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Verhaltensforschung: Buckelwale tauschen Jagdstrategien aus

Schwanzflosse des Buckelwals

Der Gesang der Buckelwale ist eine kulturelle Tradition, die von kreativen Individuen immer wieder verändert und anschließend über Imitation verbreitet wird. Nun erkannten Forscher um Jenny Allen von der University of St Andrews in Schottland, dass auch Jagdstrategien als kulturelles Erbe weitergetragen werden. Mit Hilfe einer neuen Methode zum Nachweis sozialen Lernverhaltens demonstrierten sie, dass sich die Wale eine außergewöhnliche Jagdtechnik durch Beobachten und Nachahmen angeeignet haben.

Die zu den Schluckfiltrierern gehörenden Buckelwale gehen bei der Jagd äußerst raffiniert vor: Sie erzeugen in einem spiralförmigen Muster Luftblasen, die ihre Beutefische wie ein Netz umgeben und zusammentreiben. Taucht der Wal kurz darauf auf, gelangen Hunderte von Fischen gleichzeitig in sein Maul. Dieses Verfahren verfeinerten die Wale, indem sie mit der Schwanzflosse kraftvoll aufs Wasser schlagen, bevor sie abtauchen und den Luftblasentrick anwenden. Allen geht davon aus, dass es sich bei diesem Aufklatschen um eine Spezialisierung zum Fang von Sandaalen handelt, die durch das laute Geräusch erschreckt und zusammengetrieben werden. 1981 wurde diese Schlagtechnik das erste Mal bei einem Wal im Golf von Maine beobachtet und bis heute von 37 Prozent der Buckelwale übernommen.

In ihrer Studie analysierten die Forscher Walbeobachtungen aus den Jahren 1980 bis 2007. Dabei nutzten sie die so genannte netzwerkbasierte Diffusionsanalyse, welche neben der Verbreitung neuer Verhaltensweisen auch örtliche und zeitliche Reihenfolge berücksichtigt. Dabei galt die Annahme, dass sich die Ausbreitung der Schwanzschlagtechnik mit dem Muster der sozialen Netzwerke der Wale decken sollte. Und tatsächlich nutzen Buckelwale die spezielle Jagdstrategie vor allem dann, wenn Artgenossen in der Nähe sie anwenden. Nach ihrem Modell können die Forscher diese Beobachtung nur mit sozialem Lernverhalten erklären. Genetische Faktoren und individuelle Lernunterschiede als alleinige Ursache schließen sie aus.

Allens Team glaubt, dass die Wale durch die Weitergabe der Jagdtechniken flexibler auf veränderte Umweltbedingungen reagieren können. Die Verbreitung der Schwanzschlagtechnik korreliert dabei mit den Rückgängen des Heringsbestands und der Ausbreitung der Sandaale, die den Walen als Ersatznahrung dienen. Während Verhaltensforscher noch rätseln, inwiefern das Aufpeitschen mit der Schwanzflosse das Fangen der Sandaale erleichtert, hat sich unter den Walen wohl längst herumgesprochen, dass die Sandaale so leichter ins Luftblasennetz gehen.

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  • Quellen
Science 340, S. 485–488, 2013

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