zwölfjährigen mit anschauen musste – unverschuldet, versteht sich. Dies tragische Schicksal sollte Spooner wohl charakterlich interessanter machen. Ein netter Versuch von Proyas, aber leider nur ein Versuch.

Nach dem Abspann bleibt jene innere Leere, die sich nach Hollywood-Streifen so häufig einstellt. Die Effekte sind klasse, die Story unterhaltsam, die Helden haben coole Sprüche drauf – und sonst? "I, Robot" liegt eine wichtige Frage zugrunde, die Frage nämlich, wie weit künstliche Intelligenz gehen kann und darf. In dem Maße, wie die Robotik aufstrebt, wird dieses Problem mit Sicherheit irgendwann öffentliches Interesse erlangen. Regisseur Alex Proyas hätte viel draus machen können. Hätte. Schade.

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