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Hormone: Bei Erdmännchen ist Testosteron Frauensache

Testosteron steht in erster Linie für Männlichkeit. Allerdings nicht bei Erdmännchen: Hier produzieren dominante Weibchen zum Teil deutlich mehr von dem Sexualhormon als ihre männlichen Artgenossen.
Erdmännchen

Das Sexualhormon Testosteron ist vor allem dafür bekannt, dass es Männer zu Machos macht – auch wenn viele Studien inzwischen zeigen, dass seine Wirkung weit vielfältiger ist als lange angenommen. Zumindest produzieren aber beim Menschen und auch bei allen Tierarten männliche Vertreter in aller Regel mehr davon als weibliche. In zwei Studien, die in den Fachmagazinen "Scientific Reports" und "Biology Letters" erschienen sind, stellen Wissenschaftler nun eine prägnante Ausnahme von dieser Regel vor: Erdmännchen. Bei ihnen, so entdeckten die Forscher, haben Weibchen sogar bis zu doppelt so viel Testosteron im Blut wie manche ihrer männlichen Artgenossen.

Das hängt vermutlich mit der sozialen Rangordnung in den Erdmännchenkolonien zusammen: Hier gibt nämlich statt eines Alphamännchens stets ein dominantes Weibchen den Ton an. Vor allem dieses eine Weibchen, so die Erkenntnis der ersten der beiden Untersuchungen, erreicht etwa während einer Schwangerschaft ähnlich hohe Testosteronwerte wie vagabundierende Männchen, die außerhalb der Kolonie auf Partnersuche gehen. Und Männchen, die gerade nicht auf Brautschau sind, werden von dominanten Weibchen in puncto Testosteron sogar um Längen überholt.

Erdmännchen seien nicht die einzigen Tiere, bei denen weibliche Exemplare das Sagen hätten – aber die bislang einzig bekannten, bei denen sich das typische Muster in Bezug auf die Sexualhormone offenbar tatsächlich umkehren könne, erklären die Forscher um Christine Drea von der Duke University in Durham.

Dieser Umstand scheint allerdings auch mit Nachteilen verbunden zu sein, wie ein Team um Kendra Smyth, ebenfalls von der Duke University, in der zweiten Arbeit berichtet. Die Wissenschaftler sammelten und untersuchten Fäkalienproben von 37 weiblichen Erdmännchen, die im Kuruman-River-Reservat in Südafrika leben. In den Proben bestimmten sie sowohl die Konzentration der Sexualhormone sowie die Anzahl an Eiern von Parasiten, mit denen die Tiere sich möglicherweise infiziert hatten.

Dabei entdeckten sie, dass Weibchen mit viel Testosteron gleichzeitig auch stärker von Parasiten befallen waren. "Es könnte sein, dass das Hormon das Immunsystem dämpft und somit dafür sorgt, dass die Krankheitsabwehr schlechter mit Parasiten zurechtkommt", sagt Smyth. Die Vermutung, Testosteron mache Männer anfälliger für Krankheiten, hegen Wissenschaftler schon lange. Die aktuelle Untersuchung deute nun darauf hin, dass dies offenbar ebenfalls für solche weiblichen Artgenossen gilt, die, aus welchen Gründen auch immer, hohe Mengen des Hormons produzieren, so die Forscher.

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