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Schottland: Zwei Skelette aus sechs Körpern

Weibliches Skelett aus dem bronzezeitlichen Cladh Hallan.

Vor rund zehn Jahren machten Forscher eine schaurige Entdeckung: Ein männliches Skelett, das bei Grabungen im schottischen Bronzezeitdorf Cladh Hallan zu Tage gefördert worden war, bestand nicht aus den Überresten eines einzigen Individuums. Stattdessen war es offenbar vor mehr als 3000 Jahren aus den Knochen von mehreren Toten geformt worden. Ein Team um Terence Brown von der University of Manchester konnte nun zeigen, dass dieses ungewöhnliche Arrangement kein Einzelfall war. DNA-Untersuchungen belegen, dass auch ein weibliches Skelett von Cladh Hallan aus Teilen verschiedener Leichen zusammengesetzt worden war.

Skelett | Das weibliche Skelett aus dem bronzezeitlichen Cladh Hallan wurde aus den Überresten von mindestens drei verschiedenen Personen zusammengesetzt. Dies offenbarten nun DNA-Untersuchungen.

Bei dem männlichen Verstorbenen deutete schon die Stellung der Knochen darauf hin, dass sie ursprünglich nicht zusammengehörten. Doch auch das Skelett der Frau offenbarte Ungewöhnliches: So fehlten dem Schädel die beiden seitlichen Schneidezähne – sie waren entfernt und in die Hände gelegt worden. Stutzig wurden Brown und sein Team schließlich, als sie bemerkten, dass das Becken zwar eindeutig weiblich geformt war, Schädel und Kiefer aber typisch männlich wirkten. Eine Analyse des DNA-Materials mehrerer Knochen zeigte, dass auch die Teile dieses Skeletts von mindestens drei verschiedenen Personen stammen, die offenbar nicht einmal miteinander verwandt waren.

"Die Individuen verschiedener Abstammungslinien könnten absichtlich vereinigt worden sein – möglicherweise zu so etwas wie einem gemeinsamen Vorfahren", schreiben die Autoren der Studie. Frühere Untersuchungen hatten bereits ergeben, dass die Toten aus der Bronzezeit zunächst einige Monate zur Konservierung in einem Torfmoor gelegen haben müssen. Später hatte man die mumifizierten Leichenteile neu zusammengesetzt und zu einer Fötalstellung zusammengebunden. Erst nach mehreren hundert Jahren wurden die Körper schließlich begraben. Welchen rituellen Zwecken die Mumien in der Zwischenzeit dienten, ist unbekannt.

Das bronzezeitliche Cladh Hallan liegt auf der schottischen Insel South Uist der Äußeren Hebriden. Zwischen 1995 und 2002 stießen Archäologen bei Grabungen auf drei zusammengehörige Rundhäuser, die vermutlich im 11. Jahrhundert v. Chr. erbaut worden waren. Darunter befinden sich die Gräber, die offenbar vor dem Bau der Häuser dort angelegt worden waren. Neben den beiden zusammengesetzten Skeletten fanden Forscher darin die Überreste eines Schafs, eines jungen Mädchens und eines etwa dreijährigen Kindes.

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