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Kälteperiode: Der Arktis droht ein Rekord-Ozonloch

Über der Arktis schwindet derzeit das Ozon in nie gekanntem Ausmaß. Schuld daran ist eine außergewöhnliche Kälteperiode. Hält sie an, droht eine Wiederholung der Verhältnisse aus dem Winter 2010/11.
Atmosphärenforschung mit Ballonen

Eine ungewöhnliche Kälteperiode sorgt derzeit dafür, dass über der Arktis die Ozonschicht rapide schwindet. Bleibe es bei der derzeitigen Wetterlage, könne es im kommenden März und April auch in Mitteleuropa zu erhöhter UV-Einstrahlung kommen, warnen Atmosphärenforscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven.

Die Vorgänge seien vergleichbar mit denen im Winter 2010/11. Damals verursachte eine extreme Kälteperiode ein Ozonloch, das bis zum 50. Breitengrad reichte – allerdings hauptsächlich über der dünn besiedelten Mongolei. Bewohner Mitteleuropas waren nicht betroffen.

Modellrechnungen zeigten jedoch, dass die chemischen Bedingungen in der arktischen Stratosphäre bereits jetzt das Ozonzerstörungspotenzial aus dem Winter 2010/11 übertreffen. Grund dafür sei ein stabiler Tiefdruckwirbel über der Arktis. Er schließe extrem kalte Luftmassen über der Arktis ein und verhindere, dass Ozon aus niedrigeren Breiten nachströmt. Wenn intensiveres Sonnenlicht nach Ende der Polarnacht auf den Tiefdruckwirbel trifft, werde der Ozonabbau zusätzlich an Fahrt gewinnen, erklärt Markus Rex. Der AWI-Forscher ist Koordinator des europäischen Forschungsprojekts StratoClim, das die Lage in der Arktis täglich beobachtet.

Perlmuttwolken | So schön die Wolken auch sein mögen, sie sind maßgeblich am Ozonabbau beteiligt: Polare Stratosphärenwolken bilden sich aus gefrorener Salpetersäure und Schwefelsäure, wenn die Temperaturen in der Stratosphäre in rund 20 Kilometer Höhe unter etwa -78 Grad Celsius fallen. In ihnen entstehen dann die Verbindungen, welche die schützende Sauerstoffverbindung Ozon angreifen.

Ursächlich für den Ozonabbau ist der hohe Gehalt an Fluorkohlenwasserstoffen, die in der Vergangenheit vom Menschen freigesetzt wurden. Zu einem Problem werden sie jedoch nur, wenn extreme Kälte in der Stratosphäre herrscht. Dies ist normalerweise eher über der Südhalbkugel der Fall. Doch seit Anfang Dezember sei die Luft in rund 20 Kilometern bis zu minus 90 Grad Celsius kalt.

"Sollte der Wirbel bis weit in den Monat März hinein Bestand haben, muss sogar mit einer Vertiefung des Ozonminimums gerechnet werden", erklärt Rex. "Bricht der Wirbel jedoch zuvor auf, vermischen sich die Luftmassen ausreichend mit frischer Luft aus niedrigeren Breiten, und die Arktis schrammt an einem neuen Rekordozonabbau vorbei."

Langfristig erwartet der AWI-Forscher eine deutliche Besserung der Lage, bedingt durch den Rückgang der FCKW-Produktion. Die Ozonschicht über Nord- und Südhalbkugel sollte sich also über kurz oder lang wieder erholen. Allerdings begünstigt der Klimawandel womöglich die Extremkälte in der Stratosphäre. Das würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass auch in den kommenden Jahren ein arktisches Ozonminimum auftritt.

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