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Sumatrabeben: Sedimentdecke verhinderte Tsunami-Katastrophe

Ausbreitung von Tsunamis im Golf von Bengalen
Der 26. Dezember 2004 hat sich in das Gedächtnis vieler eingebrannt: Eines der heftigsten Erdbeben in der Menschheitsgeschichte kostete mehrere hunderttausend Leben, als haushohe Flutwellen die Küsten Südostasiens verwüsteten. Wenige Monate später bebte es fast an der gleichen Stelle vor der Küste Sumatras ähnlich stark. Doch dieses Mal kamen deutlich weniger Menschen ums Leben. Warum die eine Erschütterung der Stärke 9,2 so verheerende Folgen zeitigte, die andere mit einer Stärke von 8,7 dagegen weniger extrem ausging, haben nun Simon Dean von der University of Southampton und seine Kollegen untersucht.

Vor Sumatras Westküste taucht die Indische Platte entlang des Sundagrabens unter die Burma- beziehungsweise die Eurasische Platte – ein Prozess, bei dem es öfter ruckelt und hakt; die aufgestaute Energie entlädt sich immer wieder in teils sehr heftigen Erdbeben. Die Indische Platte bewegt sich jedoch nicht als kompakte Platte in einem Stück vorwärts, sondern ist in sich in weitere, kleinere Abschnitte unterteilt: Sie können zu unterschiedlichen Zeiten brechen, weshalb die indonesische Insel zwei Mal kurz hintereinander erschüttert wurde.

Seebeben 2004 und 2005 | Innerhalb weniger Monate ruckelte der Meeresgrund vor Sumatra zwei Mal sehr stark. 2004 (oben) begann die Erschütterung jedoch weiter seewärts, sie bewegte ein größeres Stück der Indischen unter die Burmaplatte und wurde weniger durch auflagernde Sedimente und Abscherungen gedämpft. 2005 (unten) verhinderte dieses Material, dass die Wucht des Bebens voll auf den Meeresgrund durchschlagen konnte.
Wie Deans Team mit Hilfe von seismischen Aufnahmen vor und nach den Beben ermittelt hat, unterschieden sich die beiden Plattenabschnitte auch geologisch – und damit die Auswirkungen des Bebens. Der nördliche Abschnitt, der 2004 weiter ostwärts geschnellt ist, erscheint auf den Aufzeichnungen deutlich heller als der südliche, der 2005 seinem Nachbarn folgte. Der Grund: Oberhalb der seismischen Verwerfungslinie hatten sich im Bereich des 2004er Bebens im Laufe der Zeit wesentlich dünnere Sedimentauflagen gebildet. Ohne dieses belastende Gewicht konnte hier ein größerer Flächenteil der Indischen Platte unter die Burma-Platte rutschen. Dazu fehlte die dämpfende Wirkung der Abscherungsdecken, weshalb der Tremor stärker bis zum Seeboden durchdrang. Die Wahrscheinlichkeit für einen starken Tsunami steigt jedoch, je weiter eine Platte vorwärts springt und je härter der Schlag von unten auf die Wassersäule des Ozeans trifft: Beides geschah 2004 heftig, während beim Beben 2005 das dicke Sedimentpaket und der kürzere Rutsch der Platte stärkere Flutwellen verhinderten. Verglichen mit anderen Subduktionszonen der Erde sei die geologische Situation rund um den nördlichen Teil des Sundagrabens sehr ungewöhnlich, meint Dean: "Das Tsunami-Risiko könnte deshalb hier besonders hoch sein." (dl)

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  • Quellen
Dean, S. et al.: Contrasting Décollement and Prism Properties over the Sumatra 2004–2005 Earthquake Rupture Boundary. In: Science 329, S. 207–210, 2010.

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