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Quantenphysik: Erstmals Teleportation mit Atomen

In der Science-Fiction ist die Technik längst ein alter Hut: Per Teleportation werden Objekte in Sekundenbruchteilen an einen beliebigen Ort gebeamt, ohne dass sie sonst irgendwie bewegt werden müssten. Was in der Fantasiewelt prächtig funktioniert, ist in der Realität so nicht möglich. Aber immerhin: Information lässt sich teleportieren, und das offeriert bereits ungeahnte Möglichkeiten.
Ionenfalle
Teleportation löst Probleme – und das bereits seit den 1960er Jahren. Damals werkelten Gene Roddenberry und Robert Justman mit ihrem Team an einer neuen Science-Fiction-Serie. Doch die vielen geplanten Landungen auf fremden Planeten und die damit verbundenen hohen Kosten für filmische Spezialeffekte hätten wohl das Budget für die Produktion gesprengt. So war es Star-Trek-Erfinder Roddenberry – das zumindest wird kolportiert –, der sich einer Technik besann, die in einschlägiger Science-Fiction-Literatur bereits diskutiert wurde: die Teleportation. Mit dem "Beamen" – so das Fachwort für Teleportation im Star-Trek-Jargon – war das Budgetproblem elegant gelöst, und obendrein sorgte die futuristische Technik für manche Drehbuchidee. Schließlich funktionierte das Transportersystem nicht immer nach dem Willen von Captain Kirk und Co.

Geht es nach dem Willen von Wissenschaftlern, dann könnte die Technik in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlich der Menschheit zur Verfügung stehen – allerdings nicht ganz so, wie es uns Star Trek vormacht. Der Transport von Materie, ganz zu schweigen von Lebewesen, an einen beliebigen Ort innerhalb von Sekundenbruchteilen erscheint nach derzeitigem Wissensstand nach wie vor sehr, sehr unwahrscheinlich. Aber auf einer etwas bescheideneren Stufe funktioniert Teleportation durchaus – nämlich dann, wenn Informationen zu übertragen sind, um damit beispielsweise eine hundertprozentige Kopie anzufertigen.

Ionen in der Falle | Bild der drei Ionen, die für das Innsbrucker Experiment genutzt wurden. Der Abstand der Ionen beträgt hier 8 Mikrometer. Im Experiment waren die Teilchen jedoch nur 5 Mikrometer voneinander entfernt.
Von Quantenteleportation ist Rede. Ausgenutzt wird hierbei eine spukhafte Fernwirkung von Teilchen, die uns die Quantenmechanik einräumt. So lassen sich mehrere Teilchen durch trickreiche Technik in einen Zustand der Verschränkung versetzen, in dem sie nicht mehr unabhängig voneinander sind. Im Gegenteil: Wird der quantenmechanische Zustand eines Teilchens – beispielsweise die Polarisation eines Photons – ausgelesen, dann wird im selben Moment auch die Eigenschaft der Partnerteilchen festgelegt. Der Zustand der Teilchen wird also übertragen oder eben teleportiert. Das nun aber öffnet Tür und Tor für allerlei ungewöhnliche Anwendungen. Der Quantencomputer sei dabei genannt, mit dem dereinst auf einen Schlag langwierige Rechenoperationen erledigt werden könnten.

Rainer Blatt | Rainer Blatt, Direktor des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Universität Innsbruck, ist von den Möglichkeiten der Quantenteleportation für die zukünftige Informationsverarbeitung überzeugt.
Bislang teleportierten Wissenschaftler in erster Linie Photonen, also Lichtteilchen. Nun ist es gleich zwei Teams erstmals gelungen, die Quanteneigenschaften von Atomen zu übertragen. Die Forscher um Mark Riebe von der Universität Innsbruck wählten zusammen mit Kollegen des Los Alamos National Laboratory Kalzium-Ionen für ihr Experiment [1]. Am National Institute of Standards and Technology (NIST) entschieden sich die Wissenschaftler um MD Barrett hingegen für Beryllium-Ionen [2]. Wenngleich sich die Experimente im Detail durchaus unterscheiden, so folgten doch beide Gruppen einem Prinzip, das bereits in den 1990er Jahren von Charles Bennett formuliert wurde.

Dazu kühlten die Forscher in Innsbruck beispielweise einzelne, ionisierte Kalzium-Atome auf extrem niedrige Temperaturen ab – nur wenige Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Dabei konnten die Wissenschaftler die Quantenzustände der Kalzium-Ionen mit Lasern sehr genau kontrollieren und zunächst zwei Ionen miteinander verschränken. Anschließend wurde der Zustand eines dritten Ions, dessen quantenmechanische Information teleportiert werden sollte, vorbereitet und zusammen mit einem der beiden verschränkten Ionen gemessen. Durch die Messung dieses Paares und eine Reihe von Laserpulsen, die abhängig vom Ergebnis dieser Messung eingestrahlt wurden, ließ sich der Zustand des zu teleportierenden Ions auf das verbleibende Ion über eine Entfernung von einigen Mikrometern übertragen. Die Erfolgsquote hierfür lag bei 75 Prozent. Rund 78 Prozent erreichten die Wissenschaftler am NIST mit ihren Beryllium-Ionen.

Ganz ähnliche Vorgänge, so spekulieren die Forscher, könnten irgendwann tatsächlich für die schnelle Übertragung von Information in einem Quantencomputer sorgen. Jedenfalls erscheint der Quantencomputer – in welcher Form auch immer – damit viel greifbarer als irgendeine Form der Teleportation von Materie. Das aktuelle Experiment zeige die Möglichkeit für eine zukünftige hochmoderne technologische Nutzung von Quanteninformationsverarbeitung auf, wie Rainer Blatt, Leiter der Innsbrucker Forschungsgruppe, meint und ergänzt: "Durch geschicktes Anwenden der grundlegenden Eigenschaften quantenmechanischer Systeme kann diese Technologie wesentlich leistungsfähiger Daten verarbeiten und kommunizieren, als dies zurzeit mit den modernsten Supercomputern möglich ist."

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