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Kommentare - - Seite 1

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  • Die Verantwortung haben immer andere

    03.12.2013, Robert Orso
    Übersetzen wir das doch einmal von Politikersprech in Klardeutsch, denn die Argumentationen sind immer gleich:
    "Das schadet der Wirtschaft/Forschung" heißt "ich erwarte mir persönlich Nachteile"
    "Die .. müssen selbst entscheiden (dürfen) ob sie das wollen oder nicht" heißt "ICH will das machen, ohne dass mir wer drein redet"

    Das Problem bei dieser Argumentation ist, dass es daraus hinaus läuft, dass ein einziger Mensch mit bösen Absichten oder ohne Skrupel völlig legal großen Schaden anrichten kann, wir uns aber selbst bequem zurück lehnen und jammern können. WIR sind ja nicht verantwortlich, DIE waren das. Aber jetzt, wo der Schaden schon angerichtet ist könnte man doch .. oder müsste man nicht sogar ...

    Wir sind über das Stadium hinaus, in dem die meisten Forschungen und deren Ergebnisse "nett" oder "interessant" sind. Besonders nicht die, um die es hier geht. Wir forschen im innersten der Biologie, erfinden unsere eigene Evolution, rätseln, welche Kräfte unser Universum zusammen halten und wie man sie nutzbar machen kann.

    Unsere Gesellschaft ist keine ethische, moralisch unantastbare, in der jede neue Entdeckung aus purer Vernunft nur zu Erleuchtung und Vorteilen für Jedermann führt. Auch die bon Ihnen beschworenen ethischen Wissenschaftler sind keine unantastbaren Übermenschen. Es ist genau das Gegenteil der Fall. Jede, also wirklich JEDE Entdeckung wird umgehend dazu verwendet um militärische Überlegenheit und/oder wirtschaftliche Machtpositionen auszubauen, wenn das nur in irgend einer Weise möglich ist. Vorteile davon haben wenige, Nachteile viele. Manche mögen das für legitim halten.

    Tatsächlich sollte man sich als Wissenschaftler heutzutage ernsthaft überlegen, wie die möglichen Entdeckungen dieser Forschung GEGEN die Menschen und die Umwelt eingesetzt werden kann, denn eher früher als später WIRD genau das passieren. Ganz besonders gut sollte man darüber nachdenken, wenn das Militär daran interessiert ist, Geld dafür zu investieren. Das Militär ist von Natur aus nur daran interessiert, möglichst billig und effizient den "Gegner" zu eliminieren. Wobei "Gegner" allerdings je nach politischer Lage ein ziemlich verwaschener Begriff ist.

    Diesen zu erwartenden Nachteilen sollten die zu erhoffenden Vorteile gegenüber gestellt werden. Die Frage sollte dann lauten: Bin ich persönlich willens, diese Nachteile in Kauf zu nehmen und bin ich in der Position, diese Entscheidung für alle Menschen zu treffen? Gerade letzteres wird praktisch nie gemacht. Ist der Geist aber einmal aus der Flasche, bringt man ihn nicht mehr zurück. Die Entscheidung eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe bewirkt aber, dass künftig die gesamte Menschheit davon betroffen ist, mit allen möglichen Vorteilen, mit allen sicheren Nachteilen und für alle Zeiten. Eine einmal gemachte Entdeckung ist nie wieder rückgängig zu machen.

    Die Entdeckung der Radioaktivität, der Äquivalenz von Masse und Energie, die Struktur des Atomkerns - wunderbare Entdeckungen - haben uns die "friedliche Nutzung der Atomkraft" beschert und die Atombombe. Wobei bei ersterem noch nicht so sicher ist, ob sie nicht in Summe noch viel mehr Schaden angerichtet hat und noch anrichten wird als letztere.

    Wir leben in einer Kultur der "Nicht Verantwortung". Jeder ist nur für einen winzigen Teil verantwortlich, oder fühlt sich zumindest so. "Ich mache ja nur..". Allerdings bereitet jeder einzelne in seiner kleinen "nicht Verantwortlichkeit" den Boden für jemand anderen "nicht Verantwortlichen" der "auch nur.." macht. Jeder nur innerhalb legaler und moralisch vertretbarer Grenzen. Nichts, was explizit das Gewissen belastet. Jeder nur aus der puren Notwendigkeit, dem Rahmen der unmittelbaren Situation entsprechend angemessen und vertretbar. Jeder nur ein kleines Bisschen in die falsche Richtung, aber am Ende der Kette finden wir plötzlich ein Monster, das niemand haben will.

    Dann können wir wieder trefflich über die Verantwortung der jeweils anderen streiten. Die am Anfang der Kette mit "das wollten wir doch nie so haben", die am Ende mit "uns bleibt doch gar nichts anderes übrig".

    Ich bin kein betroffener Wissenschaftler, ich bin ein betroffener Mensch. Ich bin unheimlich wissensdurstig und verstehe Ihre Not, sich doch nicht bei der Forschung bremsen zu lassen, wirklich gut. Ich möchte aber nicht, dass SIE darüber entscheiden, ob ICH später mit den militärischen Segnungen Ihrer zukünftigen Entdeckungen konfrontiert werde. DAS möchte ich ganz bestimmt nicht. Ein Ethik Rat, der intensiv und AUSGIEBIG darüber berät, ob eine solche Forschung wünschenswert ist, ist genau das was ich mir wünsche. Sollte diese Beratung ergeben, dass es wünschenswert aber möglicherweise auch nachteilig sein kann, müssen ZEITGLEICHE Maßnahmen gesetzt werden, die eine - und sei sie noch so kleine - missbräuchliche Verwendung rasch und effizient unterbindet. Wenn das nicht sicher gestellt werden kann Hände weg!
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