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Paläoklima: Dryas-Kälteeinbruch erwärmte Südhalbkugel

Irishman Basin, Neuseeland
Die letzte Eiszeit wich aus Europa nur mit Widerstand, denn vor rund 13 000 Jahren kam es noch einmal zu einem drastischen Temperaturrückgang – eine Periode, die als Jüngere Dryas bezeichnet wird. Die bereits einsetzende Erwärmung wurde für rund 1000 Jahre gestoppt, und Gletscher rückten erneut aus den Gebirgen und der Arktis nach Mitteleuropa vor. Dieser Kälteeinbruch beschränkte sich jedoch nicht nur auf Teile der Nordhalbkugel, sondern beschleunigte sogar noch die Wiedererwärmung der Südhalbkugel.

Irishman Basin, Neuseeland | In diesem Hochtal auf der neuseeländischen Südinsel lag während der letzten Eiszeit ein Gletscher, dessen Spuren – etwa Moränen – noch wertvolle Rückschlüsse auf den Klimawandel vor 13 000 Jahren zulassen.
Zu diesem Schluss kommen Paläoklimatologen und Geochemiker um Michael Kaplan von der Columbia University in New York, nachdem sie unter anderem die prähistorischen Hinterlassenschaften eines neuseeländischen Gletschers untersucht hatten: Er bedeckte einst das Irishman-Becken der neuseeländischen Südinsel und hinterließ bei seinem Rückzug zahlreiche Ablagerungen, aus denen die Forscher Zeit, Geschwindigkeit und Wegstrecke der schwindenden Eiszunge nachvollziehen konnten. "Die neuseeländischen Gletscher zogen sich damals dramatisch zurück. Das legt nahe, dass sich tatsächliche weite Bereiche der Südhalbkugel inklusive der Antarktis rasch erwärmten", sagt Kaplan.

Zuvor schon hatten Eisbohrkerne vom Südpol einen weit gehend konstant nach oben weisenden Temperaturtrend gezeigt, der auch vor 13 000 Jahren anhielt – parallel zu steigenden Kohlendioxidwerten in der Atmosphäre. Die Erwärmung sorgte dafür, dass Neuseelands Gletscher innerhalb von 1000 Jahren um die Hälfte schrumpften. Dagegen zeigten sich nach den Erkenntnissen von Kaplans Team keine Hinweise auf einen neuerlichen Gletschervorstoß auf der Insel, als Europa wieder unter Eis und Schnee versank.

Feldforschung | Die Eiszunge im Irishman-Becken transportierte einst riesige Gesteinsbrocken. Ihre Lage und der Zeitpunkt, wann das Eis sie freigegeben hat, lassen Rückschlüsse auf das Tempo des damaligen Klimawandels zu.
Die Ursache für diese globalen Unterschiede suchen die Geowissenschaftler im Verhalten des Golfstroms während der Jüngeren Dryas und den daraus folgenden weltweiten Verwerfungen. Durch den Rückzug der dicken Eispanzer aus der Weichsel-Eiszeit hatten sich im nordamerikanischen Binnenland riesige Schmelzwasserseen gebildet, die sich plötzlich in einer gigantischen Sturzflut in den Atlantik entleerten. Das einströmende Süßwasser brachte die thermohaline Zirkulation des Ozeans zum Erliegen und drängte dadurch den Golfstrom weiter nach Süden ab: Statt wie heute bis in die subarktischen Gefilde vorzudringen und Nordeuropa zu wärmen, bog er bereits auf der Höhe Spaniens wieder gen Tropen um. In Grönland oder Großbritannien brachen daraufhin die Temperaturen um bis zu 15 Grad Celsius ein – zum Vorteil der Gletscher.

Dies habe eine globale Veränderung der Windgürtel bewirkt und warme Luft- und Wassermassen weiter nach Süden verdrängt, folgert Bob Anderson von der Columbia University. Dadurch verschärfte sich der Temperaturgradient zwischen beiden Hemisphären, was wiederum die Zirkulation im Südpolarmeer ankurbelte. Die Folge: Die verstärkte ozeanische Umwälzung setzte entsprechend mehr Kohlendioxid aus der Tiefsee frei, das letztlich die Erwärmung der Südhalbkugel zusätzlich antrieb – und die Dryas-Kaltzeit erfolgreich fernhielt. (dl)
  • Quellen
Kaplan, M. et al.: Glacier retreat in New Zealand during Younger Dryas stadial. In: Nature 467, S. 194–197, 2010.

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