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  • Wert in der Wissenschaft

    09.05.2013, RAJ
    Auch ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es keine „alles“ umfassende und (auch sich selbst) erklärende „Weltformel“ geben wird, aus prinzipiellen, logischen Gründen. Sollte sie doch in gewissem Umfang formulierbar sein, dann dürfte sie so abstrakt sein, dass der Weg zu den empirischen Konsequenzen wieder unsicherer Zusatzannahmen bedarf, womit wir wieder in der Kontingenz landen. Hinzu kommen die unzähligen emergenten Phänomene, die wir beobachten und zwar post hoc erklären, ja sogar „reduzieren“, aber eben außer in trivialen Fällen nicht vorhersagen können.

    Der wichtige Punkt scheint mir die Frage nach dem Wert wissenschaftlicher Theorien, den viele immer noch ganz naiv ausschließlich an der Testbarkeit festmachen, obgleich die Wissenschaftshistorie und -theorie uns längst eines besseren belehrt haben: dass Wissenschaft nämlich viel komplizierter ist als beispielsweise schlichtgewirkte Popper-Adepten glauben, ohne deswegen irrational zu sein. Nehmen wir etwa die Stringtheorie, die so gerne als Scharlatanerie beschrien wird, und wie es scheint umso mehr, desto weniger Sachkenntnis vorliegt. Sie ist zwar derzeit nicht testbar, hat aber tiefe und neue Einsichten in physikalische und mathematische Zusammenhänge, bekannte und mögliche, vermittelt. Das ist es vor allem, was einer ihrer Begründer, Leonard Susskind, ihr als Positivum zurechnet. Ist das etwa kein wissenschaftlicher Wert? Man sollte sich auch daran erinnern, dass die Disziplin früher einmal „natural philosophy“ hieß und es nicht komplett außerhalb dieses „spirits“ liegt, an den Grenzen des empirisch Prüfbaren wieder spekulative Elemente zuzulassen, solange diese konsistent formulierbar und in die vorhandenen Daten einzubetten sind.

    Wenn Dyson also schreibt "Sollte sich diese Hypothese als wahr herausstellen, hieße das, dass sich die Theorien der Quantengravitation als nicht testbar und damit wissenschaftlich bedeutungslos herausstellen würden“, dann sehe ich vor allem den Sinn des „damit“ nicht, aus den genannten Gründen. Hier liegt m.E. ein verengter Begriff von „Wert“ vor. Im Übrigen würde ich einfach sagen: bitte mehr Geduld, es wurde schon so manches Mal in der Wissenschaftsgeschichte eine prinzipielle Grenze ausgerufen. Die vorliegenden, zwar indirekten, aber konsistenten Daten zur Abstrahlung von Gravitationswellen aus Doppelsternsystemen mögen es auch als nicht so dramatisch erscheinen lassen, wenn der direkte Nachweis über die Verformung der Raumzeit-Geometrie nicht gelingen sollte. Und die Vereinigung ist derzeit wohl eher eine theoretische und weniger eine experimentelle Herausforderung.
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