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Reichtum: Noch mehr Geld macht noch glücklicher

Kann man je genug Geld verdienen? Nein, sagt ein Forscher aus den USA. Mit modernen Umfragemethoden belegt er, dass die Zufriedenheit mit dem Einkommen immer weiter steigt.
Ein dickes Portemonnaie ist für viele ein gutes Ruhekissen

Menschen mit eher kleinem Verdienst konnten sich bislang damit trösten, dass ein sehr großes Gehalt angeblich auch nicht glücklicher macht. Doch eine Studie im Fachjournal »PNAS« kommt nun zum gegenteiligen Resultat: Wenn das Einkommen steige, nehme auch die Lebenszufriedenheit immer weiter zu, und mit ihr das tägliche Wohlbefinden.

Zuvor waren viele Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass es eine Art Grenzwert gibt. Ab diesem Punkt mag die Summe auf dem Konto zwar weiter wachsen, das persönliche Glücksempfinden hingegen würde stagnieren, zum Beispiel weil die finanzielle Absicherung längst ein sorgenfreies Leben erlaubt. So ergab 2018 eine Studie des Psychologen Andrew Jebb von der Purdue University: Wenn das jährliche Haushaltseinkommen zwischen 60 000 und 75 000 US-Dollar liegt, ist diese Grenze erreicht. Einen ähnlichen Schluss zogen 2010 der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman und der Ökonom Angus Deaton von der Princeton University: Ihnen zufolge steigt das Wohlbefinden ab 75 000 US-Dollar nicht weiter. Umgerechnet entspricht dies aktuell 62 000 Euro, allerdings beziehen sich beide Studien auf die Situation in den USA.

Dem widerspricht nun der Psychologe Matthew Killingsworth von der University of Pennsylvania mit seiner neuen Studie. Dafür wurden mehr als 33 000 erwerbstätige Erwachsene in den USA an zufälligen Zeitpunkten des Tages über eine App gefragt: »Wie fühlen Sie sich gerade?« Das Ergebnis der 1,7 Millionen Einzeldaten: Nicht nur die allgemeine Lebenszufriedenheit, sondern auch das tägliche emotionale Wohlempfinden stieg mit wachsendem Brutto-Haushaltseinkommen, und das weit über eine Summe von 80 000 US-Dollar hinaus. Als einen der Gründe nennt der Psychologe, dass reiche Menschen das Gefühl hätten, mehr Kontrolle über ihr Leben zu haben. Er gibt keinen oberen Grenzwert an: »Es mag zwar einen Punkt geben, ab dem Geld seine Kraft zur Verbesserung des Wohlbefindens verliert, aber die aktuellen Ergebnisse legen nahe, dass dieser Punkt höher liegen könnte als bisher angenommen.«

Glück in allen Schattierungen

Killingsworth sieht seine differenziertere Methodik als Ursache für die abweichenden Resultate an: So seien die Probanden mit Hilfe des Smartphones quasi in Echtzeit befragt worden, anstatt in einer Umfrage rückblickend zu berichten. Zudem sollten sie ihre Emotionen auf einer breiten Skala einordnen, statt nur anzugeben, ob sie sich gut fühlten oder nicht. Ein Vorgehen, das auch Jan Delhey positiv hervorhebt. Der Glücksforscher und Soziologe von der Universität Magdeburg lobt in einer unabhängigen Einordnung der Studie auch deren detaillierte Einkommensmessung: »Die insgesamt bessere Methode könnte tatsächlich zu dem neuen Ergebnis geführt haben.«

Delhey ist indes vorsichtig, die Befunde auf Deutschland zu übertragen. So sei die Gesellschaft in den USA wesentlich wettbewerbsorientierter und materialistischer, der Erfolg eines Menschen würde stärker über seinen ökonomischen Status bewertet. Zudem habe sich die Arbeit, unabhängig von kulturellen Unterschieden, auf Erwerbstätige fokussiert, bei denen das Materielle grundsätzlich eine größere Rolle spiele.

Der neue Befund passt zu einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) von 2020, der zufolge Millionärinnen und Millionäre in Deutschland mit ihrem Leben am zufriedensten sind. Allerdings, so Delhey, sei nicht nur wichtig, wie viel Geld man habe, sondern auch, wofür man es ausgebe – zum Beispiel nicht nur für sich, sondern auch für andere. Und er betont, dass Reiche lediglich eine größere Chance auf Zufriedenheit hätten: »Im Einzelfall finden wir kreuzunglückliche Hocheinkommensbezieher genauso wie Menschen mit geringerem Einkommen und hohem Wohlbefinden.«

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