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Kommentare - - Seite 93

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • O Robogott im Dosenhimmel, erlösen wir uns durch dich von uns selbst?

    02.12.2021, Paul S
    Dass Menschen zum Kotzen sind, heißt nicht gleich, dass man sie verachten muss. Ist zwar die instinktive Default-Reaktion, aber dadurch beweist man nur, dass man genauso zum Kotzen ist, wie alle anderen auch. Nicht, dass ich sie mir oft genug verkneifen könnte, doch Arroganz ist ein Symptom des Scheiterns an der eigenen Schwäche. Auch bei Transhumanisten.

    Wenn man geerbt hat, kann man so dumm oder intelligent sein, wie man will, man lernt nicht mal Gänse hüten. Dummheit ist die logische Konsequenz von Reichtum, Wohlstand, Glück: Wer nicht hat, bewegt sich, wer hat, bleibt stehen. Auch mental.

    Deswegen gibt’s ja das ganze Leid auf der Welt: Die Evolution reitet uns wie Esel, vor der Nase baumelt die Karotte an der Angel, nach der wir ständig schnappen, doch nur gerade häufig genug einen Biss abbekommen, dass wir nicht resignieren, hinten die Peitsche auf den Hintern, damit wir nicht zu behäbig werden – whatever works, Hauptsache, es geht voran. All unser Streben nach Glück ist ein Streben nach Stillstand, es gibt weder Zeit noch Action in Himmel, Paradies, Nirwana. Wir wollen stabile Bahnen. Außerdem noch das Gegenteil, denn Glück bedeutet im Grunde, sich gegenseitig ausschließende Sehnsüchte nach Sicherheit, Freiheit und Frieden in Balance zu halten, sodass wir es eigentlich nur finden können, wenn wir ständig um deren gemeinsamen Schwerpunkt kreisen – doch das ist dann die stabile Bahn, auf der wir als Spiralnudel-Welle durch die Zeit rasen.

    Intelligenz, Arbeit, Leistung, sind also kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug zum Schutze der Dummheit: Sie stabilisieren die Bahnen, verhindern Störungen, erhalten ein Netzwerk aus Kreisläufen und Wiederholungen, erlauben nur Schwankungen, die sich in Grenzen halten. Glück erreiche ich, indem ich mein Hirn mit Hormonen flute, dass bestimmte Dinge glücklich machen, liegt daran, dass sie den inneren Dealer auf Trab bringen – die Evolution kontrolliert uns, wie der Zuhälter seinen Crackhuren-Stall. Es gibt nämlich so viele Interferenzen, dass das Stabilisieren der Bahnen ein Fulltime-Job ist, zu stressig für Glück, weswegen schon die Bakterie auf die Idee gekommen ist, sie auf Roboter abzuwälzen: Und Gott war allein am Anfang und erschuf sich lauter Engel als Personal, vermasselte also die Zellteilung und hüllte sich in verkrüppelte, abhängige Kopien seiner selbst, die er durch Zuckerbrot und Peitsche (oder Stick and Carrot, falls Gott Engländer war) lenken konnte (das klappte dann so gut, dass er seinen besten Mann zu Peitsche und Qualitätssicherung abkommandieren musste, damit das Pack nicht bloß faul durch den Urozean trieb und zu glücklichem Schleimklumpen degenerierte, der mit jeder plötzlich auftauchenden Herausforderung überfordert war, wie irgend so ein dahergelaufenes Deutschland).

    Später fiel die gleiche geniale Idee auch dem Alphamännchen ein, sodass es seine Äffchensippe immer mehr zu abhängigen Sklaven umerzog, spezialisierten Werkzeugen, die ihm als ferngesteuerte Hände dienten, und damit machen unsere Alphas bis heute weiter. Die Welt ist längst eine hierarchisch geordnete Maschinerie, die im Grunde nur dazu da ist, die Reichen und Mächtigen reicher, mächtiger und glücklicher zu machen, der Rest darf nur ein wenig von dem Zeug naschen, das durch die Hierarchie vom Weizenfeld unten zum Herrentisch oben weitergereicht wird. Die Verwandtschaft zu Biorobotern zu züchten, klappte so gut, dass wir es nur ansatzweise mit anderen Spezies versucht haben. Was wäre, hätte jemand vor zehntausend Jahren angefangen, Hunde auf Intelligenz und Geschick zu züchten? Hätten wir das mit dem Wasseraffen durchgezogen, wären wir eine Symbiose mit den Tintenfischen eingegangen – wären wir heute Robben mit Flossen statt Händen, schwimmende Köpfe mit einer ausgefeilten Sprache, um lebende, achtarmige Hände fernzusteuern, wie Seine Durchlaucht Prinz von Jabba zu Hut seinen Butler? Vielleicht gab's das schon mal, in irgendeinem Korallenriff, doch das Meeresparadies war zu satt und glücklich, um den weniger glücklichen, durch Hunger besser motivierten Primaten zu widerstehen, die eine Symbiose mit Stock und Stein eingegangen waren?

    Das Muster wiederholt sich quer durchs Universum, von Atomen bis Galaxienhaufen: Innen Zellkern, außen schützende Schale, dazwischen die heile, geordnete Welt, die zum Selbsterhalt der Zelle benötigt wird, weich und flexibel genug für diese Funktion, doch stabil und glücklich genug, um nicht abhauen zu wollen. Ist also recht wahrscheinlich, dass auch wir es wiederholen.

    Tun wir ja auch gerade: Je besser Wissenschaft und Technologie unsere Probleme lösen können, desto mehr können wir es uns leisten, zu verdummen. Doch die immer mächtigeren Werkzeuge der Technologie und Wissenschaft stehen uns dann auch zur Verfügung, um immer größere Dummheiten zu begehen. Das Wettrüsten zwischen Intelligenz und Dummheit geht nicht ewig gut, es sei denn, die Intelligenz schafft es, die Dummheit zu entsorgen. Das tut sie, indem sie uns mit Glück dopt, uns immer mehr Spielzeuge, immer bessere VR-Welten zur Verfügung stellt, die der Realität haushoch überlegen sind. Wer Orks in der Matrix schlachten kann, sucht sie nicht an der Ostfront, wer virtuell Supergott sein kann, kehrt ungern an einen Ort zurück, an dem er nur als Gammelfleischklumpen die Couch voll schwitzt und für die eigene Familie weniger Bedeutung hat, als eine Coladose voller Viren, wer dumm ist und mit seiner Allweisheit brillieren möchte, strickt sich eine simple Welt, für die seine Weisheit ausreicht. Die Matrix ist das Zuckerbrot, die Wirklichkeit die Peitsche.

    Dabei gibt’s bislang zwei Probleme: Facebook hat eine scheiß Grafik, verglichen mit der Realität, und der Sack in der fleckigen Unterhose juckt Gott auch dann, wenn er online die Sünder mit Blitz und Donner niederschmettert – an der Matrix-Qualität müssen wir noch arbeiten. Doch auch an der Qualität unserer Robotersklaven mangelt's noch, denn noch müssen wir deren Job selber machen: Der größte Teil unserer Leben besteht immer noch aus Hausmeisterarbeiten, um die Metaphysik der Matrix zu wahren, die physische Realität, in die sie eingebettet, von der sie abhängig ist. Dabei gibt’s natürlich Zwiebelschalen und Hierarchien, die Sklaven Europas hocken in Drittwelt-Sweatshops. Je mehr der Job einen zum Standardwerkzeug degradiert, desto weniger beliebt ist er, denn Standardwerkzeuge gibt’s vom Fließband, Ersetzbarkeit sorgt für geringen Marktwert, schlechte Arbeits-Leistungs-Deals und geringe Überlebenschancen für Leib und Gen. Wir sind nicht frei, weil wir es uns erkämpft hätten – wir haben uns nur so sehr vermehrt, dass wir von wertvollem Eigentum zu billigen Ex-und-Hopp-Einwegprodukten geworden sind, wir werden nicht gepflegt und im Werkzeugkoffer aufbewahrt, sondern verbraucht, weggeworfen und ersetzt. Andererseits wirkt die Masse der Einwegprodukte als demokratisches Gegengewicht, sodass wir uns da irgendwie mit unseren Massas und Zellkernen arrangiert haben.

    Wir gehen verschiedene Wege, doch im Grunde ist alles der Weg des Einzellers: Am Ende landen wir in der Nirwana-Dose, ewiges Glück ohne Hinterfragen, wo es herkommen mag, Embryos im Maschinen-Mutterleib, der uns ohne unser Zutun erhält, der seinen Lebenssinn und seine Motivation daraus bezieht, uns zu dienen, weil unsere Chef-KI den Strom und die Ersatzteile so verteilt, dass die Maschinen nur dadurch leben, existieren, glücklich werden können – eine Art simulierte natürliche Selektion, je besser der Diener, desto glücklicher darf er sein. Also das, was das Universum schon jetzt mit uns macht. Magna Mater Matrix auf allen Fraktalebenen, wie im Himmel, so auf Erden hinterm Kinderwagen im Park.

    Ich selbst habe keinen Bock auf Nirwana, lieber erweitere ich mein Hirn per KI, sodass ich mithalten und das All erforschen kann. Doch dann muss ich auch Sicherheitsvorkehrungen einbauen, damit meine menschliche Natur nicht das ganze Projekt kaputtmacht, also kann ich Teile von mir entweder töten, oder auf Nirwana umleiten. Kommt aufs Gleiche raus – ich werde mich als Fortsetzung meiner selbst verstehen, doch mir fremder sein, als jedes Lebewesen, das heute auf dem Planeten rumwieselt (zu dem Zeitpunkt, an dem ich das schreibe – wenn Sie das lesen, sind ja wieder ein paar Spezies futsch, die von Mutter Natur für veraltet befunden wurden). Es gibt viele Möglichkeiten und Szenarien, aber es läuft alles aufs Selbe hinaus: Der Mensch hat seine Schuldigkeit getan, der Mensch kann gehen. Ob ins Grab oder ins Paradies, bleibt ihm überlassen.

    Schätze mal, das Grab für die arme Mehrheit, das Paradies für die reiche Minderheit. Es sei denn, wir geben uns ein Bisschen mehr Mühe.
  • KI und Mensch

    22.11.2021, Wolfgang Stegemann
    Es ist schon ein merkwürdiges Verhältnis zwischen KI und Neurowissenschaft. Es mutet an, als würde man ständig an einander vorbei reden. KI will Bewusstsein mit künstlichen neuronalen Netzen nachbilden, die Neurowissenschaft nimmt die Analogie der künstlichen Netze, um das menschliche Gehirn zu erklären. Ein Zirkelschluss. Man scheint zu vergessen, dass auf der einen Seite eine Maschine steht, auf der anderen ein Organ aus Fleisch und Blut.
    Metaphern für das Gehirn gab es schon vor den Computern. Als die alten Ägypter die ersten Bewässerungsanlagen bauten, stellte man eine Analogie zum Menschen her. Man sprach fortan von Kanalsystemen, die den Körper durchqueren, mit der Industrialisierung rückte die Maschine in den Fokus.
    Es ist durchaus denkbar, Maschinen menschenähnliches Bewusstsein zu verleihen. Dafür ist es aber notwendig, das Prinzip menschlichen Denkens zu benennen, oder besser: das Prinzip, nach denen Leben ganz allgemein 'funktioniert', und das heißt Selbstorganisation. Man muss diesen Begriff allerdings, soll er nicht nur Worthülse bleiben, konkretisieren. Und man muss ihn abgrenzen zu solchen Prozessen der unbelebten Natur. Erst dann kann herausgearbeitet werden, wie das Gehirn aus chaotischen Reizen Ordnung schafft, wie diese Strukturen durch Überlagerung Unschärfe produziert, welche zum Überleben äußerst wichtig ist. Dem JA/NEIN der KI steht das VIELLEICHT des menschlichen Denkens gegenüber. Zuletzt spielt die spezifische funktionelle Architektur eine Rolle, in deren Zentrum das ICH als Steuerungseinheit liegt. Schließlich geht es weniger um den Aspekt des Rechnens, sondern eher den der Anpassung. Und diese setzt sowohl Subjekt wie Objekt voraus.
    Muss man denn überhaupt eine Konvergenz zwischen Maschine und Mensch anstreben? Vielleicht ist es besser, dass maschinen intelligente Idioten bleiben.
  • Rule, roles, rules - People to the power

    20.11.2021, Paul S
    Wenn ich mir die Menschenrechte im Grundgesetz durchlese, steht da, ich habe Wischiwaschi, das aufgrund von Dafürhalten außer Kraft gesetzt werden kann. Was die Worthülsen bedeuten, entscheiden die Auguren, Sterndeuter, Hohepriester, Orakel und Schriftgelehrten am Hofe des Pharao, oder wie die heute heißen, die üblichen Verdächtigen also, die dem Pöbel schon immer den Willen der Götter, offenbart in Bibel, Koran und Schafseingeweiden, verkündet haben. Da die Philosophen auch dazu gehören, können sie die Verfassung ändern, ohne einen Buchstaben darin anzurühren, indem sie die dahinter liegende Ideologie und Interpretationen modifizieren. Für manche Philosophen bedeutet das, sie herrschen bereits kräftig mit. Für Herrschaft allgemein bedeutet es, dass wir dazu neigen, in alte Muster zurückzufallen, ganz egal, was für ein politisches System wir uns aus den Fingern gesaugt haben, um uns vor uns selbst zu schützen.

    Problem ist nicht so sehr, welcher Mensch herrscht, sondern, dass ein Mensch herrscht, denn Macht macht so komische Sachen mit unseren Köpfchen. Im Grunde verhalten sich alle gleich, ob König oder Bettler, Philosoph oder Schläger, es sieht nur anders aus, weil ihre Position im System sich unterscheidet. Sieht man zum Beispiel an der AfD – nach oben hin, beteiligt sie sich am „gib mir, gib mir!“ der Armen, nach unten, am „geb nix, geb nix!“ der Reichen. Europäer verhalten sich dem Rest des Planeten gegenüber nicht anders, als die Puder-Aristokraten Frankreichs gegenüber den Bauern, doch innerhalb Europas gibt es eigene Unterscheidungen in Bauern und Adel. Der König im Haus und Kurfürst im Büro ist gleichzeitig Lustknabe, wenn der Kaiser ihn ins Chefbüro ruft – wir wechseln die Rollen und Mentalitäten in Sekundenbruchteilen, abhängig vom Machtgefüge des Moments, ohne viel davon zu merken.

    Dann sind Menschen auch nur intelligent im Rahmen ihrer Spezialisierung. Einstein wäre ziemlich dumm als Schuster oder Windows-Programmierer. Und wenn man Einstein, Schuster und Windows-Programmierer zusammentut, hängt es von der Art ihrer Zusammenarbeit ab, ob sich dadurch ihre Intelligenz verstärkt, oder die kollektive Dummheit alle Intelligenz unterdrückt. Bei großen Gruppen steigt die Wahrscheinlichkeit fürs Letztere, weil die vielfältigen zwischenmenschlichen Verschaltungen viel mehr Fehler erlauben. Otto Normalverbraucher ist darauf spezialisiert, ein winziges Stück Staat und Gesellschaft in Schuss zu halten: Sein eigenes Leben. Er verwaltet seinen eigenen Lego-Stein, die Lego-Burg verwaltet der König. Fragt man Otto nach Politik, zeigt er etwa so viel Verständnis und Intelligenz, wie der König, wenn Otto ihm sagt: „Hol mal das Silberdingsda aus der Schublade mit den Sachen von die Oma“. Jeder ist dem anderen hilflos ausgeliefert, kann seinen Job nicht machen, wenn der Andere den seinen nicht macht, und das Versagen des Einen zieht unweigerlich das Versagen des Anderen nach sich. Den König verwaltet den Staat wie der Bürger seinen Schrebergarten, und weil das Volk kollektiv etwa so viel Verstand zeigt wie Moos, wird es auch wie Moos behandelt.

    Egal, wen ich in welche Position einsetze: Die Position hat ihre eigenen Blickwinkel und Machtbeziehungen, und die verändern den Eingesetzten. Erst wenn ich die Position geschaffen und verstanden habe, kann ich Individuen suchen, die von ihr am wenigsten korrumpiert werden. Wie das gehen soll, weiß ich nicht, aber ich weiß – wenn ich Philosophen oder Kuhhirten zur Herrscherkaste mache, werden alle Machtgeilen der Welt zu Philosophen und Kuhhirten, und mit Geld und Macht ändern sie die Definitionen und Anforderungen so, wie es ihnen nützt. Nicht, dass z.B. höhere Bildung an sich zu unterschätzen wäre. Die Genies von Harvard haben's sogar hinbekommen, Dubbya einen akademischen Titel zu verpassen!

    Wenn ich an Herrschaft denke, denke ich an Lee Iacocca: First, I let everyone speak their mind. Then, I decide. Demokratien versuchen, jeden mitreden zu lassen, mit dem Ergebnis, dass Mehrheiten Minderheiten unterbuttern und Debatten Entscheidungen ersetzen, sodass wir willenlos vor uns hindümpeln. Diktaturen, autoritäre Systeme taugen grundsätzlich als Gegenargument für sich selbst, warum genau, erklärt Ihnen die halbe Bibliothek des Pharao. Doch am Ende muss ein Pharao die Entscheidungen für Staat und Gesellschaft treffen. Jemand, der nicht alle anhören kann, sondern nur eine ausgewählte Gruppe, einen Beraterstab. Der Pharao kann natürlich auch zwei, drei Leute sein, doch bei allzu vielen wird’s langsam, kompliziert, chaotisch und eng im Sarkophag. Wir vertrauen unsere Existenz jemandem an, dem wir vertrauen müssen und nie vertrauen können.

    Die Frage nach der Herrschaft der Philosophen entspringt also einer sehr naiven Philosophie der Macht. Die Geisteshaltung des Philosophen folgt oft – nicht immer! – aus der Machtlosigkeit, wer keine Verantwortung trägt, ist in seinen Gedanken frei und kann Wagnisse eingehen, Gedankenexperimente durchführen, sich in Fallstricken verheddern, ohne seine Mitmenschen allzu krass in Mitleidenschaft zu ziehen. Um seinen Job gründlich zu machen, braucht er entsprechend viel Zeit. Er ist Forschungsreisender, des Königs Spionagesatellit im Orbit der Gesellschaft, ein ausgelagertes Zweithirn des Herrschers, das sich mit Dingen beschäftigt, die der Herrscher berücksichtigen muss, ohne sich ihnen ausreichend widmen zu können. Es produziert spezielle Ergebnisse für ein anderes, das darauf spezialisiert sein sollte, die Weisheit mehrerer Hirne auf sinnvolle Weise zu nützen und zu bündeln.

    Dennoch kann Philosophie wichtig werden, wenn sie sich als Bindeglied zwischen Wissenschaften und zwischen der Lebenswirklichkeit versteht. Wenn der Staat eine riesige Party ist, in der alle fressen, huren und sich untern Tisch saufen, ist die Staatsphilosophie egal, denn er regiert sich kinderleicht und von selber. Doch wenn das Futter verteilt, beschafft, verteidigt werden muss, wird’s plötzlich sehr wichtig, ob der Koch zum Klempner taugt, oder der Bock zum Gärtner. Plötzlich muss man den Unterschied zwischen der Kurzzeitvernunft erkennen, sich einfach den nächsten Teller Suppe einzuschenken, der Langzeitvernunft, die Suppe lieber einzulagern oder zu verteilen, und der Vernunft des Idealisten, der die Suppe auch dann fair verteilt, wenn sich keine rationalen Gründe dafür finden, denn die Vernunft des Idealismus zeigt sich in Erfolgen, die sich nur schwerlich mit ihm in Verbindung bringen lassen. Es wird wichtig, zu verstehen, dass ein Job, der auf den humanistischen Menschen zugeschnitten wurde, von jedem echten Menschen verbockt wird, weil das humanistische Menschenbild mit dem Menschen weniger zu tun hat, als ein lila Einhorn auf Rollschuhen. Der ganze Pfusch und Schlendrian, der sich daraus ergibt, dass wir einfach das Dafürhalten irgendwelcher selbstgerechten, rassistischen Steinzeit-Sklavenhalter heiliggesprochen und nie so richtig einem Reality Check unterzogen haben, rächt sich in mörderischer Weise.

    Wunder gibt’s nicht, wir verbessern unsere Gesellschaften durch Versuch und Irrtum. Ein Irrtum, aus dem man gelernt hat, war keiner, es war ein Experiment. Bis jetzt fahren wir nur einen Irrtum gegen die Wand, doch die Philosophie kann dazu beitragen, ihn durch Auswertung zu einem lehrreichen Experiment zu machen und das nächste vorzubereiten. Das ist die Art von Herrschaft, die für Philosophen am geeignetsten scheint.
  • Philosophen als Staatsmänner ?

    20.11.2021, Christof Faber
    Mein Griechisch-Lehrer am humanistischen Gymnasium kommentierte im Jahr 1955 die Auffassung Platos, dass Philosophen den Staat lenken sollten, eher negativ - mit dem Hinweis, dass man ja am damaligen Ostblock sehen könne, was dabei herauskommt, wenn - in diesem Fall - marxistische Philosophen bestimmen, wo es lang gehen soll. Insofern sollte man bei Philosophen vorsichtig sein. Habermas z.B. wäre schon in Ordnung, aber bei manch anderen wäre ich skeptisch.
  • Kernkraft ist nicht CO2-neutral...

    17.11.2021, Christian Götz
    ... Kernkraft produziert je kWh Strom zwischen 3,7 und 110 g CO2. Das wusste man schon 2014 (IPCC); je nachdem welche Zahlen man hernimmt und ob man auch wirklich alles aufsummiert - also vom Ausgraben, dem Anreichern, Bau und Abbau des Kernkraftwerks (u.a. Beton!), der entsprechenden Zentrifugen und deren Bauten (schon wieder: u.a. Beton!), sowie dem Aufbau des entsprechenden Endlagers (nein, das ist nicht nur ne Höhle in nem Berg, da kommt u.a. auch Beton rein) - kommen mal mehr, mal weniger schicke Ergebnisse bei rum. Da allerdings immer ohne (!) GAU gerechnet. siehe: The World Nuclear Industry Status Report 2021, Diskussionsbeitrag: 10.5281/zenodo.5573719, oder auch: https://doi.org/10.1016/j.enpol.2021.112363

    Dem gegenüber stehen die CO2-Werte von Photovoltaik, Windkraft, Akkumulatoren und (so hoffe ich doch) einer endlich politisch angegangenen Großkraftwerkwirtschaft von Brennstoffzellen inklusive deren Recycling, um Überkapazitäten sinnvoll zwischen zu speichern.
    Der Einfachheit halber: https://www.dw.com/de/faktencheck-ist-atomenergie-klimafreundlich-was-kostet-strom-aus-kernkraft/a-59709250?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
    basiert auf dem Fraunhofer ISE.

    Denn wenn man schon über den Einsatz von Kernkraft spekuliert - die kWh Strom aus Brennstoffzellkraftwerken wird weder in €, noch in CO2 an die exorbitanten Werte der Kernkraft heranreichen.

    Und wer behauptet, dass das nicht möglich sei: einfach die Autoindustrie fragen, die sollen das ja mal im großen Stil als (im Vergleich) Minibrennstoffzelle geplant haben.

    Habe die Ehre.
  • Make love not war, der Krieg macht sich schon von alleine

    16.11.2021, Paul S
    Krieg gibt es, weil andere ihn auch führen. Frieden ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, ein Waffenstillstand, bis die Schäden des letzten Krieges behoben wurden, man aufgerüstet und sich mit Taktieren und Allianzen neu aufgestellt hat. Zwischendurch wird man reicher, korrupter, gieriger, vergisst, wie es das letzte Mal war, braucht neue Ressourcen zum Verschwenden und so steigen interne und externe Spannungen, bis es keine andere Möglichkeit gibt, sie zu entladen. Egal, wie friedliebend und tolerant Sie sind – wenn Sie einen Schwächeren sehen, müssen Sie ihn schlucken, sonst schluckt ihn jemand anders, und dann ist er groß und stark genug, um Sie zu schlucken. Oder der Kleine wird groß und beißt Ihnen in den Hintern, gleiches Szenario. Der Starke findet überall Freunde und Futter, der Schwache nur Feinde, auch wenn beide das Gleiche finden.

    Die Idee, keine Angriffs- und Eroberungskriege zu führen, ist nobel, doch sie setzte sich erst in einer Welt durch, in der der Westen alle Angriffs- und Eroberungskriege gewonnen hatte, den Rest der Welt dominierte und genüsslich plünderte und einfach nur den Status Quo wahren wollte. Seine beiden Teile, Ost und West, saugten viele Konflikte auf, ließen die Kleinen stellvertretend für sich kämpfen und so wurde der Kalte Krieg zu einem Eimer kaltes Wasser für die Hitzköpfe, der die Welt ruhig hielt. Doch als die Sowjetunion platzte, platzte auch die Weltordnung, und all die unterschwelligen Konflikte kommen wieder auf. Ob ein neuer Kalter Krieg zwischen USA und China Abhilfe schaffen kann, bleibt abzuwarten, denn der Westen ist höchstens Konflikten um den Pudding beim Mittagessen im Altenheim gewachsen, die wahrscheinlich der Pudding gewinnen wird, und China hatte schon immer Probleme, zu begreifen, dass es nicht auf dem Planeten China lebt, provoziert, wo es nur kann, ist zu instabil gebaut, um in einer instabilen Welt zu existieren, und ein Ballon mit so vielen Atomraketen kann sehr viel Krach machen, wenn er auf eine Nadel trifft.

    Moderner Pazifismus hat etwas von den berühmten letzten Worten Polen-Litauens: Wenn wir keinem gefährlich werden, hat auch keiner Grund, uns anzugreifen. Polen-Litauen, das ist in etwa die Location, wo die beiden ersten Teile vom Weltkrieg am grausamsten mordeten – der Putin stellt gerade klar, dass sie bei Teil 3 auch nicht gerade als Casablanca in der Schweiz davonkommen dürfte. Frieden ist etwas, was die Starken schaffen, nicht die Schwachen. Damit die Hells' Angels den Drogenmarkt kontrollieren, müssen sie erst mal die Konkurrenz ausschalten, und wenn die Polizei dumm genug ist, die Hells' Angels auszuschalten, geht das Gemetzel von vorne los – gleiches Prinzip.

    Beachten Sie bitte, dass nicht ich hier stramme rechte Parolen kloppe, sondern die Natur. Ich bin ein friedliebender Wiederkäuer, der auf all das keinen Bock hat, außer im Kino, und überlege, wie man die Schadensbegrenzung besser macht. Es gibt Heavy Metal, Filme, Fußball, Games – man kann den ganzen Spaß haben ohne das Grauen, aber der Teil, wo einem das Grauen die Tür eintritt, wenn man sich aus den Machtspielchen raushält, bleibt auch dann bestehen, wenn man sich die Decke übern Kopf zieht. Das hilft nur gegen Fantasiemonster, nicht gegen die echten, zu denen wir werden, wenn die Fantasiemonster unsere Köpfe schlucken.

    Was sich ändern kann, ist das Konzept des Staates und der Umgang mit den Besiegten. Der Nationalstaat hat den Zweck, alle Nationen auszurotten, bis auf Hindus und Han-Chinesen. Vielleicht schaffen auch die Anglophonen oder Araber es, eine gemeinsame Nation zu formen. Völkchen gibt’s in groß und klein, und alles, was die Existenz der Kleinen absichert, sind Zettelchen, etwa so wirksam, wie die Verträge der Indianer mit dem Großen Weißen Hai in Washington. Die Kleinen werden früher oder später gefressen, und weil sie das genau wissen, lassen sie keine Gelegenheit aus, noch Kleinere zu fressen, um zu wachsen. Als Kriege noch zwischen Königen stattfanden und nicht zwischen Staaten, waren die Bauern nicht mehr als Vieh und wurden weitgehend verschont – dem Herrscher waren ihre Sprache und Kultur so lange egal, wie sie das Geschäft nicht störten, Religion war wichtiger, und die ist schnell gewechselt. Doch bei einem Nationalstaat, bei dem das Volk sein eigener Gott ist, ist jeder Krieg ein Religionskrieg zwischen Fanatikern, ein Kreuzzug und Dschihad. Mal eben den Nachbarn zu schlucken, weil er sexy Häfen hat, und ihn ansonsten in Ruhe zu lassen, geht nicht – man muss ethnisch säubern, entweder durch Vertreibung, Völkermord oder durch massiven Umerziehungsdruck, der wiederum für Widerstand, Terror und Gegenterror sorgt. Und wenn man die Wahl zwischen Vertreibung und Völkermord hat, ist Völkermord sinnvoller, denn der ist schnell vergessen, während Überlebende einen ständig im Fernsehen anschwärzen und ihre Reconquista vorbereiten. Wenn Staaten ihre Legitimität auf ihr Volk stützen müssen, bleibt ihnen aber kaum eine andere Möglichkeit, um sie herzustellen.

    Der Nationalstaat stößt irgendwann an Sprachgrenzen: Die Preußen verschlangen recht locker alle, denen es sich irgendwie einreden ließ, ihre Sprachen wären bloß deutsche Dialekte, weil es nicht viel Mühe kostete, von Hesse auf Deutscher umzuschulen, doch wo das Bildungssystem auf Franzosen und Slawen traf, ging's zur Sache wie in Syrien. Jeder simple Wechsel in der Geschäftsleitung wird für die Belegschaft zum Überlebenskampf – dann kämpft sie zwar erbitterter, was ja für den Staat schön ist, aber nur, solange er die Macht hat, damit durchzukommen. Statt vieler kleiner Kriege zwischen Feudalherren, bei denen vor allem Zähne durch die Gegend flogen, gibt’s länger Frieden, doch wenn's dann losgeht, sind an den Zähnen noch die Köpfe dran. Was in ruhigen Zeiten noch friedensstiftend wirkt, wird in unsicheren, in denen selbst der Friedlichste entweder nach Beute strebt oder stirbt, zur Massenvernichtungswaffe mit einem größeren Mordpotenzial, als alle ABC-Waffen der Welt. Das Konzept „jeder Nation einen Staat“ muss weg, bevor es von selbst weg geht, denn dann hinterlässt Teil 3 die gleiche Sauerei, wie die letzten beiden Male. Und zwar schnell, denn der kommt mit großen Schritten näher, und ABC-Waffen plus Panzer und Gewehre sind schon schrecklich genug.

    Ein Selbstbestimmungsrecht der Menschen, das durchaus das Recht beinhaltet, sich zu Vereinen zusammenzuschließen und gemeinsame Grundstücke zu besitzen, in denen sie nach eigener Fasson leben, labern, beten können – ja. Der Staat müsste all seinen Einwohnern gleich verpflichtet sein, auch solchen, die er gerade erst geschluckt hat, und sich um ihre gleichberechtigte Integration bemühen, ohne mehr an ihrer Kultur ändern zu dürfen, als Verwaltung und Menschenrechte gebieten. Wenn ich mir das heutige Europa so ansehe, würde allein ein solches Recht Expansionismus bremsen, wir verrecken ja lieber, als zu riskieren, die Macht mit den Nachbarn zu teilen. Doch im Grunde gelten für Staaten, Völker, Identitäten, Kulturen, die gleichen Regeln, wie für Menschen, ob intra- oder international: Der eine hockt in seiner Bude und findet alle zum Kotzen, weil sie ihn nicht als Gott Allmächtig anerkennen, poliert seine Flinte und wartet auf seine Gelegenheit, es allen zu zeigen, andere gehen raus, heiraten, ziehen um, verschmelzen zu Familien und haben Kinder und Erben, sie trennen sich und gehen eigene Wege, alles geschieht schön freiwillig, die Polizei sorgt dafür, dass es auch schön gesittet zugeht, und der Gesetzgeber ist jemand, der sich um Straßen, Schulen und Grenzen kümmern muss, die Tür eintritt, wenn er Geschrei hört, aber weder Zwangsheiraten noch Tischgebete vorschreiben darf. Natürlich erfordert ein Rationalstaat weitaus mehr, als die in Paragraphen gegossene Weisheit, die Staatsnase aus Dingen verpisst zu halten, die ihn einen feuchten Dreck angehen: Es gibt ein höheres Konfliktpotenzial, das erfordert bessere Verwaltung, besseres Wirtschaften und eine gerechtere Güterverteilung, denn Wohlstand und Fair Play stimmen milde. Die organisatorischen Anforderungen sind einfach höher, als an irgendeine Pissels-Diktatur, wo der Tyrann alle Unruhen einfach niederwälzt und die Leute sprachlich, ethnisch und mental in Gleichschritt schaltet, denn wo keine Vielfalt, da keine Überraschungen, und wo keine Überraschungen, kann auch ein Einzelner die Kontrolle ausüben und die Macht behalten. Die Einfachheit ist der Grund, warum beim Verfall komplexer Reiche, Gesellschaften, Demokratien, die Diktaturen als Letzte übrig bleiben und dann die Armeen haben, die die Kriege vom Zaun reißen. Aufs Maul gibt’s umsonst, wer nicht aufs Maul will, muss sich schon Mühe geben, c'est la vie.

    Das ist das große Geheimnis des Krieges. Sie werden im Frieden gewonnen und verloren, der Frieden bestimmt, ob sie beginnen, wie sie verlaufen und wie sie enden. Irgendwie ist immer Krieg, Sie sind immer Soldat, und wenn wir Frieden wollen, müssen wir die hohe Kunst meistern, stets daneben zu schießen. Solange wir noch üben, bleiben nur Sanitäter und Schadensbegrenzung und das Streben nach dem kleinstmöglichen Übel.
  • Es sollte inzwischen dem letzten Dorfdepp bekannt sein, daß Kernkraftwerke mit Wasser gekühlt werden müssen

    13.11.2021, B. Weber
    Abgesehen davon, daß die Energiewirtschaft sich nur zu gerne von ihren
    problematischen radioaktiven Hinterlassenschaften trennt, weil sie sicher
    zukünftige Forderungen nach Behebung von Schäden und Folgeschäden der staatlich finanzierten Profitwitschaft befürchtet, und sie sich daher lieber
    schleunigst ins Lager der "guten" Energieerzeuger flüchtet, sprechen die
    vom Klimawandel geschaffenen Tatsachen gegen einen weiteren Betrieb.
    Es sollte inzwischen dem letzten Dorfdepp bekannt sein, daß Kernkraftwerke mit Wasser gekühlt werden müssen. Was soll passieren, wenn das Wasser entweder dank extremer Hitze ausbleibt und die Flüsse zu Rinnsalen werden, oder wenn es Starkregen gibt, welcher die Kernkraftwerk absaufen läßt ? Ganz zu schweigen von dadurch ausgelösten Katastrophen wie in Fukushima. Wenn die "Physikerin" Merkel mehr als Metaphysikerin herumgemerkelt hat, so hat sie immerhin kapiert, daß man seit Fukushima mit KKWs nicht mehr punkten kann.
    Und daß die nur zu 2% genutzten Brennstäbe, also die 98% nicht genutzter Rest als radioaktiver "Müll" bezeichnet werden, sagt alles über die "Beherrschung" dieser Technologie der "friedlichen Nutzung" der zerstörerischsten Waffe, die je erfunden wurde, vergleichbar mit der friedlichen Nutzung eines MGs, um ein DIN A4-Blatt mit 2 Löchern zum Abheften zu versehen. Wenn schon aus 100% Energie-Resource nur 2% genutzt werden können, und der "Rest" (!!!) zum Müll wird, helfen
    auch die durch Neutronenbeschuß umgewandelten Isotope nicht viel weiter, "so dass sich der Müll (!!!) letztlich effizient nutzen ließe." Schöne IsoUtopie !!!
  • Huygens, Newton

    06.11.2021, Dr. D. Neukum
    Lieber Redakteur. Schon mal was von Leibniz gehört ?
  • Atomkraft ist für nichts gut

    05.11.2021, Norbert Fiks
    Der Fehler der Politik war doch nicht, die Atomkraftwerke abzuschalten, sondern den Ausbau der erneuerbaren Energien aktiv zu behindern und in allen Bereichen weiter auf Wachstum zu setzen. Es reicht nicht, Benziner/Diesel durch E-Autos zu ersetzen, sondern wir müssen die Zahl der Autos verringen, damit wir weniger Energie und Ressourcen verbrauchen. Atomkraft ist für nichts gut.
  • Zu langsam, zu teuer, zu bremsend und zu risikoreich

    05.11.2021, F.Ossing
    Das Hauptproblem ist: selbst wenn man die Gefährlichkeit der Kernkraft außer Acht lässt, kann ihr Beitrag in der kurzen Zeit, die uns noch zur Verfügung steht, nichts beitragen, zeigt eine AG der Scientists for Future in einem Diskussionsbeitrag. Innerhalb der nächsten Dekade werden die Weichen gestellt, ob wir Paris-kompatibel sind oder nicht. So schnell stehen SMR und KKW der 4. Generation nicht zur Verfügung. Und aus Kostengründen ist ein schneller Ausbau der EE sowohl möglich als auch sinnvoll, ein Weiterbetrieb der jetzigen KKW ist unter all diesen Gesichtspunkten die schlechtere Wahl.
    Näheres hier: https://zenodo.org/record/5573719
  • Kann man die Lesermeinungen irgendwie liken...!

    05.11.2021, Gerhard Samulat
    Rainer Eisenmann, Paul S (den ich allerdings nur überfolgen habe) und Andreas!
  • Bewährte Technik geht anders

    05.11.2021, Norbert Endres
    Viel mehr Wind und Solarkraft in Bürgerhand, dazu ausreichend dezentrale Kraft Wärme Kopplung als echte Brückentechnologie sind die richtige Lösung. Dabei müssen unverzüglich alle Erzeugungskapazitäten sowie Stromverbräuche selbstverständlich lastabhängig geregelt werden und der Hauptanreiz dafür interessante, variable Tarife für bedarfsgerechte/n Erzeugung/Verbrauch sein!
  • Kalte Winter..

    05.11.2021, Anselm Kiefner
    RICHTIG kalte Winter machen mehr als als nur die Heizungskosten in die Höhe treiben. Dank dem Klimawandel - der durchaus schon Realität ist - gibt es immer mehr Wetter-Extreme, also besonders warme Winter aber auch besonders kalte Winter. Wenn es aber besonders kalt ist, frieren Gewässer zu, auch die, welche das Kühlwasser für Kernkraftwerke liefern. Wenn ein Kernkraftwerk kein Kühlwasser mehr bekommt (was auch in besonders heißen Sommern regelmäßig passiert!) dann kann es nicht mehr arbeiten - das heißt die Leistung fällt nicht ein bisschen ab sondern ganz auf Null.

    Das heißt, Kernkraftwerke sind genau zu den Zeiten wenn man sie am dringendsten bräuchte (zur Kühlung im Hochsommer und Heizung im tiefsten Winter) eher noch ein Klotz am Bein und selbst ein Sicherheitsrisiko für die Gesellschaft weil sie so investitionsintensiv sind (von wegen billiger Strom!) dass sie Investitionen in dezentrale, resilientere Lösungen verhindern.
  • Kernkraft, Windkraft und Wunschdenken

    04.11.2021, Dr. Armin Quentmeier
    Der ganze Artikel von Frau Bischoff enthält so viel Wunschdenken, aber auch so viele Halbwahrheiten und Fehler, dass eine sorgfältige Erwiderung viele Seiten erfordern würde. Fast zu jedem Absatz könnte ich Kritik anbringen, aber dann reicht der Platz nicht. Daher möchte ich in aller Kürze einige Punkte ansprechen. Alle Zahlenangaben zur Stromversorgung stammen von „agora-energiewende“, einer Institution, die sich vehement für die Energiewende einsetzt, als nicht von irgendwelchen finsteren pro-Kohle-Dunkelmännern.
    1. Auch als leidenschaftlicher Fan von Kernkraftwerken muss ich konstatieren: die Kernkraft allein wird uns nicht retten, weil deren Anteil an der deutschen und der globalen Energieversorgung vergleichsweise klein ist (z. Z. 11,3 % der deutschen Stromversorgung). Der überhastete Ausstieg an der Kernenergie in Deutschland im Jahr 2011 hat den Anteil der Kernenergie allerdings unnötig verringert; 2010 waren es noch 22%!
    2. Kernenergie dient allein zur Stromerzeugung. Wärme aller Art, von Prozesswärme >1000°C bis zur Wohnungsheizung und Warmwasserbereitung zu Hause wird meist durch fossile Energieträger (Erdgas, Öl, Kohle) erzeugt.
    3. Ein Blick auf die aktuelle Stromversorgung zeigt, dass auch bei einem Weiterbetrieb der sechs noch verbliebenen Kernkraftwerke der Beitrag von Kohle und Erdgas auf viele Jahre unverzichtbar bleiben wird. Nehmen wir als Beispiel die Nacht vom 3. auf den 4. November 2021: der Löwenanteil der Stromerzeugung entfällt auf fossile Energie¬träger, wie die folgenden Daten um 2°° morgens zeigen (diesen Zeitpunkt habe ich gewählt , weil dann der Stromverbrauch im Tagesverlauf am geringsten ist). Der Stromverbrauch beträgt 57,27 Gigawatt (GW) = 57.270 Megawatt (MW), davon liefert Windkraft onshore 2,78 GW; Windkraft offshore 0,21 GW, Wasserkraft 1,44 GW und Biomasse 4,37 GW. Der Anteil des Solarstroms ist exakt 0 GW, denn bei Dunkelheit funktionieren die besten Solaranlagen nun einmal nicht. Das heißt, die hochgelobten „erneuerbaren Energien“ tragen gerade einmal zusammen 8,8 GW zur Stromversorgung unseres Landes bei; es fehlen also noch 48,47 GW! Noch gibt es Rettung: Strom aus Kernkraftwerken 8,0 GW, Braunkohle 12,50 GE, Steinkohle 11,51 GW, dazu noch 12,24 GW aus Gaskraftwerken. Also 24 GW des benötigten Stroms kommen von den ach so schmutzigen Kohlekraftwerken; das entspricht der dreifachen Leistung der Kern¬kraft¬werke! Auch wenn die Kernkraftwerke länger laufen würden, reicht deren Anteil für eine sichere Stromversorgung überhaupt nicht aus. Und auch die Gaskraftwerke werden noch gebraucht; denn wenn die „erneuerbaren Energien“ schwächeln (und das ist oft der Fall), dann wird vier- bis fünfmal so viel Leistung gebraucht, wie die verbliebenen Kernkraftwerke liefern können.
    4. Solche Nächte, solche Probleme mit der Stromversorgung gibt es häufig, denn der Wind weht nun einmal höchst unberechenbar, unsteuerbar und unplanbar. Auch tagsüber halten die „erneuerbaren Energien oft nicht, was sie versprechen. Ein Blick auf den Tagesverlauf der Stromversorgung z. B. am 3.11.2021 macht es deutlich; die Zahlen mögen sich die geneigten Leser selbst anschauen.
    5. Der Artikel von Frau Bischoff enthält einige zumindest korrekturbedürftige Aussagen; eine davon ist folgende: „Grund für die Gaskrise ist unter anderem der Klimawandel: Extreme Hitze in Brasilien und China ließen Wasserkraftwerke stillstehen, wodurch die Länder auf Gasreserven zur Stromerzeugung zurückgreifen mussten.“ Nein, der Grund ist nicht der Klimawandel, sondern die Unzuverlässigkeit von Wind und Wetter! Ein großes Problem in Europa ist der hohe Anteil an Windrädern, die aber nur bei ausreichend Wind auch liefern können. Großbritannien setzt neben Kernenergie auch auf Wind und Erdgas. Leider war das erste Halbjahr 2021 ein sehr windarmes Jahr, so dass der fehlende Windstrom durch den vermehrten Einsatz von Gaskraftwerken ausgeglichen werden musste. Dadurch stieg der Verbrauch von Erdgas und damit natürlich auch der Preis. Zusätzlich hatten heftige Überschwemmungen in einigen „Kohleprovinzen“ in China zahlreiche Kohlegruben und auch die Transportwege überschwemmt, während gleichzeitig die chinesische Wirtschaft nach dem Abklingen der Corona-Pandemie kräftig gewachsen war. Auch hier wurde zumindest z.T. auf Erdgas zurückgegriffen, was einen zusätzlichen Preisanstieg zur Folge hatte. Quelle: „Die gefährlichen Folgen der Gasflation.“ Welt online 21.9.2021.
    6. Die Flutkatastrophe im Ahrtal ist keine Folge des Klimawandels. Ein kurzer Blick auf die „Flutmarken“ in Städten und Dörfern an Mosel, Ahr, Main etc. zeigen, dass das keine neuen Ereignisse sind. Wirklich erhellend ist folgender Welt- Artikel: „Der unappetitliche Klima-Bluff“ von Axel Bojanowski; Welt online 15.7.2021
    7. Im Artikel wird die Abstandsregel für Windkraftwerke von 1000 m beklagt. Moderne Windkraftanlagen sind über 200 m hoch und werden selten allein, sondern meist in Gruppen gebaut, beschönigend „Windparks“ genannt. Das ist eine Landschafts-verschandelung sondergleichen und eine Zumutung für die Anwohner. Immer mehr liebliche Landschaften, an denen 200 Jahre Industrialisierung fast spurlos vorüber-gegangen sind, werden zu riesigen Industrieparks umgebaut, von der Nordseeküste über die Mittelgebirge bis zum Alpenrand. Ich empfehle jedem Windkraft-Fan, sich einmal die Landschaften an Schleswig-Holsteins Westküste anzuschauen, bei Cuxhaven einen Blick über die Elbmündung zu werfen, die A44 vom Ruhrgebiet nach Kassel oder von Kassel nach Leipzig zu fahren: überall „geopferte Landschaften“, zugespargelte Windkraftwüsten von ausgesuchter Hässlich¬keit! Und dort sollten die Windkraftfans auch wohnen, max. 1000 m entfernt von solchen Monsteranlagen!
    8. Die mangelnden Investitionen in die Energie-Infrastruktur werden beklagt; Zitat: „Ein Beispiel dafür ist die Stromtrasse, die Energie von Nord- nach Süddeutschland transportieren und bis zum Atomausstieg fertig gestellt werden sollte.“ Oft genug weht auch an der Nordseeküste nur ein laues Lüftchen oder gar kein Wind! Wer glaubt, die Windmühlen in der Nordsee würden die Wende bringen, schaue sich diese Zahlen vom 17. Mai 2021 von 14°° bis 15°° an: über 1400 Monster-Windräder mit ca. 200 m Höhe liefern gerade einmal 0,065 GW, obwohl die installierte Leistung ca.7,5 GW beträgt. Bei Flaute gibt es aber fast keinen Strom; gerade einmal 0,87 % der installierten Leistung können erzeugt werden. Das entspricht einem Automotor, der 100 PS auf dem Papier leistet, aber tatsächlich nur 0,87 PS erbringen würde! Kein geistig gesunder Mensch würde ein solches Auto kaufen, aber bei den „erneuerbaren Energien“ wird dieses Prinzip dem ganzen Land aufgezwungen. Nicht immer sind die Zahlen so krass, aber am Morgen des schon erwähnten 4.11.2021 lieferten alle deutschen Nordsee-Windmühlen auch nur 0,21 GW = 2,8 % der installierten Leistung von 7,5 GW. Auch die besten Leitungen helfen nicht, wenn auf See Flaute herrscht – und das kommt relativ oft vor. Da werden auch 10x mehr Nordsee-Windmühlen nicht helfen!
    9. Zitat: „Man bräuchte effiziente Batterien, um die Energie an ergiebigen Tagen über längere Zeiträume zu speichern.“ Wie irreal das ist, zeigt ein Blick auf die E-Autos. Bei Elektro-Autos ist die Speicherung des Stroms in Batterien das größte Problem. 500 kg Batterien ermöglichen eine Reichweite von ca. 500 km; das anschließende Laden kann Stunden dauern, nur mit einem Tesla-Supercharger soll es deutlich schneller gehen. Hier nehme ich als Vergleich gerne meinen zehn Jahre alten Dreier-BMW mit 85 kW-Dieselmotor. Mit einer Tankfüllung von 62 Liter, ca. 55 kg Gewicht, kann ich locker 1000 km fahren und das Auftanken dauert nur wenige Minuten. Für 1000 km Reichweite mit Batterien würde ich ca. 1000 kg = 1 t Batterien brauchen. Wie groß müsste eine Batterie dimensioniert sein, die den Strom speichern soll, den ein modernes Kohlekraftwerk mit 1 GW an nur einem einzigen Tag erzeugt? Ein solches Kraftwerk braucht bei Volllast pro Tag ca. 8000 t Kohle! Und für die Abdeckung der Grundlast brauchen wir rechnerisch 40 solche Kraftwerke! Fazit: Batteriespeicherung von Strom in großen Mengen ist völlig unrealistisch!
    10. Zitat: „Braun- und Steinkohle haben bei Weitem die schlechteste Umweltbilanz: Pro erzeugter Kilowattstunde setzt Erstere etwa 1160 Gramm Kohlenstoffdioxid frei, Zweitere etwa 800 Gramm. Im Vergleich: Bei Erdgas liegt der Verbrauch bei rund 180, bei Heizöl zirka 270 Gramm.“ Der Wert für Braunkohle stimmt, aber der für Erdgas und Heizöl ist schlicht falsch. Für eine mit Heizöl erzeugte kWh werden 860 g CO2 emittiert; für die mit Erdgas erzeugte kWh sind es immer noch 518 g. (Quelle: Forschungsstelle für Energiewirtschaft, ffe.)
    11. „Zitat: Aktuell gibt es etwa 148 aktive Kohlekraftwerke in Deutschland, 2015 stießen sie rund 207 Megatonnen Kohlenstoffdioxid in die Luft.“ Wie unter Punkt 3 geschildert, sind die deutschen Kohlekraftwerke für eine sichere Stromerzeugung unverzichtbar. Die deutschen Kohlekraftwerke gehören zu den modernsten der Welt mit Wirkungsgraden bis zu 46 %. Viel mehr ist technisch gegenwärtig nicht möglich. Wenn wir diese hoch modernen Kohlekraftwerke abschalten, wird der Rest der Welt das vermutlich überhaupt nicht bemerken. Allein China hat 2020 neue Kohlekraftwerke mit 38 GW Gesamtleistung in Betrieb genommen: das dürfte mehr als die gesamte gegenwärtig in Deutschland installierte Kohlekraftwerkskapazität sein. zusätzlich zu den ca. 1000 bereits in Betrieb befindlichen Kohlekraftwerken in China. Und diese Kohlekraftwerke dürfen 30 – 40 Jahre am Netz bleiben!
    12. Zitat: „…laut Greenpeace starben im Jahr 2015 etwa 3100 Menschen in Europa durch deutsche Kohlekraftwerke.“ Die Kohleverstromung ist eine der wichtigsten Säulen der Wirtschaft in unserem Industrieland. Kohleverstromung, Eisen- und Stahlindustrie, chemische Industrie und viele andere energieintensive Industriebetriebe ermöglichen seit Jahrzehnten einen in der Geschichte noch nie zuvor gekannten Massenwohlstand, verbunden mit einer Verdoppelung der Lebenserwartung. Diese lag in der vorin¬dustriellen Zeit bei ca. 40 Jahre, jetzt liegt sie bei über 80 Jahren. Zugleich haben wir eine Bevölkerungsdichte von 230 Menschen pro km². In der vorindustriellen Zeit war das Leben für über 90 % der Bevölkerung knochenhart, es gab immer wieder Hungersnöte. Die meisten Menschen waren kaum mehr als Arbeitstiere, für die Frauen kamen noch zahlreiche Geburten hinzu, von denen jede einzelne mit lebensgefährlichen Komplikationen verbunden sein konnte. „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist…. (1. Mose 3.19)“. Und für die Frauen: „Und zum Weibe sprach er: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären… (1. Mose 3.16). Erst das Industriezeitalter hat, nach hartem und mühevollem Start, unser heutiges bequemes und angenehmes Leben ermöglicht! Und das alles aufzugeben, weil die Kohlekraftwerke angeblich so viele Menschen vergiften, heißt doch nur, das Kind mit dem Bade ausschütten und ist nichts als pure Unvernunft.
    Das waren die wichtigsten Einwände, die ich anbringen möchte. Alle meine Zahlen, Daten und Fakten können leicht anhand meiner Quellen oder durch entsprechende Google-Suchen überprüft werden. Und es handelt sich nicht um Beckmesserei, sondern um Dinge, die bei der Diskussion um Klimawandel und Energiewende gerne leichtfertig übersehen und übergangen werden.
  • Von einem toten Pferd soll man absteigen

    04.11.2021, Andreas
    Nuklearenergie ist tot. Denn wie sie richtig schreiben "eine Endlagerung für hunderttausende Jahre kann keine Lösung sein". Transmutation als einzig mögliche Lösung dagegen ist viel zu teuer und energieineffizient. Und niemand versichert Atomkraftwerke gegen Unfälle, da die Risiken daraus einfach unbezahlbar hoch sind. Das alles macht die Stromerzeugung in Nuklearkraftwerken unwirtschaftlich. Schon heute ist es wesentlich günstiger Strom mit Wind- und Solarkraftwerken zu erzeugen. Und den technischen Herausforderungen der erneuerbaren Energien stehen keine physikalischen Gesetze entgegen wie beim nuklearen Abfall. Mal ganz abgesehen vom Proliferationsrisiko (das Spaltmaterial gelangt in die Hände von Terroristen oder wird von authoritären Regimen für den Bau von Atomwaffen genutzt) der bei Nuklearkraftwerken immer besteht.

    Zudem kommt das ganze viel zu spät. Für eine Übergangszeit sollte man als Grundlastkraftwerke auf Gaskraftwerke setzen. Die kann man auch viel schneller bauen als Nuklearkraftwerke.

    Und wenn man wirklich schnell den CO2 Ausstoß der Stromerzeugung senken will, dann sollte man am besten sofort die Braunkohlekraftwerke abschalten. Es gibt Studien die zeigen, das Deutschland seinen CO2 Ausstoß um 50% senken könnte, wenn es die 5% der meist emittierenden Kraftwerke (z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_Niederau%C3%9Fem) abschalten würde. Worauf warten wir noch?

    Grant D, Zelinka D, Mitova S. Reducing CO2 emissions by targeting the world’s hyper-polluting power plants. Environ Res Lett. 2021. doi: 10.1088/1748-9326/ac13f1
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