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Spiegelneurone: Doch keine Alleskönner?

Spiegelneurone galten einst als Universaltalente. Sie sollten maßgeblich dazu beitragen, dass wir Sprache verstehen, die Handlungen anderer richtig interpretieren und uns in andere hineinversetzen können. Doch mittlerweile beginnen Forscher daran zu zweifeln.
Und alle!

Es klang ziemlich vollmundig, was der indische Neurologe Vilayanur Ramachandran im Jahr 2000 verkündete: Die Entdeckung der Spiegelneurone werde sich für Psychologen als ebenso wichtig erweisen wie die der DNA für Biologen. Acht Jahre zuvor hatten italienische Wissenschaftler diese als "mirror neurons" bekannt gewordenen Nervenzellen eher zufällig entdeckt. Ein Team um den Neurophysiologen Giacomo Rizzolatti von der Universität in Parma wollte eigentlich herausfinden, wie Primaten Bewegun­gen planen. Hierfür untersuchten die Forscher bei Makakenäffchen die Nervenzellaktivität in einem bestimmten Areal der Großhirnrinde, das auf zielgerichtete Handbewegungen spezialisiert ist. Erwartungsgemäß feuerten die Nervenzellen, wenn das Tier nach Früchten griff. Doch als einer der Versuchsleiter selbst eine Rosine nahm, regten sich die Neurone ebenfalls.
Anscheinend spiegelten die Hirnzellen des Tiers das Gesehene, indem sie es nachahmten – als würde der Affe selbst zugreifen. Möglicherweise sei dieser Mechanismus wichtig, damit wir beobachtete Aktionen verstehen, vermuteten Rizzolatti und sein Team. So könnten Spiegelneurone auch dem Menschen helfen, fremde ­Bewegungen innerlich "nachzuspielen" und als absichtsvolle Handlungen einzuordnen.
Im Lauf der folgenden Jahre rückten die neu entdeckten Zellen in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses ...

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  • Quellen und Literaturtipp

Literaturtipp

Rizzolatti, G., Sinigaglia, C.: Empathie und Spiegel­neurone. Die biologische Basis des Mitgefühls. Suhrkamp, Berlin 2008
Der Neurophysiologe Giacomo Rizzolatti gehört zu den Entdeckern der Spiegelneuro­ne. In diesem Buch beschreibt er, in welchen Domänen unseres Denkens, Handelns und Empfindens das Spiegel-Prinzip eine Rolle spielt.


Quellen

Dinstein, I. et al.: Normal Movement-Selectivity in Autism. In: Neuron 66, S. 461-469, 2010

Gallese, V. et al.: Action Recognition in the Premotor Cortex. In: Brain 119, S. 593-609, 1996

Hickok, G.: Eight Problems for the Mirror Neuron Theory of Action Understanding in Monkeys and Humans. In: Journal of Cognitive Neuroscience 21, S. 1229-1243, 2009

Hickok, G., Hauser M.: (Mis)Understanding Mirror Neurons. In: Current Biology 20, S. 593-594, 2010

Mukamel, R. et al.: Single-Neuron Responses in Humans during Execution and Observation of Actions. In: Current Biology 20, S. 750–756, 2010

Negri, G. A. et al.: What is the Role of Motor Simulation in Action and Object Recognition? Evidence from Apraxia. In: Cognitive Neuropsychology 24, S. 795-816, 2007

Rogalsky, C. et al.: Are Mirror Neurons the Basis of Speech Perception? Evidence from Five Cases with Damage to the Purported Human Mirror System. In: Neurocase 17, S.178-187, 2011

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