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  • Scheinproblem

    29.05.2015, Prof. em. Dr. Hermann Schmitz, Kiel
    Das Paradox ist ein Scheinproblem. Es beruht darauf, dass der Begriff der Überraschung undefiniert und unkorrekt verwendet wird. Eine Überraschung ist nur möglich, wenn mindestens zwei Möglichkeiten zur Auswahl stehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Tage der Hinrichtung. Die Hinrichtung am Freitag ist ausgeschlossen, solange dieser Tag isoliert betrachtet wird, weil er nicht zwei Tage ist. Schon am Donnerstag ist es anders, wenn der Morgen etwa um 10 Uhr endet. Denn es ist bis zu diesem Zeitpunkt die Überraschung möglich, weil es nun zwei Möglichkeiten gibt. Von Mittwoch an fällt auch die Einschränkung auf 10 Uhr weg.
    Die Anwendung der mathematischen Induktion auf das Problem ist nicht statthaft, weil bei jedem Induktionsschritt jeder vorhergehende sowie die Induktionsbasis festgehalten wird, während hier schon beim ersten Schritt (zum Donnerstag) die vermeintliche Induktionsbasis (Unmöglichkeit der Hinrichtung am Freitag) nicht mehr stimmt.
    Die Lösung von Herrn Jakob Derksen (S. 56) ist also im Inhalt richtig, aber er hat den zugrunde liegenden Fehler (Unterlassung korrekter Bestimmung des Begriffs der Überraschung) nicht identifiziert. Wenn Logiker hier trotzdem auf Induktion bestehen (S. 56), ist das ein grober logischer Fehler.
    Stellungnahme der Redaktion

    Der Begriff der Überraschung ist im Artikel definiert worden. Die Aussage "Der Verurteilte kann nicht wissen", ob er an diesem Tag hingerichtet wird, ist präzisiert worden zu "Er kann nicht logisch erschließen …", und zwar aus den (vorab als wahr unterstellten) Aussagen des Richters und ggfs. der Tatsache, dass er selbst, der Verurteilte, noch lebt.


    Eine Überraschung kann auch noch am Freitag stattfinden. Denn es gibt, zumindest in der Gedankenwelt des Verurteilten, noch zwei Möglichkeiten: "Ich werde hingerichtet" und "Ich werde nicht hingerichtet". Letztere widerspricht zwar der ersten Aussage des Richters, aber der Verurteilte kann sie nicht ausschließen, weil sonst ein Widerspruch zur zweiten Aussage des Richters entstünde.


    Die genannte Präzisierung schafft zwar erst die Grundlage für eine Behandlung im Rahmen der mathematischen Logik, entspricht aber nicht unbedingt unserem umgangssprachlichen Verständnis. Das habe ich an dem Beispiel mit der 300-tägigen Woche ausgeführt.


    Christoph Pöppe, Redaktion

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