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Kommentare - - Seite 1004

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Die Verantwortung des Ichs

    31.08.2009, Dr. J. Krebs, Starnberg
    Die Auffassung Prof. Singers, der Mensch sei für sein Tun verantwortlich, auch wenn er darüber nicht frei entscheiden kann, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ohne Handlungsfreiheit wäre „Verantwortung“ ein völlig inhaltsleerer Begriff. Dann bräuchte man im Strafrecht auch nicht darüber diskutieren, ob ein Täter zurechnungsfähig war oder nicht – es wäre ja in jedem Fall sein „Ich“, das die Tat begangen hat.
    Die Konsequenz dieses konsequent naturalistischen Denkens ist m. E. nach eine ganz andere: Wenn die Handlungen eines Individuums letztendlich determiniert sind, dann ist es auch die (gesellschaftliche) Reaktion auf diese Handlungen. Wenn also der Täter nicht anders kann, als die Tat zu begehen, dann kann die Gesellschaft auch nicht anders, als ihn dafür zu bestrafen. Dann ist unser Wille nur ein „Epiphänomen“ unseres physischen Verhaltens; es ist dann ganz egal, was wir wollen, es kommt sowieso alles, wie es kommen muss. Diese Haltung führt geradewegs in einen philosophischen Fatalismus.

    Was uns die Hirnforscher hier gerne als eine revolutionäre Erkenntnis ihres Fachgebiets verkaufen, ist im Grunde eine triviale Folgerung aus der Geschlossenheit des naturwissenschaftlichen Weltbildes: Die Physik – und damit die Beziehung von Ursache und Wirkung – gilt eben auch in unserem Gehirn. Was uns Menschen auszeichnet, ist die Vielzahl der komplexen Handlungsoptionen, die uns i.A. zur Verfügung stehen. Wenn wir uns dann aber in einer konkreten Situation für eine dieser Optionen entscheiden, dann hat das auch irgendwelche Gründe – ob sie uns nun bewusst sind oder nicht. Deshalb ist Willensfreiheit weder auf der materiellen noch auf der psychischen Ebene wirklich fassbar und infolgedessen auch nicht nachweisbar.

    Trotzdem ist es richtig, die Willensfreiheit als ein soziales Konstrukt beizubehalten. Es ist ein letztlich ein philosophisch–ontologischer Begriff, der untrennbar zu unserer Selbstwahrnehmung als autonomes „Subjekt“ gehört, und als solcher steht er sozusagen per definitionem außerhalb einer wissenschaftlichen Erfassung, die sich auf die „objektive“ Realität konzentriert. Ohne dieses Konstrukt aber kann die menschliche Gesellschaft nicht funktionieren – und die Hirnforscher sollten sich vielleicht einmal bewusst machen, dass auch sie sich in ihrer Forschertätigkeit zwangsläufig als autonome Subjekte erfahren.
  • Mukundis Krone ist schon länger bekannt

    31.08.2009, Werner Gubler, Fällanden (Schweiz)
    Mark Thomas verwendet in seinem Artikel "Self-surrounding tiles" (http://home.flash.net/~markthom/html/self-surrounding_tiles.html) eine Form, die er "crown" nennt und die mit Mukundis Krone identisch ist.
    Dabei heißt ein Pflasterstein "self-surrounding", wenn man ihn mit Kopien seiner selbst lückenlos "umringen" kann – aber nur endlich oft (siehe "Heesch's problem", http://en.wikipedia.org/wiki/Heesch%27s_problem). Da die "Krone", wie in dem Artikel dargestellt, sogar den ganzen Raum lückenlos füllt, und das auf die verschiedensten Arten, ist sie nicht in diesem sehr speziellen Sinn "self-surrounding".
  • Große Risiken

    31.08.2009, Fritz Kronberg, Rondeshagen
    So gut sich das Konzept auf den ersten Blick anhört, ich halte die erforderlichen Investitionen für keine gute Anlage. Das größte und entscheidende Risiko liegt in der politischen Instabilität der Region und der zu großen Teilen mittelalterlichen Mentalität ihrer Bewohner.

    Eine empfindliche wirtschaftliche Abhängigkeit mit hohen finanziellen Aufwendungen zu schaffen ist auch keine sonderlich gute Strategie.

    Nebenbei bemerkt: Wenn entsprechend Kohlekraftwerke stillgelegt werden, könnte sich das Risiko gleichwohl lohnen, aber bei der inzwischen in Deutschland vorherrschenden Manie, irrationale Ängste für schlimmer zu halten, als klar auf der Hand liegende Gefahren, würde es wohl auf den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie hinauslaufen. Das aber hieße, einen eher harmlosen "Teufel" mit einem real gefährlichen Beelzebub auszutreiben. ...
  • Ziemliche Fehlbenennung

    31.08.2009, Prof. Dr. Arnold Oberschelp, Heikendorf
    In den beiden letzten Heften ist vom "kopernikanischen Prinzip" die Rede (August: "Umstrittene dunkle Energie" von Clifton und Ferreira, September: "Das Vermächtnis des Kopernikus" von Danielson). In dem Sinne, wie der Ausdruck dort gebraucht wird und angeblich üblich ist, handelt es sich aber um eine ziemliche Fehlbenennung.

    Kopernikus hat die Stellung der Erde dahingehend relativiert, dass er lehrte, die Erde sei nur ein Planet unter Planeten (insgesamt sechs). Er wollte statt der Erde die Sonne in das Zentrum der Welt setzen.

    Die Stellung der Erde im Zentrum der Welt mit dem Himmel darüber und der Hölle unten im Innern wurde durchaus als natürlich empfunden und die Entfernung der Erde aus dieser ausgezeichneten Position als Häresie. Im Prozess gegen Galilei konnte man die Berge auf dem Mond, die Phasen der Venus und die Jupitermonde schlecht leugnen. Es ging nur um die Bewegung der Erde, die Galilei widerrufen musste.

    Kopernikus hat keineswegs gesagt, dass die Sonne nur ein Stern unter Sternen sei. Diese Auffassung setzte sich erst später durch. Der Erste, der sie vertrat, war wohl Giordano Bruno, der wegen des Pantheismus, den er damit verband, auf dem Scheiterhaufen endete. Dass die Milchstraße nur eine Galaxie unter anderen ist, hat mit Kopernikus selbst gar nichts mehr zu tun.
  • 400 Milliarden Euro blenden alle Bedenken weg

    31.08.2009, Ralf Weinmann, Eschenburg
    Es ist normal und sicher auch gut, dass ein Großprojekt wie desertec kontrovers diskutiert wird und neben vielen Befürwortern auch seine Kritiker findet. Erstaunlich ist nur, dass die Kritiker bisher kaum zu Wort kamen.
    Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass es bei einem geplanten Investitionsvolumen von 400 Milliarden Euro sehr viele finanzielle Gewinner geben wird, die mit ihrem Geld sicher jede Studie und Prognose kaufen können.

    Jeder weiß aus der Vergangenheit, dass der Import von Energie mit einem politischen Risiko behaftet ist, vor allem dann, wenn der Anteil einen gewissen Prozentsatz übersteigt. Die Energieversorgung eines Staates aus externen Quellen birgt nun mal die Gefahr politischer Abhängigkeit und Erpressbarkeit.

    Ferner stellen die trans-mediterranen Verbindungen interessante Ziele für Terroristen dar, und dass einer der geplanten Standorte ausgerechnet im Gazastreifen liegt, macht die Sache keineswegs sicherer.

    Aber die Probleme werden auch hier auftauchen, vor allem da jetzt schon absehbar ist, dass die geplanten 400 Milliarden kaum mehr sind als eine immer wieder nach unten korrigierte grobe Schätzung. Und da im deutschen Bürokratendschungel die Genehmigung und der Bau von Überlandtrassen viele Jahre und manchmal Jahrzehnte in Anspruch nimmt, wird der Strom, wenn er denn wirklich mal kommt, erst mal an der Grenze warten müssen.

    Alles in allem bergen zu viele Bereiche noch viel zu viele Unwägbarkeiten und Risiken, doch die gigantische Summe von 400 Milliarden Euro blendet alle Bedenken weg.
  • Ist die Umfrage unprofessionell oder manipulativ?

    31.08.2009, Alexander Jung, Tübingen
    Die Antwort "Desertec ist genau das, was wir brauchen." impliziert doch, dass mit Desertec alle Energieprobleme gelöst sind, oder zumindest, dass es keine Alternative gibt.

    Was aber, wenn man wie ich meint, daß Desertec eine gute Sache ist, daß aber gleichzeitig andere regenerative Energiequellen entwickelt und gefördert werden müssen? Das kann man auch nicht ernsthaft als Mangel des Desertec-Konzeptes sehen. Welche Antwort soll ich also in dieser Umfrage wählen?

    Haben Sie die meiner gemäßigten Meinunge entsprechende, sozusagen "mittlere" Antwort mit Absicht weggelassen, um zu polarisieren?

    Auch wenn es schwerfällt, sollte der seriösere Teil der Presse den Verlockungen des Sensationalismus zu widerstehen versuchen.
  • Geothermie als Alternative?

    30.08.2009, Ephrim Khong, München
    Desertec ist, meiner Meinung nach, ein riesiger Fortschritt - vor allem auch, da das Projekt eine Kehrtwende in der Denkweise der großen Energiekonzerne wiederspiegelt. "Regenerative" Energien rücken mehr und mehr in den Fokus und werden als notwendige und mögliche Alternative anerkannt.

    Dass ein solches Projekt nicht ohne die entsprechende politische Unterstützung machbar ist, sollte klar sein. Abhängig sind wir heute von den Öl-, Gas- und Uran-exportierenden Ländern sowieso schon, so dass sich in dieser Hinsicht keine wirkliche Veränderung ergibt. Die Streuung über ganz Nordafrika wird wohl zumindest keine Verschlechterung darstellen.

    Neben Wind- und Sonnenenergie ist in den letzten Jahren das Potential der Geothermie leider etwas aus dem Blickfeld geraten. Als lokale, sichere, grundlastfähige und je nach Ausbau auch dezentrale Energiequelle wäre hier mit entsprechenden Forschungsmitteln noch viel mehr möglich. Wer einmal den Energiegehalt eines Kubikkilometers Granit bei 200 Grad Celsius gesehen hat, wird sicher zustimmen, dass sich massive öffentliche Forschung in diesem Bereich lohnen würde. Einen Spektrum-Artikel darüber wünsche ich mir schon seit längerem.
  • Säubern?

    30.08.2009, F. Möllenkamp, Borchen
    Wie und womit werden die Spiegel nach Sandstürmen gereinigt? Wie werden Erosionsschäden verhindert?
    Stellungnahme der Redaktion

    Mehr dazu als Antwort der Redaktion zu einem weiteren Leserbrief zum selben Thema.

  • Eine Lösung für viele Probleme

    29.08.2009, Hartwig Sendner, 27432 Bremervörde
    Das Projekt Desertec ist der erste sinnvolle Ansatz in Richtung Nachhaltigkeit. Aber es könnte noch durchdachter sein. Hier ein paar Anmerkungen zu meinem Leserbrief auf zeit-online.de.

    1. Der Energieverbrauch
    Man sollte noch weiter greifen und den Gesamtenergiebedarf einplanen, nicht nur den Stromverbrauch. Außerdem sollte man hinterfragen, wieviel die reichen Länder an Energie einsparen müssten, nur um den heute armen Ländern bei gleicher globaler Emissionsrate von CO2 Energieverbrauchszugeständnisse zu machen.

    Unsere lächerlichen Versuche mit dem Verbot der alten Glühbirnen und dem Einsatz von Energiesparlampen wirken im Licht dieser gigantischen Einsparungen eigentlich nur kindlich. Aber die Industrielobby hat mal wieder einen Sieg errungen und Politiker dazu gebracht, Marktgrundsätze für die angeblich gute Sache über Bord zu kippen.

    2. Die Technik
    Die Solarthermie ist lange erprobt und die Kosten und Energieausbeuten sind gut abzuschätzen. Ein Faktor, der stark in die Kosten geht, ist die nötige Energiespeicherung.
    Meines Wissens verteuert sich ein 50-MW-Solarthermie-Kraftwerk von ca. 200 Mio. Euro auf ca. 300 Mio Euro nur durch diese Speichertechnologie.

    Deswegen kommt folgendes Prinzip in Frage:
    Aus Solarstrom wird mittels Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Dieser wird mit dem CO2 aus der Luft vor Ort zu Methanol umgewandelt. Dieser universelle Energieträger kann jetzt sehr gut gelagert, transportiert und auch gespeichert werden.

    Außerdem sind unsere heutigen Autos relativ leicht auf Methanol umzustellen. Hier in Europa kann dann durch Verbrennen des Methanols die Solarenergie wieder zurückgewonnen werden. Es entsteht Wasser und CO2. Die Energiekreislaufwirtschaft ist erreicht. (Zur Technik von Methanol siehe auch: "Beyond Oil and Gas - The Methanol Economy" von G. Olah)

    3. Ökonomie:
    Mann kann ausrechnen, dass man für den Gesamtenergieverbrauch der BRD eine Wüstenfläche von 10.000 km² bräuchte. Der Methanolpreis inklusive Steuern würde bei ca. 60 Euro-Cent an der Tankstelle liegen. Damit ist man in etwa konkurrenzfähig bei einem Rohölpreis von ca. 100 US-$ pro Barrel. Zur Erinnerung: 2008 war der Preis schon auf ca. 140 US$ pro Barrel gestiegen.

    Das Projekt müsste nicht subventioniert werden, sondern muss in den in den ersten Jahren durch eine CO2-Abgabe für alle CO2-emittierenden Energieträger geschützt werden.

    Mittelfristig bis langfristig wird sich dieser Energieträger sowieso durchsetzen, weil die zu seiner Herstellung nötigen Rohstoffe überall zu finden sind, sodass auch die heutigen OPEC-Staaten sich diesem Trend voll anschließen werden.

    Die Anzahl von Arbeitsplätzen, die durch den Einsatz des Energieträgers Methanol enstehen, sind beträchtlich - bei uns, aber auch weltweit.

    Politik:
    Dies ist das zunächst wichtigste Feld. Es müssen langfristige Verträge über die Anmietung von menschenleeren Wüstenflächen mit Ländern wie Mauretanien, Marokko, Namibia, Mali etc. abgeschlossen werden. In diesen Verträgen verpflichten wir uns, eine jährliche Summe von 1 Milliarde Euro für die genannten Flächen zu bezahlen, die dann ausschließlich zur Energiegewinnung genutzt werden dürfen. Nach 100 oder 200 Jahren gehen diese Gebiete automatisch wieder an die Vermieterländer zurück.

    Damit erreichen wir mehre Vorteile:
    1. Die Vermieterländer erhalten eine stetige verlässliche Einnahmequelle, die es ihnen erlaubt, ihre Volkswirtschaften zu stärken und aufzubauen. Damit wird dem Auswanderungsdruck der Menschen in Afrika nach Europa entgegengewirkt. Die Menschen haben dort eine Zukunft.
    2. Wir erhalten in diesen Gebieten zeitlich befristete Hoheitsrechte und können damit für das eingesetzte Kapital die nötige Sicherheit bereitstellen.
    3. Der Staat sollte sich an diesen Vorhaben aktiv beteiligen. Wenn man eine "Volksaktie" ausgeben würde und mit diesem Kapital in diese Technologie investiert, kann man der heutigen jungen Generation eine staatlich gesicherte Möglichkeit geben, langfristig eine zweite Rente aufzubauen.

    Ökologie:
    In 30 Jahren könnten wir komplett CO2-neutral unseren gewohnten Lebensstandard mit gutem Gewissen genießen. Auch sämtliche anderen Staaten dieser Welt könnten dem Beispiel folgen.

    Noch ein paar Worter zu den Kritikern und Skeptikern:

    1. Betrachten Sie den globalen Primärenergieverbrauch und das Bevölkerungswachstum. Kann man all diesen Menschen einen unseren heutigen Lebensstandard und damit Energieverbrauch zubilligen auf der Basis von Atomkraft oder der anderen bekannten Energieträger?
    2. Der oben genante Ansatz hat nichts mit Kolonialisierung zu tun, sondern nimmt endlich auch die ärmsten Länder mit ins Boot und gibt ihnen eine Zukunft. Im Gegenteil: Heute ist es uns doch egal, ob sich infolge des Klimawandels die Wüstengebiete weiter ausdehnen und den Menschen ihre Existenzbasis genommen wird.
    3. Diese Technologie ist kaum waffentauglich und hinterlässt auch keine problematischen Abfälle.
    4. Die Nutzung der Sonnennenergie beinhaltet eine "Demokratisierung des globalen Reichtums". Viel mehr Länder als die heutigen reichen Ölländer können profitieren. Die Einnahmen aus Verpachtung (oder auch der Aufbau eigener Methanolproduktionen) ist gerade für die ärmsten Länder der Welt eine Möglichkeit, dem Elend zu entkommen.

    Welche andere Technologie hat so viel zu bieten?
  • Wenn es eine Wechselwirkung gäbe ... - Antwort auf Klaus Hagemeyer

    29.08.2009, Thomas Stör, Nürnberg
    Die beiden Photonen befinden sich an zwei verschiedenen Orten. Zwar ist für jedes einzelne Photon tatsächlich keine Eigenzeit vergangen, aufgrund des räumlichen Abstandes untereinander können sie sich jedoch nicht kausal beeinflussen. Da sie sich in entgegengesetzte Richtungen bewegen, sind sie auch nicht "am selben Ort".

    WENN es also eine Wechselwirkung gäbe, DANN wäre sie tatsächlich "spukhaft".

    Für massebehaftete Teilchen kann übrigens experimentell ebenfalls sichergstellt werden, dass sich die beiden Messungen ebenfalls nicht kausal beeinflussen können.

    Die Definition des "vierdimensionalen Abstandes", auf den Sie sich hier beziehen, weist einige mathematische Subtilitäten auf. So ist die Menge aller Punkte, die zu einem gegebenen Punkt den vierdimensionalen Abstand Null haben, nicht nur dieser eine Punkt selbst, sondern der gesamte Lichtkegel, d.h. alle Punkte deren räumlicher Abstand gleich dem Negativen des zeitlichen Abstandes ist.
  • Dezentrale Versorgung schneller zu realisieren

    27.08.2009, Kurt Kress, Frankfurt/Main
    Wenn jemand wie Prof. Müller-Steinhagen über Jahre hinweg intensiv und begeistert an einem Projekt wie Desertec arbeitet, kann man nicht erwarten, dass er gleichzeitig seine Arbeit ständig hinterfragt und Alternativen erwägt. Auch mich hat schon vor Jahren die durch Wissenschaftler des DLR entwickelte Idee des Wüstenstroms fasziniert - bis ich erfuhr, dass auch Herr Claassen, damals noch Chef von EnBW, sich für diese Pläne begeistert, während er die dezentrale Nutzung regenerativer Energien in Deutschland, also eine breitere Streuung von Eigentum, entschieden ablehnt.

    Nicht nur Herr Claassen, sondern ebenso das RWI (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Anm. d. Red.) und vor allem die jetzt an Desertec interessierten Konzerne bemühen sich seit Jahren, das EEG, allgemein die dezentrale Energieversorgung zu hintertreiben. Sie streuten Horrorzahlen wegen der angeblichen finanziellen Belastung der Stromkunden, verweisen auf angeblich völlig unzureichende Potenziale erneuerbarer Energien in dem "sonnenarmen" Deutschland und erschwerten, wo möglich, die Einspeisung von Sonnen- und Windstrom; alles verständlich, denn jede energieautarke Kommune, jeder Selbstversorger ist ein verlorener Kunde.

    Aus dem Interview (Spektrum 9/09, S. 82f) geht hervor, dass Müller-Steinhagen das Desertec-Projekt nicht als einen Gegenentwurf zur dezentralen Energieversorgung, sondern als eine Zusatzversorgung sieht, da es "in Deutschland einfach nicht zu jeder Zeit genügend regenerative Energiequellen" gibt, die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht. Die Daten des Statistischen Bundesamtes führen jedoch zu einer anderen Einschätzung des Beitrags erneuerbarer Energien zu unserer Stromversorgung (siehe dieser Leserbrief, ebenfalls von Kurt Kress, Anm. d. Red.).

    Wegen der breiten Streuung von Eigentum benötigt man für eine dezentrale Versorgung keine finanzstarken Konzerne, im Gegensatz zu dem zentralistischen System, in dem die Unternehmen durch Bereitstellung von 400 Mrd. Euro für gigantische solarthermische Anlagen und ebenso gigantische Leitungssysteme dann beides nach ihren betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betreiben werden.

    Mir ist auch nicht klar, wie und wann sich die für Desertec veranschlagten 400 Mrd. Euro amortisieren sollen, wenn, wie Müller-Steinhagen betont, der Strombedarf in Nordafrika sich bis 2050 verfünffacht und die neuen Kraftwerke ihren Strom zuerst in die lokalen Netze einspeisen sollen. Sollten die Konzerne wirklich ihre Finanzen einsetzen, um zuerst die arme, nicht zahlungskräftige Bevölkerung Afrikas mit Strom zu versorgen?
  • Mehrheit und Minderheit

    27.08.2009, Dr. Hans-Joachim Stortnik, 84375 Kirchdorf
    Ich glaube, der Artikel, wenn nicht die ganze Forschungsrichtung, geht am wesentlichen Problem vorbei. In den seltensten Fällen kommt es darauf an, ob eine Partei nun 16 oder 17 Vertreter in einem Parlament hat, die müssen sich dann halt entsprechend die Arbeit aufteilen. Viel wichtiger ist es, dass bei Abstimmungen, die sich ja - nach einer Listenwahl - an den Stimmenzahlen für die Parteien orientieren sollen, der Wählerwille nicht verfälscht wird. Werden beispielsweise 50000 Stimmen für Partei A abgegeben und 49999 für andere Parteien, so sollte bei einer ungeraden Anzahl von Sitzen Partei A immer die Mehrheit in dem Parlament haben und bei umgekehrtem Stimmenverhältnis immer in der Minderheit sein, egal, wie sich die Stimmen auf die kleineren Parteien verteilen. Bei gerader Anzahl von Sitzen muss von vorn herein feststehen, wie viele Stimmen Überhang erforderlich sind, damit es kein Patt gibt.

    Und genau das wünsche ich mir auch für die Bundestagswahl: Wenn CDU und FDP zusammen auch nur einen Wähler mehr haben als SPD, Grüne und Linke zusammen, dann sollte es für eine solche Koalition auch im Bundestag ein Mehrheit geben - und umgekehrt. Aber natürlich nicht nur in dieser Konstellation, sondern auch für "Jamaika" und für jede andere. Wie dafür gerundet wird, und wer dadurch vielleicht einen Sitz verliert oder gewinnt, ist mir hingegen ziemlich egal. Politisch wirksam ist, wie sich Mehrheiten abbilden, und das muss in erster Linie stimmen.

    Schon Willi Brand sagte (im Zusammenhang mit der Besetzung von Bundestagsausschüssen): "Eine Mehrheit muss eine Mehrheit bleiben." Das scheint mir bei Rundungsverfahren, die (nur) ein "Gerechtigkeitsideal" anstreben, nicht garantiert.
  • Ich habe auch das 57-Zell visualisiert

    27.08.2009, Carlo Séquin, University of California, Berkeley
    Der Schlusssatz des Artikels ist zu korrigieren. Ich habe auch das 57-Zell bearbeitet – und es war viel schwerer!
    Siehe
    http://www.cs.berkeley.edu/~sequin/PAPERS/2007_SIGGRAPH_57Cell.pdf
    und
    http://www.cs.berkeley.edu/~sequin/TALKS/2007_SIGGRAPH_57Cell.ppt

  • Nichtlokalität

    27.08.2009, Mr. Fry
    Ein Ansatz, den ich bisher noch nirgends gesehen habe, wäre jedem Teilchen mehr als einen Zeitpfeil zuzuordnen. Der gegenwärtige Status eines Teilchen würde dann durch die Überlagung seiner möglichen 'Gegenwarten' definiert. Bzw. mit der Überlagerung der Zeitpfeile der Messgegenwart. Oder anders ausgedrückt, der Status eines Teilchens kann damit nur durch die Summe aller möglichen Vergangenheiten beschrieben werden. Und
    die Zukunft eines Teilchens kann nur dann korrekt extrapoliert werden, wenn man nicht nur seine Gegenwart sondern auch die der möglichen Vergangenheiten miteinbezieht.

    In diesem Szenario zeichnen sich dann verschränkte Teilchen dadurch aus,
    daß sie nicht nur komplementäre Eigenschaften besitzen, sondern auch mehr
    als einen Zeitpfeil gemeinsam nutzen. Misst man nun eines der Teilchen so, daß die Messung den Zustand der Gegenwart soweit einschränkt, daß nur noch ein Zeitpfeil möglich ist, dann wird damit auch der Zustand des anderen Teilchens festgelegt, da es ja in dieser Zeitlinie mit einer komplementären Eigenschaft zum gemessenen Teilchen erzeugt wurde. Die 'spukhafte Fernwirkung' ist dann gar keine Wirkung, sondern man entscheidet sich einfach für diejenige Gegenwart, in der beide Teilchen nur noch genau einen möglichen Zeitpfeil und damit genau definierte Eigenschaften haben. Nichtlokalität würde so nicht auftreten.

  • Das ist logisch zulässig! Antwort auf Peter Kühn

    27.08.2009, Christoph Pöppe, Heidelberg
    Vorsicht mit den lateinischen Begriffen, deren Bedeutung selbst ihrem Anwender nicht immer hinreichend klar ist!
    "Antecedens" heißt "das Vorausgehende", und deswegen erscheint es auf den ersten Blick plausibel, die Aussage "das Universum ist geeignet, Beobachter wie uns hervorzubringen" als Antecedens zu bezeichnen. Schließlich war erst das Universum da und dann wir.

    Ist aber falsch! Denn in Kühns Kontext meint Antecedens das logisch Vorausgehende, genauer: das, wovon wir ausgehen und woraus wir dann unsere Schlüsse ziehen. In unserem Kontext ist das logische Antecedens die Aussage "wir beobachten das Universum". Das ist nämlich das, dessen wir uns sicher sein können. (Wenn wir das bezweifeln, können wir die ganze Philosophie einpacken.)

    Das Consequens ist "dann muss das Universum geeignet gewesen sein, bewusste Beobachter hervorzubringen". Logische Schlüsse können manchmal in die Vergangenheit reichen. Das ist nicht verboten.

    Um die Sache am Beispiel mit dem Regen und der Straße durchzudeklinieren: Wir erkennen den Schluss "Wenn es regnet, ist die Straße nass" ("aus A folgt B") als korrekt an. Es ist falsch, diesen Schluss umzukehren: Die Aussage "Wenn die Straße nass ist, muss es geregnet haben" ("aus B folgt A") ist falsch; es kann ja auch ein Wasserrohrbruch gewesen sein. Sie ist nicht schon deswegen falsch, weil sie aus Gegenwärtigem auf Vergangenes schließt. Im Gegenteil: Es gibt den korrekten Schluss "Aus nicht-B folgt nicht-A". Wenn die Straße trocken ist, kann es nicht geregnet haben.

    Von derselben, nicht besonders erregenden, Art ist das schwache anthropische Prinzip. Aus A (Antecedens) "wir beobachten das Universum" folgt B (Consequens) "das Universum muss für unsere Existenz geeignet sein". Die korrekte Umkehrung lautet ("aus nicht-B folgt nicht-A"): "Wenn das Universum nicht für die Existenz bewusster Beobachter geeignet ist, dann gibt es uns nicht."

    Diese Aussage hat die gewohnte Zeitrichtung, das heißt, sie schließt von Vergangenem auf Gegenwärtiges, erscheint uns schon deshalb als unmittelbar plausibel – und sagt genau dasselbe wie "Wenn wir existieren, muss das Universum für unsere Existenz geeignet sein". Mehr ist das nicht!

    Die Aussage "Wenn wir existieren, muss das Universum für unsere Existenz geeignet *gewesen* sein" ist fast dasselbe; sie impliziert nur zusätzlich, dass es überhaupt eine Vergangenheit gibt. Wer das bezweifelt, ist zwar nicht zu widerlegen, wie Kühn unter Bezugnahme auf Russell korrekt darlegt. Aber an dieser Stelle ziehe ich Occam's razor aus der Tasche und argumentiere: Die Vorstellung, dass wir alle uns die Vergangenheit nur einbilden, obwohl wir uns über sie miteinander und mit den verfügbaren Dokumenten in so hohem Maße einig sind, ist dermaßen abstrus und erfordert einen so ungeheuren begrifflichen Aufwand, dass die einfachere und die Beobachtungen perfekt erklärende Annahme, es gebe tatsächlich eine Vergangenheit, ihr eindeutig vorzuziehen ist.

    Kleiner Scherz am Rande: Wer die Existenz der Vergangenheit bestreitet, braucht über das anthropische Prinzip sowieso nicht nachzudenken.
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