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Geruchssinn: Aromamix für die Nerven

Gewürznelke + Rose = Gartennelke. Nach dieser Gleichung rechnet offenbar der Geruchssinn, denn der Mensch riecht Gartennelke, wenn er die beiden ersten Duftnoten im richtigen Mischungsverhältnis unter die Nase gehalten bekommt. Entscheidend dabei scheinen auf den besonderen Mix geeichte Nerven zu sein.
Geruchssinn
Manch einer nimmt seine Nase nur dann bewusst wahr, wenn sie er sie voll hat. Ist sie verstopft, fällt nicht nur das Atmen schwer, sondern Speis und Trank kommen auf einmal ausgesprochen fad daher – es fehlt das besondere Aroma, das sich erst durch den typischen Duft der Nahrung entwickelt. Doch die Nase macht uns nicht nur die Haute Cuisine schmackhaft, sondern öffnet uns das Tor in eine reiche Erlebniswelt: Die Erinnerung an Großmutters Küche, wenn Dämpfe von Bratwurst mit Sauerkraut durch die Wohnung ziehen, das angenehme Frösteln der Haut beim Einatmen der ganz persönlichen Note des Geliebten, die Freude auf den Frühling nach einem langen Winter, wenn die Luft auf einmal nicht mehr nach Schnee, sondern nach warmer, feuchter Erde duftet – aber auch das angeekelte Abwenden beim Geruch von Erbrochenem.

Dabei ist riechen letztlich nichts anderes als das profane Weiterleiten einer chemischen Information von der Nase an das Gehirn: In der Nasenschleimhaut sitzen Rezeptoren, die ein elektrisches Signal auf die Reise schicken, sobald bestimmte Duftstoffe an sie andocken. Dieser Reiz landet schließlich im Gehirn und lässt uns den speziellen Geruch der Substanz wahrnehmen, die an die Rezeptoren gebunden hat. Etwas komplizierter wird die Sache dadurch, dass praktisch jeder natürliche Duft ein Gemisch aus verschiedenen Einzelkomponenten ist und jede Substanz gleichzeitig mehrere Rezeptoren erregt.

Zhihua Zou von der Universität Texas und Linda Buck vom Howard Hughes Medical Institute und Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle sahen sich nun an Mäusen genauer an, was bei der Weiterleitung von Düften vom Rezeptor bis ins Hirn im Einzelnen passiert.

Die Wissenschaftler ließen Mäuse in kurzen zeitlichen Abständen zuerst einen Geruch, dann einen weiteren und schließlich die beiden zuvor präsentierten Duftnoten miteinander vermischt schnuppern und sahen den Mäusen anschließend in den olfaktorischen Kortex, also den Teil des Gehirns, in dem Düfte wahrgenommen werden. Als Testsubstanzen kamen zum Einsatz: Eugenol (Gewürznelke) kombiniert mit Dimethylpyrazin (Schokolade), Methenylmethylether (Zitrus) in Verbindung mit Methylamin (fischig) und Vanillin (Vanille) zusammen mit Ethylbutyrat (Apfel).

Bei ihren Schnupperexperimenten stellten die Forscher fest, dass die meisten Nervenzellen im olfaktorischen Kortex der Nager sowohl auf einen einzelnen Geruch als auch auf die Mischung der beiden reagierten. Ein geringerer Anteil der Neurone wurde jedoch ausschließlich von der Duftmischung erregt, nicht aber von den einzelnen Komponenten – es gab also besondere Nervenzellen für Aromamischungen.

Die Wissenschaftler leiten aus ihren Beobachtungen ab, dass bei der Wahrnehmung von Gemischen aus zwei Duftnoten die aus der Nase ankommenden Neuronen im olfaktorischen Kortex so auf spezielle Nervenzellen verschaltet werden, dass neue Kombinationen der Informationen von den Duftrezeptoren in der Nasenschleimhaut entstehen, die letztlich eigene Duftnoten ergeben. Dieses Modell könnte erklären, warum Menschen den Eindruck haben, Gartennelken zu riechen, wenn sie mit einer ganz bestimmten Zusammensetzung aus Eugenol und Phenylethylalkohol (Rose) konfrontiert werden.

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