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Langzeitgedächtnis: Dopaminblocker löscht Erinnerungen

Mit der Gabe eines Dopaminrezeptorblockers konnten Neurowissenschaftler bei Ratten die langfristige Speicherung von Erinnerungen verhindern. Das Team um Martín Cammarota von der Pontifíca Universidade Católica do Rio Grande do Sul im brasilianischen Porto Alegre musste den Tieren dazu exakt zwölf Stunden nach dem erinnerten Erlebnis einen Wirkstoff in den Hippocampus injizieren. Die Forscher schließen daraus, dass der Neurotransmitter Dopamin die entscheidenden zellinternen Prozesse anstößt, die für die dauerhafte Abspeicherung von Gedächtnisinhalten sorgen.

Die Wissenschaftler untersuchten zwei unterschiedlich lang anhaltende Ausprägungen der Langzeitspeicherung: In einem Fall erhielten die Ratten einen starken elektrischen Schlag, sobald sie einen Bereich ihres Käfigs betraten. Das führte dazu, dass sie sich noch zwei Wochen später an die Gefahr erinnerten. War der Schlag dagegen nur leicht, klang die Erinnerung innerhalb von nur zwei Tagen ab, wurde also im Langzeitgedächtnis nicht dauerhaft fixiert.

Beide Varianten der Speicherung konnten die Wissenschaftler durch Medikamentengabe gezielt hervorrufen. Wurden die Dopaminrezeptoren im Hippocampus blockiert, fand selbst bei starken Schlägen keine dauerhafte Fixierung statt. Wurde die Wirksamkeit der Rezeptoren hingegen verstärkt, blieb auch die Erinnerung an leichte Schläge 14 Tage haften.

Entscheidend war, dass die Injektion der Wirkstoffe exakt zwölf Stunden nach dem Experiment stattfand. Wurde der Stoff – der D1-Rezeptor-Antagonist SCH23390, beziehungsweise der D1-Rezeptor-Agonist SKF38393 – früher verabreicht, zeigte er keine Wirkung. Anscheinend konserviert das Gehirn die neugebildeten Neuronenverbindungen für einen halben Tag auf flüchtigere Weise. Erst dann setzen zellinterne Umbaumechanismen ein, die die Erinnerungsspur auf Dauer festigen.

Dopamin dient in diesem Zusammenhang offenbar als Signalgeber, der über den Rezeptor eine Signalkette anstößt, schlussfolgern die Wissenschaftler. Dabei wird unter anderem ein Wachstumsfaktor aktiviert, der etwa für den Neubau von Synapsen sorgen könnte. Wie die Autoren in weiteren Experimenten demonstrierten, lässt sich diese Schrittabfolge mit anderen Substanzen ebenfalls unterbrechen.

Darüber hinaus beobachteten Cammarota und Kollegen, dass die dauerhafte Variante der Erinnerungsspeicherung zusätzlich noch von der Aktivität des ventralen Tegmentums abhängt. Die Mittelhirnregion ist maßgeblich an der Vermittlung von Angstreaktionen beteiligt und verfügt über eine Vielzahl von dompamingesteuerten Verbindungen zum Hippocampus. Verstärken oder Abschwächen ihrer Wirksamkeit hatte die gleichen Folgen, wie entsprechende Manipulationen an den Dompaminrezeptoren des Hippocampus. (jd)

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  • Quellen
Rossato, J. et al.: Dopamine Controls Persistence og Long-Term Memory Storage. In: Science 325, S. 1017–1020, 2009.

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