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Ornithologie: Klimawandel beschleunigt fliegende Albatrosse

Wanderalbatros

Eine der größten flugfähigen Vogelarten – der Wanderalbatros (Diomedea exulans) – zieht unerwarteten Profit aus der Erderwärmung: Die riesigen Seevögel aus dem südlichen Indischen Ozean erhalten für ihre Nahrungssuche auf See verstärkten Rückenwind und müssen deshalb nicht mehr so weite Strecken bis zu ihren Jagdgründen zurücklegen. Die Tiere wenden daher weniger Zeit und Energie für die Futtersuche auf, so dass sie nicht nur an Gewicht zulegen konnten, sondern auch ihren Bruterfolg steigerten, wie ein internationales Forscherteam um Henri Weimerskirch vom Centre d’Etudes Biologiques de Chizé beobachtete.

Wanderalbatros | Albatrosse gehören zu den größten flugfähigen Vögeln – und zu den elegantesten in der Luft ohnehin: Wochen- und monatelang können sie in den Winden gleiten und müssen dabei nur selten mit den Flügeln schlagen.

Bislang mussten die Albatrosse – die eine Flügelspannweite von mehr als drei Metern erreichen können – von ihren Brutkolonien auf den Crozetinseln zumeist nach Norden aufbrechen, um die für ihren Gleitflug optimalen Windverhältnisse zu erreichen. Wie alle Albtrosse können auch Wanderalbatrosse wochen- oder monatelang quasi auf den Luftströmungen reiten, um zu ihren von den Brutplätzen oft weit entfernten Fischgründen zu gelangen. Bis zu 3500 Kilometer können sie dabei für einen Jagdausflug zurücklegen. Während der letzten Jahrzehnte haben sich jedoch die Windverhältnisse in den subantarktischen Ozeanen verändert und zonal weiter nach Süden verlagert – was Klimatologen auf die Erderwärmung zurückführen: Durch veränderte Druckverhältnisse verlaufen die intensivsten Westwindströme nun weiter polwärts; zudem haben sich die Luftdruckgradienten und damit auch die Winde selbst verstärkt.

Die Albatrosse haben darauf reagiert und orientieren sich nun ebenfalls vermehrt südwärts, wie die Biologen mit Hilfe von winzigen Satellitensendern auf den Tieren überwachen konnten. Sie erreichen die von ihnen dort aufgesuchten Fischgründe wegen der stärkeren Winde schneller und sind deshalb kürzer auf See. Dadurch konnten die untersuchten Tiere ihr Durchschnittsgewicht während der letzten 20 Jahre um rund ein Kilogramm steigern, was etwa zehn Prozent ihres Körpergewichts entspricht. Zugleich erleichtert ihnen diese Zunahme die Navigation in den Stürmen, denn sie sind damit weniger stark den Gewalten der Böen ausgeliefert.

Und womöglich erkläre die energiesparende Umorientierung bei der Nahrungssuche auch, dass der Bruterfolg der Art in den letzten Jahren zunahm, so Weimerskirch. Die Paare sind in einem besseren körperlichen Zustand, können sich häufiger am Nest ablösen und mehr Futter für den Nachwuchs abliefern. Und: Sie steuern nun häufiger Regionen an, in denen keine Fangflotten der Hochseefischerei unterwegs sind – der Tod durch Ertrinken an den Langleinenhaken der Fischer bedroht viele Albatrosarten weltweit und betraf auch die Wanderalbatrosse. Momentan leben etwa 8000 Brutpaare rund um die Antarktis.

Einen Tropfen Bitterkeit träufeln die Autoren dennoch in ihren Bericht. Denn Klimaszenarien prognostizieren für 2080, dass sich die Westwinde noch weiter in Richtung Südpol verschieben könnten, so dass die Wanderalbatrosse wieder weiter fliegen müssten, um optimale Segelbedingungen zu finden.

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