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vielen Dank für Ihre Leserbriefe. Ich will versuchen, im Einzelnen auf Ihre Kritikpunkte einzugehen.
Mir ist nun klar, dass der etwas provokante Schlusssatz über die "Reife des deutschen Volkes" vielleicht etwas verkürzt meine Gedanken wiedergegeben hat und deshalb zu Irritationen geführt hat. Mein Punkt war die Kritiklosigkeit von 120.000 Menschen, die offenbar auf die Reizwörter "EU-Regulierung" und "Pharma-Lobby" vs. "traditionelle Weisheit" angesprungen sind. Diese Kritiklosigkeit wäre einer direkten Demokratie mit Sicherheit abträglich. Dabei ist mir klar, dass bei einer real existierenden Direktdemokratie die Umstände ganz anders sein könnten und die Hemmschwelle, einfach mitzuzeichnen, dann viel niedriger liegen könnte. (Michael Kühnapfel und Barbara Schuhrk)
Das späte Erscheinen des Artikels kam nur dadurch zustande, dass ich erst am 9.11. von der Petition erfahren habe und auf den Wunsch eines Freundes den Beitrag in meinem Blog verfasst habe. So kam ich leider zu spät. (Andreas Riekeberg)
Ich möchte mich der Meinung Frau Barbara Schuhrk insoweit anschließen, dass diese Petition das Thema der Produktabgrenzung immerhin ein Stück weit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt hat. Sicher ist es öfters problematisch, ein natürliches Erzeugnis als Lebensmittel oder Arzneimittel einzuordnen. Die Formulierungen im AMG und LFBG sind da wohl durchaus nicht eindeutig, der EUGH hat in dem Zusammenhang aber zwei Gerichtsurteile gefällt, C-319/05 und C-140/07, die zeigen, welche Anforderungen an ein Arzneimittel gestellt werden. Außerdem ist zu unterscheiden zwischen Präsentationsarzneimittel und Funktionsarzneimittel. Das ganze ist aber nicht der Gegenstand der angesprochenen EU-Richtlinie 2004/24/EG und war nebenbei auch einer der Hauptkritikpunkte in meinem Kommentar. Diese ist als Vereinfachung für eine bestimmte Gruppe von Arzneimitteln gedacht, die sonst die normale Zulassungsprozedur durchlaufen müssten. Diese Zulassungsprozedur besteht, um einen Schutz hinsichtlich der Anwendungssicherheit und Wirksamkeit der Medikamente sicherzustellen. Diese müssen dann keinen Wirksamkeitsbeweis antreten, sondern nur 30 Jahre Verwendung belegen. Ich persönlich würde mir einen Wirksamkeitsbeleg für alle Medikamente wünschen.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb angeblich
"altes Wissen, alte Weisheit" sowie "Naturpodukte" von einer Wirksamkeits- und Sicherheitsprüfung ausgenommen werden sollte. Weder altes Wissen, noch Naturprodukte sind prinzipiell besser oder schlechter als neues Wissen und chemisch-synthetische Produkte. Beide "Kategorien" bedürfen der Überprüfung. Meiner Meinung sollte niemand Geld mit falschen Gesundheitsversprechen machen dürfen – ich empfinde das als Betrug. Zweifelsohne gründen die beiden von Frau Schuhrk angesprochenen Heilsysteme TCM und Ayurveda zu großen Teilen auf irrationalen mittelalterlichen Vorstellungen. Die angewendeten Methoden und Präparate gehören kritisch überprüft: Was nichts taugt, wandert in die Tonne und was nützt, wird weiter genutzt und erforscht. So und nicht anders sollte es laufen. Da man nun als Alternativheiler seine einträglichen magischen Felle davonschwimmen sieht, kann ich die Panik nachvollziehen. Ein "Aus" für diese Berufszweige kann ich aber nur befürworten, wenn das eine verbesserte Patientensicherheit bedeutet – Qualität hat ihren Preis.
Der Irrglaube, dass Natur sanft und gut, "Chemie" dagegen brutal und schädlich ist, wird sich wohl noch lange halten. Traditionen sollten abgelegt werden, wenn sie nachgewiesenermaßen schädlich sind, wie etwa Voodoo, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Sklaverei, Folter, Unterdrückung der Frauen, Verfolgung von Homosexuellen, Verstümmelung von weiblichen Geschlechtsorganen und religiöse Kriege. Popularität und Bestandsfestigkeit sind schlechte Kriterien, um irgendeine Maßnahme ethisch oder wissenschaftlich zurechtfertigen.
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Entgegnungen zur geäußerten Kritik und Klärungsversuche
15.11.2010, Martin Ballaschk, Berlinvielen Dank für Ihre Leserbriefe. Ich will versuchen, im Einzelnen auf Ihre Kritikpunkte einzugehen.
Mir ist nun klar, dass der etwas provokante Schlusssatz über die "Reife des deutschen Volkes" vielleicht etwas verkürzt meine Gedanken wiedergegeben hat und deshalb zu Irritationen geführt hat. Mein Punkt war die Kritiklosigkeit von 120.000 Menschen, die offenbar auf die Reizwörter "EU-Regulierung" und "Pharma-Lobby" vs. "traditionelle Weisheit" angesprungen sind. Diese Kritiklosigkeit wäre einer direkten Demokratie mit Sicherheit abträglich. Dabei ist mir klar, dass bei einer real existierenden Direktdemokratie die Umstände ganz anders sein könnten und die Hemmschwelle, einfach mitzuzeichnen, dann viel niedriger liegen könnte. (Michael Kühnapfel und Barbara Schuhrk)
Das späte Erscheinen des Artikels kam nur dadurch zustande, dass ich erst am 9.11. von der Petition erfahren habe und auf den Wunsch eines Freundes den Beitrag in meinem Blog verfasst habe. So kam ich leider zu spät. (Andreas Riekeberg)
Ich möchte mich der Meinung Frau Barbara Schuhrk insoweit anschließen, dass diese Petition das Thema der Produktabgrenzung immerhin ein Stück weit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt hat. Sicher ist es öfters problematisch, ein natürliches Erzeugnis als Lebensmittel oder Arzneimittel einzuordnen. Die Formulierungen im AMG und LFBG sind da wohl durchaus nicht eindeutig, der EUGH hat in dem Zusammenhang aber zwei Gerichtsurteile gefällt, C-319/05 und C-140/07, die zeigen, welche Anforderungen an ein Arzneimittel gestellt werden. Außerdem ist zu unterscheiden zwischen Präsentationsarzneimittel und Funktionsarzneimittel. Das ganze ist aber nicht der Gegenstand der angesprochenen EU-Richtlinie 2004/24/EG und war nebenbei auch einer der Hauptkritikpunkte in meinem Kommentar. Diese ist als Vereinfachung für eine bestimmte Gruppe von Arzneimitteln gedacht, die sonst die normale Zulassungsprozedur durchlaufen müssten. Diese Zulassungsprozedur besteht, um einen Schutz hinsichtlich der Anwendungssicherheit und Wirksamkeit der Medikamente sicherzustellen. Diese müssen dann keinen Wirksamkeitsbeweis antreten, sondern nur 30 Jahre Verwendung belegen. Ich persönlich würde mir einen Wirksamkeitsbeleg für alle Medikamente wünschen.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb angeblich
"altes Wissen, alte Weisheit" sowie "Naturpodukte" von einer Wirksamkeits- und Sicherheitsprüfung ausgenommen werden sollte. Weder altes Wissen, noch Naturprodukte sind prinzipiell besser oder schlechter als neues Wissen und chemisch-synthetische Produkte. Beide "Kategorien" bedürfen der Überprüfung. Meiner Meinung sollte niemand Geld mit falschen Gesundheitsversprechen machen dürfen – ich empfinde das als Betrug. Zweifelsohne gründen die beiden von Frau Schuhrk angesprochenen Heilsysteme TCM und Ayurveda zu großen Teilen auf irrationalen mittelalterlichen Vorstellungen. Die angewendeten Methoden und Präparate gehören kritisch überprüft: Was nichts taugt, wandert in die Tonne und was nützt, wird weiter genutzt und erforscht. So und nicht anders sollte es laufen. Da man nun als Alternativheiler seine einträglichen magischen Felle davonschwimmen sieht, kann ich die Panik nachvollziehen. Ein "Aus" für diese Berufszweige kann ich aber nur befürworten, wenn das eine verbesserte Patientensicherheit bedeutet – Qualität hat ihren Preis.
Der Irrglaube, dass Natur sanft und gut, "Chemie" dagegen brutal und schädlich ist, wird sich wohl noch lange halten. Traditionen sollten abgelegt werden, wenn sie nachgewiesenermaßen schädlich sind, wie etwa Voodoo, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Sklaverei, Folter, Unterdrückung der Frauen, Verfolgung von Homosexuellen, Verstümmelung von weiblichen Geschlechtsorganen und religiöse Kriege. Popularität und Bestandsfestigkeit sind schlechte Kriterien, um irgendeine Maßnahme ethisch oder wissenschaftlich zurechtfertigen.