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Warum nimmt im Alter die Vergesslichkeit zu?

Nicht jeder, der seine Schlüssel verlegt, Namen vergisst oder Verabredungen verschwitzt, ist gleich ein Alzheimerpatient. Das Nachlassen des Erinnerungsvermögens ist zunächst ein ganz natürlicher Prozess.

Wer gelegentlich zerstreut ist, muss nicht sofort das Schlimmste befürchten: "Jeder gesunde Mensch ist bisweilen vergesslich", sagt Dan Georgescu, Leiter der Memory Clinic an der Psychiatrischen Klinik Königsfelden in der Schweiz, "insbesondere dann, wenn wir unaufmerksam, abgelenkt oder gestresst sind." Vereinfacht ausgedrückt, funktioniert das Gedächtnis in drei Schritten: 1. Kodieren, 2. Speichern, 3. Abrufen. Denkt man beim Ablegen des Autoschlüssels etwa daran, dass man schnell die Fischstäbchen ins Eisfach räumen und die Freundin noch zurückrufen muss, wird der Ort, an dem der Schlüssel abgelegt wurde, nicht wahrgenommen. Schenkt man einer Information aber zu wenig Aufmerksamkeit, geht sie verloren. Sie wird nicht kodiert und somit auch nicht gespeichert. Und was nicht gespeichert wurde, kann nicht abgerufen werden.

Manchmal klemmt auch das Abrufen einer gespeicherten Information. Der Name des Schauspielers liegt einem minutenlang quälend auf der Zunge, und plötzlich, nachdem man an etwas ganz anderes gedacht hat, ist er wieder da. Wie solche Informationen aus dem Gehirn "ausgelesen" werden, ist eines der großen Rätsel in der Gehirnforschung.

Mit steigendem Lebensalter nimmt die Vergesslichkeit häufig zu. Generell gilt, dass Menschen den Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit zwischen 20 und 30 Jahren erreichen. Da das Gehirn den gleichen Alterungsmechanismen unterliegt wie der restliche Körper, nehmen mit dem Älterwerden auch verschiedene Gedächtnisleistungen ab. "Bis zu einem gewissen Grad ist das ein normales Phänomen", so Georgescu. Deshalb lässt sich einer Demenzerkrankung nur schwer vorbeugen. Studien zeigen allerdings, dass sich Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes auch auf das Gehirn ungünstig auswirken. Für dessen Gesunderhaltung gelten daher die klassischen Ratschläge: gesellig sein, gesund essen und Sport treiben.

Auf der anderen Seite steigt mit dem Lebensalter das Risiko, an Alzheimer zu erkranken: Während bei den 60-Jährigen eine von zehn Personen betroffen ist, sind es bei den 95-Jährigen fünf von zehn. Wo also liegt die Grenze zwischen normalen Alterserscheinungen und dem Beginn eines krankhaften Gedächtnisverlustes? "In frühen Stadien der Erkrankung ist die Abgrenzung schwierig. Man sollte darauf achten, um welche Art Beschwerden es sich handelt", sagt Mike Martin, Gerontologe an der Universität Zürich. "Es ist ein Unterschied, ob einem der Name der langjährigen Ehepartnerin nicht mehr einfällt oder ob man sich unter Zeitdruck erstmals gehörte Informationen nicht mehr so gut merken kann."

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