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Präkolumbische Kultur: Papageienzucht für die Pueblo-Herrscher

Ohne hellrote Feder galt man in vielen präkolumbischen Indianer-Gesellschaften nicht als wirkliche Führungspersönlichkeit. Ambitionierte Papageienlieferanten stellte das vor komplexe, aber lösbare Logistikprobleme.
Hellroter Ara

Die in Süd- und Mittelamerika heimischen Hellroten Aras (Ara macao) wurden schon von den amerikanischen Ureinwohnern als Haustiere geschätzt, wie unter anderem eine Unzahl von Bilddarstellungen belegt. Tatsächlich sind die großen Papageien vermutlich lange vor Ankunft der ersten Europäer über den ganzen Kontinent als Statusobjekte gehandelt worden – bis nach Nordamerika. Dort hatte sich wohl ein bisher unentdecktes Zucht- und Vertriebszentrum etabliert, um wohlhabende Interessenten wie die Elite der Chaco-Indianer in ihren Pueblo-Siedlungen zu versorgen. Hinweise auf diese präkolumbische Handelslogistik decken nun Forscher um Douglas J. Kennett von der Pennsylvania State University in »PNAS« nach Genanalysen auf.

Das Team hatte sich Knochenüberreste von 14 Hellroten Aras besorgt, die zwischen 900 und 1200 n. Chr. im Südwesten Nordamerikas in den Siedlungen der Chaco-Canyon- und der Mogollon-Kultur gefunden worden sind. Die Gensequenzen der Tiere verglichen die Wissenschaftler dann mit modernen Ara-Linien und wild lebenden Tieren aus präkolumbischer Zeit. Dabei zeigte sich eine auffällig geringe genetische Vielfalt der Pueblo-Aras, die sämtlich nur einer von fünf damals vorherrschenden Haplogruppen angehörten, welche heute nur noch selten vorkommt. Demnach stammten die Tiere aus einer einzigen Zuchtlinie, die mit einem schmalen Genpool von wenigen Tieren startete. Aus ihr ist dann offenbar der Bedarf nach Haus-Aras in der Region über drei Jahrhunderte hinweg gedeckt worden, wie die Genvergleiche nahelegen. Deutlich unwahrscheinlicher sei dagegen, dass zu Zeiten der Pueblo- und Prä-Pueblo-Kulturen im Südwesten der heutigen USA eine kleine wild lebende Population weit nördlich der eigentlichen Ara-Heimat existiert hat, aus der dann kontinuierlich Tiere gefangen wurden.

Unklar bleibt, wo die erfolgreiche Papageienzucht betrieben wurde, schreiben die Autoren. Viel jünger als die von den Forschern untersuchten Kulturen ist das im Norden des heutigen Mexikos liegende Paquimé, wo zwischen 1250 bis 1450 n. Chr. sicherlich Papageien gezüchtet wurden. Das belegen die dort vielfach gefundenen Knochen- und Eierschalenreste. Paquimé war ohnehin in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich, etwa weil hier lokal eher untypische zusammenhängende Pueblos vorherrschten, die man sonst nur aus den älteren und deutlich weiter im Norden liegenden Pueblo-Kulturen kennt. Sicherlich standen die Menschen im Norden Mittelamerikas und dem Südwesten Nordamerikas über lange Zeit in kulturellem Austausch.

In jedem Fall aber hat sich von Südamerika bis in den Norden hinein über Jahrhunderte die Beliebtheit von Papageien als Statussymbol erhalten. Schon in der Präklassik des vorkolumbischen Mesoamerikas von 400 v. Chr. bis 200 n. Chr. haben Eliten bunte Papageienfedern als Herrscherschmuck eingesetzt und auf Steinmonumenten und Töpferwaren verewigt. Ein steter Nachschub musste dabei gewährleistet sein, weil einzelne Federn in der Sonne immer schnell ausbleichen.

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