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Teilchenphysik: Higgs-Boson praktisch nachgewiesen

Kabel im Atlas-Detektor

Die Zeichen verdichten sich, dass es sich bei dem im Juli vergangenen Jahres am europäischen Teilchenforschungszentrum CERN entdeckten Partikel wirklich um das lang gesuchte Higgs-Boson handelt, welches den anderen Teilchen des so genannten Standardmodells der Teilchenphysik ihre Masse verleiht.

Schon Ende letzten Jahres räumten die Physiker letzte Zweifel aus, dass sie möglicherweise einer statistischen Fluktuation aufgesessen seien. Nach Auswertung von mehr als 2000 Kandidaten des neuen Teilchens liegt nun aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich irren, bei mittlerweile nur noch rund 0,000 000 000 256 Prozent – im Fachdeutsch: sieben Sigma.

Ferner deutet alles darauf hin, dass die in den beiden Nachweisgeräten ATLAS und CMS bei Proton-Proton-Kollisionen am Large Hadron Collider (LHC) gefundenen Teilchen wirklich die Eigenschaften besitzen, welche die Wissenschaftler von dem Higgs-Teilchen erwarten. Demnach sollte es keinen Eigendrehimpuls besitzen – also einen Spin 0 aufweisen. Ferner sollte sich der Zerfall des Teilchens nicht ändern, wenn man das Ganze durch einen (gedachten) Spiegel betrachtet. Physiker sprechen davon, dass die Teilchen positive Parität besitzen.

Die Wissenschaftler haben nun eine Reihe von Optionen für den Spin und die Parität des Teilchens durchgespielt und mit den gemessenen Signalen verglichen. Alles scheint darauf hinauszulaufen, dass es sich tatsächlich um das Higgs-Boson handelt, wenngleich die Ergebnisse noch mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Dennoch traut sich Joe Incandela, der für die CMS-Kollaboration spricht, zu sagen: "Für mich ist klar, dass es sich um ein Higgs-Boson handelt."

Trotzdem gibt es noch eine Menge an Details zu klären: Eine offene Frage ist beispielsweise, ob es sich bei dem Teilchen um ein so genanntes Standardmodell-Higgs-Boson handelt, das quasi den Schlussstein des bewährten Gedankengebäudes der Teilchenphysik bildet, oder ob es nur das leichteste von mehreren unterschiedlichen Higgs-Bosonen ist, die einige weiterführende Theorien vorhersagen. Wenn dem so wäre, wäre das ein erster Hinweis auf eine mögliche neue Physik, wie es beispielsweise die Supersymmetrie oder die Stringtheorie darstellen.

Antworten auf diese Fragen gibt es aber voraussichtlich erst, wenn der LHC im Jahr 2015 wieder anläuft und dann bei voller Leistung arbeiten kann. Denn das neue Teilchen ist extrem selten: Etwa eine Billion Mal müssen Protonen miteinander kollidieren, um ein einziges dieser Bosonen zu erzeugen.

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