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Infektionskrankheiten: Permanent auf der Lauer

Salmonella enterica, der Erreger des Typhus, spielte in der Vergangenheit lieber Versteck, als großartig seine Gene zu verändern. Vor allem die Antibiotika aber zwangen das Bakterium ernsthaft zur Aktivität.
<i>Salmonella enterica</i>
"Peel it, cook it or forget it" heißt die Devise, wenn man gesund bleiben will. Denn der weltweit verbreitete Erreger des Typhus lauert auf mit dem Kot Infizierter verunreinigtem Obst und Gemüse und im Wasser. Wer die Krankheitskeime nicht durch schälen oder abkochen beseitigen kann, sollte möglicherweise verunreinigte Lebensmittel und Getränke also lieber vergessen. Sonst drohen innerhalb von zwei bis drei Tagen Kopf- und Gliederschmerzen, hohes Fieber, das bis zu drei Wochen anhalten kann und Durchfälle.

Salmonella enterica | S. enterica kann im Menschen über Jahrzehnte überdauern. Da das Bakterium von diesen Dauerträgern permanent ausgeschieden wird, können immer wieder Epidemien entstehen.
In den Industrienationen muss man heute dank guter hygienischer Bedingungen praktisch nicht mehr mit einer Infektion durch Salmonella enterica rechnen. Doch in Ländern Afrikas, Südamerikas und Südostasien, in denen es mit der Hygiene etwas hapert, lauert der Typhus weiterhin im Wasser und auf Nahrungsmitteln und es kommt immer wieder zu Epidemien. Weltweit erkranken jedes Jahr schätzungsweise 21 Millionen Menschen und rund 200000 Patienten sterben daran. Zwar gibt es einen Impfstoff – dieser bietet allerdings nur einen begrenzten Schutz – und die Krankheit lässt sich mit Antibiotika behandeln, doch in Asien ist der Erreger inzwischen gegen mehrere Antibiotika resistent geworden.

Ein internationales Team um Mark Achtman vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin nahm nun die genetische Ausstattung des Krankheitserregers genauer in Augenschein und rekonstruierte die Entwicklungsgeschichte des winzigen Übeltäters.

Dazu sammelten die Wissenschaftler aus aller Herren Länder 105 verschiedene Stämme des Bakteriums und analysierten deren Gene. Dabei erwies sich S. enterica als eher ungewöhnlich: Während sich Krankheitserreger verschiedener geografischer Regionen häufig deutlich unterscheiden, zeigten die Typhusbakterien sich hingegen eher konservativ und bewahrten einen Großteil der ursprünglichen Genausstattung. Tatsächlich überlebte in allen Erdteilen sogar der ursprüngliche Stamm und einige seiner direkten Nachkommen bis heute.

Das gelang dem Winzling vermutlich deshalb, weil er bei einem sehr kleinen Prozentsatz Infizierter über Jahrzehnte in deren Körper überdauern kann. Dementsprechend wird er permanent ausgeschieden – so konnten schon zu Zeiten der Jäger und Sammler, als die Menschen in kleinen Gruppen weit voneinander entfernt lebten, auch bei wenig Kontakt der Gruppen untereinander immer wieder neue Epidemien entstehen. Bei diesen Gelegenheiten entwickelten sich dann unter dem Druck veränderter Gegebenheiten auch immer mal wieder neue Stämme.

Vor allem aber der Einsatz von Antibiotika nötigte in jüngster Zeit S. enterica dazu, auf diese für ihn nun extrem widrigen Bedingungen zu reagieren. So stießen die Forscher unter den Bakterien aus Südostasien auf mehrere Stämme, die gegen das dort vielfach eingesetzte Antibiotikum Nalidixinsäure resistent sind. Einer dieser Stämme ist in Asien inzwischen weit verbreitet und konnte sogar schon bis nach Afrika vordringen.

"Unsere Untersuchungen machen die gravierenden Probleme in der Krankheitsbekämpfung deutlich", sagt Achtman. "Zum einen kann der unregulierte Gebrauch von Antibiotika zur Entwicklung resistenter Bakterienstämme führen. Zum anderen stellen Dauerträger einen sicheren Hafen für Typhus dar und werden voraussichtlich längerfristig dazu führen, dass Typhus eine Gefahr für die menschliche Gesundheit bleibt."

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