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Das IMBP und das schwächste Glied der Kette auf dem Weg zum Mars: der Mensch

Nachdem wir uns in den letzten Exkursionen in die russischen Raumfahrt eher mit den Systemen, die man im All zum Überleben braucht, beschäftigt haben, wollen wir uns heute mit dem Hauptnutzer all jener Systeme beschäftigen – dem Menschen, als schwächstes Glied in der Kette auf dem Weg zum Mars.
Vanessa und Nadine vor dem Modul
Dazu treffen wir uns um 10 Uhr mit Herrn Zotow und Herrn Malozemow, die uns den Weg in das IMBP (Institut für biomedizinische Probleme) ermöglichen. Hier sind wir nun am Ziel unserer Mission angekommen. Hier läuft die Vorbereitung auf dem bemannten Marsflug, bei welcher die Astronauten und Kosmonauten zuerst um die drei Jahre in einer Kapsel eingeschlossen sind, sodass Psychologen genaue Informationen über den Menschen erhalten können. Alle möglichen Probleme müssen vorher getestet und auf den Menschen erprobt werden. Genau darüber werden wir heute, zusammen mit unseren Gastgeschwistern mehr erfahren.

Astronauten-Container | Die Mission 3 mit den Gastgeschwistern und den Professoren. Mal schaun was uns in der Kapsel hinter uns erwartet

Der Vortrag

Von dem leitenden Professor für diese Vorbereitung, Professor Demin, werden wir bereits in seinem Büro erwarteten. Denn bevor wir das Modul betreten dürfen, müssen wir einiges über den Marsflug und die Vorraussetzungen die dabei herrschen werden, erfahren.

Vor sieben Jahren hat das Projekt begonnen. Am Anfang gab es viele Diskussionen, wozu all die Experimente gemacht werden, da man sich es zum Ziel gesetzt hatte, in dreißig Jahren zum Mars zu fliegen. Es sei noch viel Zeit bis dahin, aber man hat in den sieben Jahren schnell gemerkt, dass das Zeitlimit von dreißig Jahren sehr knapp werden kann. In diesen dreißig Jahren werden drei Experimente ausgeführt. Das erste Experiment wird 2008 gestartet und läuft drei Jahre. Hier muss alles simuliert werden, denn auf dem Weg zum Mars sind die Besatzungsmitglieder alleine und auf sich selbst angewiesen.

Man kann die Kapsel im Gegensatz zum Orbitalflug nicht von der Erde aus steuern im Notfall, eine Funkverbindung zur Erde dauert 40 Minuten und die Belastung der Gesundheit ist bei solch einem Flug ebenfalls um ein Vielfaches höher als bei einem Orbitalflug.

Der Aufenthalt auf dem Mars ist circa eine Woche. Diese besteht aus gerade einem Tag Erholungsphase, die nach einem Flug zur ISS zurück auf die Erde eine Woche beträgt, die restlichen Tage müssen die Besatzungsmitglieder arbeiten und so viele Informationen über den roten Planeten erhalten wie möglich. Auf dem Mars herrscht zudem auch noch eine hohe kosmische Strahlung, die man nicht abschirmen kann.

Bei solch einer abenteuerlichen Reise ist ein "Team", in welchem sich jeder auf jeden verlassen kann unabdinglich. Jedes Besatzungsmitglied muss viele Fachbereiche abdecken, d.h. von Arzt bis Ingenieur alles drauf haben. Das Selbstmanagement der Crew ist sehr wichtig, da man von der Erde aus zwar beraten kann, jedoch kann man nicht eingreifen und von der Erde aus etwas unternehmen.

Bei dem ersten Experiment ist vor allem wichtig, dass das Leben, die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit unter keinen Umständen in Gefahr ist.

Für das zweite Experimenten werden zu dem jetzigen Zeitpunkt schon alle Anlagen vorbereitet. Man muss hierbei testen ob der Mensch mit den Maschinen zusammenarbeiten kann. Bei dem dritten und letzten Experiment wird ein Nachbau von dem richtigen Marsmodul genutzt, damit einmal eine Marsmission simuliert worden ist und man sich sicher sein kann, alles getestet zu haben, um eine größtmögliche Sicherheit für die Besatzung gewährleisten zu können.

Die Versuchsgruppe für das erste Experiment wird bis zum 19. Juni 2007 ausgewählt. Es werden Männer und Frauen zwischen 25 und 50 Jahren gesucht. Wer also Interesse hat, 500 bis 700 Tage von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, kann sich jetzt schon melden ;-)

Was hier bei einem Besatzungsmitglied vorausgesetzt wird, ist eine sprachliche Kompetenz (Hauptsprachen sind natürlich Englisch und Russisch, auch wenn es eine internationale Besatzung werden soll), Fachkenntnis auf vielen Gebieten, ein psychologisch gut geeigneter Charakter und das Bestehen einer medizinischen Untersuchung. Letztere ist sehr streng und wird auch immer wieder durchgeführt, um einen Eindruck der medizinischen Lage eines Menschen über einen längeren Zeitraum zu erhalten.

Das Experiment muss isoliert ablaufen, d.h. kein Kontakt zur Außenwelt. Lediglich Psychologen können Kontakt zu den Besatzungsmitgliedern aufnehmen.

Die Kapsel besteht aus mehreren Einheiten. Es gibt 150 Kubikmeter Wohnraum, in welchem sich auch sechs Einzelzimmer für jedes Besatzungsmitglied befinden, 100 Kubikmeter für die medizinische Abteilung, 50 für die Landekapsel auf dem Mars und 250 Kubikmeter Trainingsraum, der natürlich wie auf der ISS jeden Tag genutzt werden muss.

Außerdem gibt es auch die Möglichkeit auf den "Mars" zu gehen. Es gibt, an das Modul angeschlossen, eine kleine Imitation der Oberfläche und der Bedingungen wie sie auch auf dem Mars sind, um dort zu trainieren.

Uns wird auch der Tagesplan der Besatzungsmitglieder vorgestellt, der sehr strikt geplant ist, aber natürlich auch Freiraum für die Besatzungsmitglieder enthält.

Das Modul

Nun kommt der Höhepunkt des heutigen Tages, der Besuch des Moduls, in welchem die sechs Besatzungsmitglieder ab 2008 drei Jahre leben müssen.

Arbeit im Modul | Auf dem Weg in das Innere des Moduls. Hier sieht es nach Arbeit aus.

Als wir die Halle betreten, fällt uns auf, dass hier noch viel gearbeitet wird. Stahlrohre stehen herum und vereinzelt kann man schon die verschiedenen Teile des Klos sehen. Jedoch soll der Wohnbereich schon fast fertig sein und wir werden von Herrn Demin eingeladen, uns diesen anzuschauen. Natürlich nehmen wir diese Einladung sofort an und machen uns durch die Module auf den Weg zum Wohnbereich. In dem ersten Modul, welches später den Trainingsraum beherbergen soll, sieht man schon einige Raumstrukturen. Hier sind noch einige Schweißer am Werk, welche die Grundstruktur einpassen.

Alles ist sehr dunkel und wir haben etwas Angst, uns den Kopf zu stoßen oder gar irgendetwas kaputt zu machen. Kurz bevor wir den Wohnungsraum durch eine enge Luke betreten, müssen wir noch Überschuhe anziehen, um nicht den Boden zu verdrecken oder zu verkratzen.

Nachdem wir uns alle mit den verschiedensten Bewegungen durch die Luke bemüht hatten, stehen wir in dem Aufenthaltsraum. Hier ist alles kühl klimatisiert und die Decke wie der Boden und die Wände aus Holz. Uns erinnert das alles an einen Campingwagen, jedoch ist hier die Innenausstattung magerer gehalten.

An den Aufenthaltsraum ist ein sehr schmaler Gang angeschlossen, der zu den sechs Schlafzimmern führt. Diese sind sehr schlicht gehalten, sehen alles gleich aus und haben es sieht aus wie in einer Schiffskajüte, die allerdings weder bewohnt noch beheizt ist. Das liegt aber eher daran, dass die Module noch nicht in Betrieb sind. Nadine legt sich auf eines der Betten und muss feststellen, dass die Betten nicht sehr komfortabel sind und wir uns Sorgen um den Rücken der Besatzungsmitglieder machen. Das Bett ist gerade 2 Meter lang und nur vielleicht 80 Zentimeter breit.

Astronauten-Kajüte | So sieht ein Zimmer aus – Campingwagen lässt grüßen!

Die Küche ist ebenfalls zu klein gehalten, wie in einem Campingwagen. Jedoch hat man verhältnismäßig viel Platz um zu sitzen und zu entspannen. Im hinteren Teil des Wohnraums befindet sich der Kontrollraum für das Wohnungsmodul. Hier ist ebenfalls alles sehr spartanisch eingerichtet.

Diese ganze Baustelle hier erinnert uns ein wenig an unsere Moonbuggyarbeit. Zuerst hat man nur das Grundgerüst und nach und nach nimmt das Projekt Gestalt an. Auch der Flex- und Schweißgeruch liegt in der Luft.

Nach dem kurzen Besuch in den Modulen, ziehen wir wieder die Überschuhe aus und klettern zurück an das Tageslicht. Sobald wir draußen stehen, wird uns bewusst, was wir gerade anschauen und anfassen durften. Diese Module und allgemein der Versuch läuft unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Diese Module haben von innen vielleicht die Handwerker und ein zwei andere Menschen gesehen, die darüber Stillschweigen bewahren müssen, bis in drei Jahren alles der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann.

Wir verabschieden uns von der Halle und Herrn Demin nur ungern und überreichen ihm unser Missions T-Shirt, das er überrascht entgegen nimmt. Das hätte er nicht erwartet. Wir hätten allerdings auch nicht erwartet, solch einen Anblick geboten zu bekommen.

Nun wissen wir, wo die Raumfahrt der nächsten Jahrzehnte hinführt und wir sind beim Start dabei.

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