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LOHAFEX: Eisendüngung der Meere als Klimaschutz wirkungslos

Die künstliche Düngung der Weltmeere mit Eisen kann die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre offensichtlich kaum vermindern und taugt folglich als Klimaschutzmaßnahme wenig. Das ist ein Ergebnis der jüngsten Reise des deutschen Forschungsschiffs "Polarstern", während der Wissenschaftler dies im Südatlantik untersucht hatten. Zur Überraschung der Forscher aus Deutschland und Indien vereitelten gefräßige Krebse die Kohlenstoffbindung im Meer, teilte das Alfred-Wegener-Institut (AWI) mit.

Algenblüte | Satellitenaufnahme der Chlorophyllkonzentrationen an der Meeresoberfläche mit der Lohafex-Blüte (eingekreist). Man beachte die entschieden größere natürliche Blüte oben rechts und die höheren Werte im Südosten.
Unter Umweltschützern und auch bei Bundesumweltminister Sigmar Gabriel war die Forschungsfahrt der "Polarstern" umstritten: Sie unterstellten, dass die Wirtschaft nur nach einer billigen Lösung zur CO2-Entsorgung im Meer suche und dabei das Ökosystem gefährde. Diesem Vorwurf traten die Forscher nun mit wissenschaftlichen Argumenten entgegen: In den untersuchten kieselsäurearmen Gewässern hatte die Eisendüngung fast keinen Effekt auf die Kohlendioxidkonzentration der Luft. Da Dreiviertel aller Weltmeere arm an Kieselsäure seien, funktioniere die Idee der Eisendüngung großflächig also eher nicht, so die beteiligten Forscher.


Ruderfußkrebse | Ruderfußkrebse (Copepoden) der Art Clausocalanus laticeps fraßen die wachsenden Algen.
Trotz widriger Bedingungen – das Schiff musste zweimal wegen starker Stürme das Untersuchungsgebiet verlassen – konnten die Biologen die Wirkung ihres Experiments gut beobachten: Das eingebrachte Eisen im Wasser führte zunächst wie geplant zu Wachstum und Blüte von Kleinalgen, die Kohlendioxid aufnehmen. Doch winzige Ruderfußkrebse machten ihnen anschließend einen Strich durch die Rechnung: Sie fraßen die Algen auf, weshalb die Algenblüte kleiner ausfiel als erwartet. Anschließend verzehrten Flohkrebse die Ruderfußkrebse, so dass das Experiment wenigstens die Nahrungskette angekurbelt hat.

Flohkrebse | Nahaufnahme des Flohkrebses (Amphipoden) Themisto gaudichaudii, der eine Nahrungsquelle für Wale und Fische ist. Diese Krebschen fraßen wiederum die Ruderfußkrebse. Kohlenstoff wurde auf diese Weise kaum in die Tiefsee entsorgt.
Von Eisen und Algen blieb nach dem großen Fressen wenig übrig – nur eine geringe Menge Kohlenstoff sank schließlich mit abgestorbenen Algen auf den Meeresboden ab. In diese Tiefenverlagerung hatten manche große Hoffnungen für den Klimaschutz gesetzt. Außer einem Schwarm äußerst wohlgenährter Flohkrebse ergaben sich nach dem Experiment jedoch kaum Veränderungen im untersuchten, rund 300 Quadratkilometer großen Meeresgebiet: "Diese Reaktion des Ökosystems war in solchen Einzelheiten noch nicht bekannt", teilte AWI-Direktorin Karin Lochte mit.
Die Forscher folgern, dass Eisendüngung eventuell nur dann mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden kann, wenn Kieselalgen im Spiel sind: Diese hätten eine harte Schutzschale, die Krebse nicht so schnell knacken können – sie gedeihen jedoch nur in Gewässern mit Kieselsäure, was in weniger als einem Drittel aller Meeresflächen der Fall sein dürfte. Der an der Fahrt beteiligte Biologe Victor Smetacek schiebt etwaigen Spekulationen allerdings gleich einen Riegel vor: "Kieselsäure ins Meer zu schütten, bringt nichts: Die benötigten Mengen wären viel zu groß." (dl)

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