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  • Dem Menschen muss Mündigkeit zugestanden werden

    09.06.2010, Sebastian Lehner, München
    Im Spektrum-Diskurs Schuld und Freier Wille schreibt Edgar Dahl, dass wir tun, was wir tun, weil wir sind, was wir sind.
    Er schlussfolgert daraus, dass das Verhalten des Menschen determiniert ist und er somit keinerlei Verantwortung für sein Verhalten trägt und auch mit keiner Schuldzuweisung belangt werden kann.
    Gleichzeitig legt er allerdings auch dar, dass es durchaus Sinn machen kann, gesellschaftliche Normen einzuführen und diese entsprechend zu sanktionieren, um ein sinnvolles und konfliktfreies Zusammenleben zu gewährleisten. Nun soll auch der - nach Edgar Dahl - von der "Lotterie des Lebens" benachteiligte das Angebot dieses Gesellschaftsvertrags nicht ausschlagen, da er doch selbst von dessen Nutzen profitiert.
    Hier allerdings enthebt sich Herrn Dahls Argumentation meiner Meinung nach der eigenen Grundlage.
    Denn ist das Handeln eines Menschen wirklich vollständig determiniert, so kann auch nicht von ihm erwartet werden, sich an der Einhaltung eines wie auch immer gearteten Gesellschaftsvertrags zu beteiligen. Denn genauso wie ein in seinem Handeln determinierter Mensch die Verantwortung für sein Handeln ausschlagen kann, so kann er auch argumentieren, dass es ihm aus denselben Gründen nicht möglich sei, sich an der Einhaltung gesellschaftlicher Normen zu beteiligen. Folglich würde hier eine negative Sanktion ebenso wenig gerechtfertigt erscheinen wie eine Schuldzuweisung für ein bestimmtes Handeln.

    Meiner Meinung nach ist es von essenzieller Wichtigkeit für das Funktionieren einer Gesellschaft - unabhängig von der Frage, ob der Wille nun frei ist oder nicht - dass dem Menschen zumindest eine Kontrollfähigkeit seines Handelns eingeräumt wird.
    Nur wenn wir davon ausgehen, dass der Mensch seine Verhaltensweisen zumindest zum Teil steuern und beeinflussen kann, macht es Sinn, gesellschaftliche Normen aufzustellen und deren Nichteinhalten mit negativen Sanktionen zu belegen.
    Dem Menschen muss die Mündigkeit zugestanden werden, sein Verhalten zumindest in gewissen Grenzen steuern zu können.
    Man könnte diebezüglich ein fast utilitaristisches Argument anführen: nämlich dass wir schon alleine deswegen einen zumindest teilweise freien Willen postulieren müssen, weil dieser einen großen Nutzen für die Stabilität unserer Gesellschaft hat und dazu beiträgt, dass Recht und Ordnung durch die Verantwortlichkeit des Einzelnen für sein Handeln aufrechterhalten werden.
    Schon aus rein praktischen Erwägungen erscheint Herrn Dahls Argumentation also höchst fragwürdig.
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