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Kommentare - - Seite 1

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  • Von Erdbeeren, Gräben, Fachidioten und Scharlatanen

    23.11.2017, Wolfram Obermanns
    Schon in der 5. oder 6. Klasse hatte ich gelernt, Erdbeeren sind gar keine Beeren sondern Nüsse und die Rote Frucht keine Frucht sondern eine Scheinfrucht. So ausgerüstet stürzte ich mich in eine Diskussion in der ich klugscheißernd besser wußte, was eine Erdbeere ist, nur um mich am Ende von einem Geologen verbessern lassen zu müssen.
    Natürlich sei eine Erdbeere eine Beere, genauso wie ein im Garten mit dem Spaten ausgehobener Graben ein Graben ist, auch wenn er als Geologe Riftmerkmale vermissen würde.

    Als aufmerksamer Zuhörer merkt man bald, Sprache ist keine 1:1 Abbildung, Begriffe erhalten in anderen Zusammenhängen andere Bedeutungen. Auch in den Fachsprachen bedeuten die selben Worte noch lange nicht das selbe. Ein Virus ist für einen Mediziner nicht exakt das selbe wie für einen Biologen und wenn Biologen von Art reden, gibt es ein gutes Dutzend ernsthaft diskutierte Definitionen und mehr als zwei Dutzend Zuschreibungen, wenn man die Exoten mit einbezieht.
    Richtig ist, mit Worten wird schlampig umgegangen. Einerseits von Scharlatanen, die sich mit der Aura des wissend aber geheimnisvollen umgeben wollen, aber auch von Fachidioten, die abseits der ihnen bekannten Wege unterwegs sind.
    Was heißt das für die neu aufblühende Spirtitualität, Esoterik oder alternative Heiler? Die Spanne ist weit, sie reicht vom obskuren an Pseudowissenschaft andockendem Geschwätz bis hin zu einer sich wohlwissend sich in Metaphern ausdrückenden Sprache. Was dann aber leider immer noch nichts darüber aussagt, wie kompetent die Leute in der Sache sind. Die können dann jeweils immer noch behaupten mit Klangschalen Krebs heilen zu können oder tatsächlich eine erfolgreiche Entspannungstherapie anbieten.

    Persönlich halte ich es für zu kurz gesprungen als Naturwissenschaftler über den windigen Esomarkt auklären zu wollen. Da sind auf Kundenseite ohnehin Leute unterwegs, die glauben wollen, was Ihnen von den Anbietern erzählt wird. Die sind mit ermüdend rekursiven Statements wie diesem hier sowieso nicht erreichbar.
    Für viel bedenklicher halte ich den schlampingen Umgang mit Sprache in der Wissenschaft selbst und den daraus resultierenden weitreichenden Deutungen von Ergebnissen,m, die die Glaubwürdigkeit von Wissenschaft untergraben. Es ist doch schon eine stehender Witz: Um so breiter die Konfidenz um so weiter die Deutung. Exemplarisch für Wagemut bei der Erfindung von Evidenz sind Ernährungswissenschaft, Hirnforschung, Evolutionsirgendwaswissenschaften, Ökonomie etc.
    Akuter Bedarf im eigenen Haus, also bei den Wissenschaften, besteht empirisch belegt bei Falsifizierung und Publikation der Falsifizierung. Keep your house clean.
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