Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Neuropsychiatrie: Uneingelöste Versprechen

In den Augen mancher Psychiater sind psychische Störungen letztlich Hirnerkrankungen. Die Neurochemie sei bei den Betroffenen im Ungleichgewicht und lasse sich durch Medikamente am sichersten ausgleichen. Neuerdings wird die Kritik an dieser Sichtweise jedoch lauter.
Krank oder gesund?

Als der Schweizer Psychiater Roland Kuhn (1912-2005) in den 1950er Jahren mit einem Stoff namens Imipramin eines der ­ersten antidepressiv wirksamen Psychopharmaka entwickelte, fand dies in seinem Kollegenkreis kaum Anklang. Die psychoanalytisch orientierte Psychiaterzunft seiner Zeit hielt wenig von der Behandlung seelischer Störungen mit Medikamenten. Schließlich seien Depressionen, Ängs­te oder Zwänge eindeutig psychisch und nicht körperlich bedingt.
Noch viele Jahrzehnte später grenzte sich die Psychiatrie als "Seelenheilkunde" strikt von der Neurologie ab, die sich mit den physiologisch beschreibbaren Erkrankungen des Nervensystems wie etwa der Parkinsonstörung oder der Epilepsie beschäftigt. Lag keine organische Hirnschädigung vor, so war das Problem offenbar "psychogenen" Ursprungs; geistig-mentale und psychosoziale Faktoren standen hierbei im Vordergrund und mussten therapeutisch "bearbeitet" werden.
Heute sieht das ganz anders aus ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Unsere Forschungshighlights aus 2025

Fortschritte in der Krebsimmuntherapie, neue Erkenntnisse zum Altern, Entwicklungen in der Quantenphysik, KI in der Mathematik und bedeutende astronomische Beobachtungen: In der letzten »Woche«-Ausgabe des Jahres 2025 blicken wir auf die zentralen Forschungsergebnisse zurück.

Spektrum - Die Woche – Ein alter KI-Ansatz für wahre maschinelle Intelligenz?

Wahre maschinelle Intelligenz – Transparenz und feste Regeln zeigen einen Weg, die KI die Fähigkeit geben könnte, logische Schlüsse zu ziehen. Außerdem: Eisen für die Energiewende verbrennen, das Paradoxon fehlender Information im Universum und Schaden Energydrinks dem Gehirn Jugendlicher?

Spektrum der Wissenschaft – Innerer Dialog – Wie Kopf und Körper miteinander kommunizieren

Über ein fein abgestimmtes System aus neuronalen Netzwerken via hormonelle Steuerung bis hin zu zellulären Dialogen stehen Kopf und Körper in ständigem Austausch. Denn wie in jeder funktionierenden Gesellschaft gilt auch hier: Ohne Kommunikation geht nichts. Dieser innere Austausch ist ebenso komplex wie der soziale – und er läuft rund um die Uhr, meist, ohne dass wir ihn bewusst wahrnehmen. Er spielt auch eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit.

  • Quellen und Literaturtipp

Literaturtipp

Hasler, F.: Neuromytho­logie. Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung. transcipt, Bielefeld, 3., unveränderte Auflage 2013
Der Neuroskeptiker Felix Hasler setzt sich detailliert mit den Chancen und Grenzen der Biopsychiatrie auseinander.


Quellen

Ho, B.-C. et al.:Long-Term Antipsychotic Treatment and Brain Volumes. A Longitudinal Study of First-Episode Schizophrenia. In: Archives of General Psychiatry 68, S. 128-137, 2011

Lacasse J. R., Leo J.:Serotonin and Depression: A Disconnect between the Advertisements and the Scientific Literature. In: PloS Medicine 2, e392, 2005

Nutt, D., Goodwin, G.:ECNP Summit on the Future of CNS Drug Research in Europe 2011. In: European Neuropsychopharmacology 21, S. 495-499, 2011

Risch, N. et al.:Interaction between the Serotonin Transporter Gene (5-HTTLPR), Stressful Life Events, and Risk of Depression: A Meta-Analysis. In: Journal of the American Medical Association 301, S. 2462-2471, 2009

Smith, D. F., Jakobsen, S.:Molecular Tools for Assessing Human Depression by Positron Emission Tomography. In: European Neuropsychopharmacology 19, S. 611-628, 2009

Steen, R. G. et al.:Brain Volume in First-Episode Schizophrenia. Systematic Review and Meta-Analysis of Magnetic Resonance Imaging Studies. In: The British Journal of Psychiatry 188, S. 510-518, 2006

Walter, H.:The Third Wave of Biological Psychiatry. In: Frontiers in Psychology 4, 582, 2013

Schreiben Sie uns!

1 Beitrag anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.