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  • Unvermeidlicher Kollaps

    26.01.2008, Pfr. i.R. Reiner Vogels, Swisttal-Odendorf
    Vielen Dank für die kluge und realistische Gesellschaftsanalyse von Hartmut Rosa. Nicht zuletzt darin ist Rosa zuzustimmen, dass die eigentliche Triebfeder der ständigen technischen und gesellschaftlichen Geschwindigkeitssteigerung der Moderne das Verlangen der Menschen nach Intensivierung ihres Lebens ist. Letztlich ist es die unersättliche menschliche Lebensgier, die hinter den von Rosa analysierten Phänomenen steht.

    Allerdings ist diese unersättliche Lebensgier keineswegs, wie Rosa formuliert, die "moderne Antwort auf den Tod" (S 86), sondern es ist eine Antwort, die zu allen Zeiten gegeben worden ist. Diese Antwort ist geradezu eine anthropologische Konstante. Sie unterliegt nicht dem Gesetz des Wandels und der Beschleunigung. Man lese nur die "Satyrica" des Petronius oder besichtige das der Öffentlichkeit zugängliche "Geheimkabinett" des Nationalmuseums in Neapel. Dort sind Fundstücke aus Pompei und Herculaneum ausgestellt, die die enge Verbindung von Todesbewusstsein und zügelloser Lebensgier ungeschminkt und drastisch darstellen. Anders geworden gegenüber den Zeiten Roms ist nicht die Gier als Haupttriebkraft der Gesellschaft, sondern sind allein die größeren technischen und ökonomischen Möglichkeiten der Menschen.

    Recht hat Hartmut Rosa auch in der These, dass die Beschleunigungsspirale eines Tages im Kollaps enden wird. Allerdings erkennt er, wenn er von Ökokollaps, klimatischen oder nuklearen Katastrophen und Pandemien (S. 87) spricht, nicht, dass der Kollaps in Gestalt der die gesamte moderne Welt in ihrer Substanz bedrohenden demographischen Katastrophe längst begonnen hat.

    Das kann auch gar nicht anders sein: In einer Gesellschaft, in der alles immer schneller zu Gewinn und Lebensgenuss führen muss, sind Kinder ein Störfaktor: Das "Kapital" und die "menschlichen Ressourcen", die man in Kinder "investieren" muss, führen frühestens nach 20 Jahren zu einem finanziellen "Return". So lange wollen in einer Zeit der wirbelnden Beschleunigungsspirale immer weniger Menschen warten. Aus der demographischen Katastrophe folgt: Der Moderne wird es gehen wie dem antiken Rom. Ihr Kollaps ist unvermeidlich. Eine Gesellschaft, deren Hauptantriebskraft die unersättliche menschliche Lebensgier ist, ist eine Kultur des Todes. Oder mit der Bibel: "Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit." (1. Joh. 2, 17)
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