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Ausstellung: Ästhetische Geometrie - Geometrische Ästhetik

Dodekadodekaeder
"Polykomplex" | Verschiedene platonische Körper ineinandergeschachtelt: von innen nach außen Ikosaederzwilling, Oktaeder, Tetraederzwilling ("stella octangula"), Würfel und Dodekaeder. Einige Sternkörper sind ebenfalls durch Stangen realisiert. Polyamidkugeln und Messingrohre, 1990
Die Gegenstände der räumlichen Geometrie sind – nun ja, räumliche Gegenstände. Es müsste also eigentlich möglich sein, sie nicht nur zu denken oder das Ausgedachte auf dem Bildschirm vor sich hin rotieren zu lassen, sondern sie "in echt", zum Anfassen herzustellen. Natürlich geht das; nur sind die geometrischen Modelle merkwürdigerweise ziemlich aus der Mode gekommen. Die Gipsmodelle aus der Blütezeit vom Anfang des 20. Jahrhunderts verstauben in den Vitrinen der mathematischen Institute; der verdienstvolle Bildband "Mathematische Modelle" von Gerd Fischer (1986) ist vergriffen.

"Würfelstele" | Ein Würfel, halbiert in einer Ebene senkrecht zu einer Raumdiagonalen, zeigt eine sechseckige Schnittfläche. Acht dieser halben Würfel ergeben einen Oktaederstumpf. Diese Bauteile haften durch Permanentmagnete aneinander.
Aber die Wüste lebt! An Fachbereichen für Mathematik und vor allem für Architektur werden sehr interessante und obendrein ansehnliche geometrische Objekte produziert; Künstler lassen sich von der Wissenschaft der reinen Form zu steinernen oder blechernen Werken inspirieren; und Amateure bringen in langjähriger Arbeit Bewundernswertes zu Stande.

Dodekadodekaeder | Ein uniformes Polyeder aus 12 regulären Fünfecken und 12 Fünfsternen (Pentagrammen). Man hält – im Bild wie beim Anblick des realen Körpers – häufig die einspringenden Ecken für vorspringend!
Und wenn ein Professor in den Ruhestand geht? Dann muss er sein Büro räumen, und seine gesammelten Werke – und die seiner Studenten – drohen der Vergessenheit oder, schlimmer noch, der Wertstoffsammlung anheimzufallen. Das wollte Friedhelm Kürpig, ehemals Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, seiner umfangreichen Sammlung nicht antun. Die Öffentlichkeit soll Gelegenheit haben, die mit öffentlichen Mitteln produzierten Schätze – soweit sie für die Nachwelt interessant sind – auch zu bewundern.

"Triumvirat" | Diese Fläche, die Clebsch'sche Diagonalfläche, enthält 27 Geraden, die in dieses Modell eingraviert sind.
Der glückliche Zufall wollte es, dass in unmittelbarer Nähe seines alten und neuen Heimatortes eine geeignete Ausstellungsfläche frei wurde: im Westflügel der ehemaligen Reichsabtei Kornelimünster in Aachen. Die RWTH Aachen hat ihn gemietet und noch Kapazitäten frei; denn für den täglichen Vorlesungsbetrieb ist Kornelimünster vom Hauptgebäude der Hochschule doch zu weit entfernt.

Natürlich kann eine solche Ausstellung nicht nur die Einzelperson Kürpig feiern. Der Initiator suchte und fand Mitstreiter, darunter seine Professorenkollegen Mirko Baum aus Aachen, Oliver Niewiadomski aus Bremen und Daniel Lordick aus Dresden, den Chemiker Ulrich Mikloweit aus Essen, den Bildhauer Klaus Becker aus Anröchte (Westfalen), den Digitalbildhauer Rinus Roelofs aus Hengelo (Niederlande) – und meine Wenigkeit.

"Getrenntes Paar" | Aus einem Zylinder ist ein schiefer Kegel ausgeschnitten.
Die Ausstellung wird am Sonntag, 21. März, um 16 Uhr feierlich eröffnet (Informationen zu Ort und Öffnungszeiten siehe unten). Vom 24. bis zum 26. März findet im Rahmen der Ausstellung die 6. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Geometrie und Grafik statt, die sich thematisch ebenfalls auf die ästhetische Geometrie konzentriert.

Tetraederfünfling | Die zwanzig Ecken eines regulären Dodekaeders gruppieren sich zu fünf Tetraedern. Die ganze Anordnung ist nicht spiegelsymmetrisch!
Und wenn die Ausstellung Ende April schon wieder ihre Tore schließt? Dann möchte Friedhelm Kürpig am liebsten eine Dauerausstellung daraus machen. Anfassen steht bei Kunstwerken ja nicht so sehr im Vordergrund, also wird es wohl nicht "Mathematik zum Anfassen" werden. Das ist das Motto des Mathematikums in Gießen, mit dem Albrecht Beutelspacher gezeigt hat, dass man mit dem Thema Mathematik, geschickt aufbereitet, die Massen ins Museum locken kann. Ein Museum "Ästhetische Geometrie" wäre vom Mathematikum im Charakter so weit entfernt, dass es als zweites deutsches Mathematikmuseum seinen eigenen Platz in der Landschaft finden könnte.

Natürlich wünsche ich diesem Unternehmen den größten Erfolg – schon weil ich meine bescheidenen Bastelarbeiten gerne einem großen Publikum präsentieren möchte.

Ausstellung vom 21. März bis 30. April 2010
52076 Aachen-Kornelimünster, Abteigarten 6
Geöffnet Di, Do, Sa, So 15 – 18 Uhr
Telefon: 02408 1457745
E-Mail:
kuerpig@t-online.de
Eintritt frei

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