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Paläontologie: Unbekanntes Massenaussterben entdeckt

Im Pliozän verschwand in kurzer Zeit ein großer Teil der Artenvielfalt der Meere. Viele große Tiere waren davon betroffen. Wahrscheinlich waren Klimaänderungen schuld.
Gestrandeter Pottwal (Symbolbild)

Vor etwa zwei bis drei Millionen Jahren gab es in den Meeren des Pliozäns offensichtlich ein Massenaussterben zumindest bei großen Tierarten: Innerhalb geologisch kurzer Zeit verschwand rund ein Drittel der damals vorhandenen marinen Megafauna, wie Catalina Pimiento von der Universität Zürich und ihre Kollegen in "Nature Ecology and Evolution" schreiben. Besonders betroffen waren Meeressäuger, von denen im Übergang zum Pleistozän – dem Eiszeitalter – mehr als die Hälfte aller Spezies ausstarben. Ebenfalls stark betroffen waren Meeresschildkröten mit einem Verlust von mehr als 40 Prozent der ursprünglichen Vielfalt und Seevögel mit einem Rückgang um mehr als ein Drittel. Auch einige Haiarten verschwanden, doch betrug der Rückgang bei ihnen nur knapp ein Zehntel, wie die Paläontologen aus dem Vergleich von Fossiliensammlungen schließen.

Von diesen Verlusten konnte sich die Biodiversität der Meere bis heute nicht erholen, obwohl sich während des nachfolgenden Pleistozäns neue Arten wie der Eisbär, Sturmvögel und bestimmte Pinguingattungen entwickelten. "Die Lebensgemeinschaften in den Ozeanen, die wir Menschen später vorfanden, waren also bereits verändert und reduziert", so Pimiento in einer Mitteilung. Das Artensterben im Meer war dem späteren an Land deutlich vorangegangen, ihm wurde allerdings bislang weniger Aufmerksamkeit geschenkt.

Verantwortlich war wohl die globale Abkühlung und die damit einhergegangenen Meeresspiegelschwankungen. Flache Schelfmeere verschwanden durch die sinkenden Pegel, was darauf angewiesene Arten schwer traf: Wer sich nicht anpassen konnte, starb aus. Dieser Faktor wird beispielsweise für den Riesenhai Megalodon diskutiert, der auf Zwergwale und Robben spezialisiert war. Als diese wegen des Klimawandels seltener wurden und selbst untergingen, mangelte es Megalodon ebenfalls dauerhaft und letztlich fatal an Nahrung.

Das Massensterben hatte zudem Konsequenzen für die Funktionalität der betroffenen Ökosysteme, wie die Wissenschaftler ebenfalls herausfanden. Neben den Arten gingen auch sieben ökologische Einheiten zu Grunde – Tiergruppen, die nicht miteinander verwandt sind, aber Eigenschaften teilen, die für das Funktionieren des Ökosystems wichtig sind. Etwa ein Sechstel der ökologischen Prozesse der Schelfmeere erloschen komplett, weitere 21 Prozent veränderten sich. Zuvor häufige Raubtiere starben aus, während sich neue Wettbewerber entwickelten, an die sich die verbliebenen Spezies anpassen mussten. Pimiento und Co warnen angesichts des aktuellen Klimawandels, dass wir vor allem auf große Meeressäuger achten sollten. Sie seien besonders gefährdet durch unsere negativen Einflüsse und könnten leichter aussterben, wie das bislang unbekannte pliozäne Massenaussterben zeige.

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