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Molekularbiologie : Lässt uns Stress schneller altern?

Dauerstress gehört mittlerweile zum Alltag vieler Menschen. Aber werden wir durch ihn auch schneller alt?
Alte Frau

Der Eindruck trügt tatsächlich nicht: Stress macht alt. Im Jahr 2004 entdeckten Elissa Epel und ihr Team von der University of California in San Francisco einen zellulären Mechanismus, der dafür verantwortlich zu sein scheint.

Sie verglichen Immunzellen im Blut von Müttern chronisch kranker Kinder mit denen von Müttern mit gesundem Nachwuchs. Im Fokus standen dabei die Telomere – mit Proteinen verwobene DNA-Abschnitte, die an den Enden unserer Chromosomen sitzen. Sie enthalten zwar keine Erbinformation, sind aber dennoch sehr wichtig: Sie schützen die Chromosomen und halten sie funktionsfähig. Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere ein wenig. Unterschreiten sie eine bestimmte Länge, wird das Chromosom geschädigt, die Zelle kann sich nicht weiter teilen und stirbt ab. Auf Dauer führt dies zu Funktionseinschränkungen, die uns schneller altern lassen.

Älter durch Belastung

Die Forscher um Epel fanden heraus: Je länger sich Mütter um ein chronisch krankes Kind gekümmert hatten und je belasteter sie sich dadurch fühlten, desto kürzer waren ihre Telomere. Unter akutem Stress schüttet der Körper Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Hält die Belastung an, begünstigt dies dauerhafte Veränderungen im Körper. So bremst das Stresshormon Cortisol das Reparaturenzym Telomerase. Dieses kann der Telomerverkürzung zum Teil entgegenwirken, indem es die fehlende DNA-­Sequenz nach jeder Zellteilung wieder ergänzt.

Stress dreht beachtlich an der Lebensuhr: Die Telomere von Müttern kranker Kinder waren im Schnitt 550 Basenpaare kürzer als die von Müttern, deren Nachwuchs gesund war. Das entspricht einem Altersunterschied von zirka zehn Jahren! Auch zerrüttete Familienverhältnisse, Armut oder häusliche Gewalt "nagen" an den Enden unserer Chromosomen. So weisen Erwachsene und Kinder, die während ihrer frühen Kindheit Gewalt und Missbrauch ­erlitten, im Schnitt kürzere Telomere auf. Bereits bei Neugeborenen, deren Mütter in der Schwangerschaft viel durchmachen mussten, gibt es diesen Effekt.

Doch wir sind dem Altern nicht hilflos ausgesetzt – wir können etwas dagegen tun: Die Befunde mehren sich, dass etwa Sport ebenso wie regelmäßiges Meditieren die Aktivität des Enzyms Telomerase ankurbelt.

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  • Quellen
Entringer, S. et al.: Maternal Psychosocial Stress during Pregnancy is Associated with Newborn Leukocyte Telomere Length. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology 208, 134, 2013

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