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Nichtlineare Optik: Das erste Bild einer Atombindung

Atombindung von Diamant

Photonen können Elektronen und unter Umständen auch Atomkerne zum Schwingen anregen, also polarisieren, so dass sich die Ausgangswelle durch das Medium weiterbewegt. Bisher war es aber nicht möglich, diese Manipulation an Materie durch Licht auf atomarer Ebene direkt zu beobachten. Physikern vom Lawrence Berkeley National Laboratory gelang das nun zum ersten Mal. Als Lupe diente ihnen eine Kombination aus extrem intensiven, kurzen Röntgenpulsen und etwas längeren Lichtpulsen eines optischen Lasers.

Atombindung von Diamant | Aus Messergebnissen berechnetes Bild durch die Kombination von optischen und Röntgenpulsen an Diamant. Die dunklen Punkte stellen die Kohlenstoffatome dar, die weißen und blauen Punkte die Ladungsschwerpunkte der Bindungen (Valenzelektronen) dazwischen. Ohne optische Pulse wären diese gleichverteilt, durch deren Einwirkung konzentrieren sie sich auf einer Seite des Atomkerns. Der Farbkode verdeutlicht den Unterschied zum Grundzustand: Verarmung (blau) und Anreicherung (weiß).

Die beiden Wellenbündel verändern die optischen Eigenschaften des Materials: Es sendet eine Welle aus, deren Frequenz sich aus den beiden Eingangsfrequenzen ergibt. Der Effekt war den Forschern schon länger bekannt, er wurde bereits 1971 theoretisch vorausgesagt. Aber erst jetzt konnten Thornton Glover und seine Kollegen ihn auch nutzen – mit Hilfe von sehr intensiven Röntgenquellen eines so genannten Freie-Elektronen-Lasers.

Die Technik verrät Einzelheiten über die Bindungselektronen eines Mateials: Sie informiert auf atomarem Niveau darüber, wie Bindungen geschlossen, verschoben oder zerrissen werden oder wie sich Leitungselektronen bilden. Dazu müssen die Forscher mit dem Lichtpuls die äußeren Elektronen, die zur kovalenten Bindung beitragen, gezielt polarisieren. Der gleichzeitige Röntgenpuls streut an dieser Oszillation und verändert dabei seine Frequenz. Somit dient der optische Lichtpuls also gleichzeitig als Störquelle und Untersuchungswerkzeug.

Die Wissenschaftler nahmen als Modellbeispiel Diamant genauer unter die Lupe, weil dessen Struktur und elektronische Eigenschaften gut bekannt sind. Sie berechneten dann aus dem detektierten Summensignal ein mikroskopisches Bild, in dem nicht nur die Zickzackanordnung der Atomkerne – das Kristallgitter – sichtbar, sondern auch erkennbar wird, wo die Bindungselektronen sitzen. Deutlich wird auch, dass sich die Ladungszentren auf eine Seite des Bindungsmittelpunkts verlagern, wenn Licht einfällt und die Bindungselektronen polarisiert. Ohne den Lichtpuls sind diese gleichmäßig links und rechts des Bindungsmittelpunkts verteilt. Photonen im optischen Bereich stören also die durch elektrostatische Anziehung hervorgerufenen chemischen Bindungen in Halbleitern, speziell im Diamanten.

Je nach Energie des optischen Pulses können die Wissenschaftler ihren Fokus wie beim Scharfstellen eines Mikroskops auf die Ebene der Bindung richten, die sie interessiert: Im Fall von Infrarotlicht konzentrieren sie sich auf die Ladungsschwerpunkte nahe den Atomkernen, die zur kovalenten Bindung beitragen. Wird UV-Licht genutzt, schauen sie auf den Bindungsmittelpunkt; das Summensignal ist hier jedoch 5000-mal schwächer.

In Zukunft wollen die Forschern zeitaufgelöst untersuchen, wie komplexe Systeme wie der Fotosyntheseapparat auf Licht reagieren. Dies soll klären, welchen quantenmechanisch möglichen Pfad ein durch Licht angeregtes Elektron wählt, um seine Energie zu übertragen. Dazu sind jedoch Röntgenlaser nötig, die deutlich mehr als die derzeit eingesetzten 100 Pulse pro Sekunde aussenden.

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