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Wilde Gänse

Dunkel ist es. Nasskalt. Warum frieren wir freiwillig an diesem frühen Herbstmorgen an einem brandenburgischen Seeufer? Sehen können wir noch nicht viel. Aber wir hören sie! Fast 20 000 Gänse und einige tausend Kraniche haben für die Nacht Schutz vor ihren Feinden im See gesucht. Unbeschreiblich ist der Augenblick im Morgengrauen, in dem sich die Vögel in einer einzigen dunklen Wolke aus dem Wasser erheben und fast ohrenbetäubend schnatternd über uns hinwegziehen.

Kaum etwas hat mich jemals so beeindruckt wie das Lever der Gänse am Gülper See. Selten fühlte ich mich so konzentriert und entspannt wie bei unseren Bestimmungsübungen entlang der Felder, welche die Vögel tagsüber abweiden: Saatgans oder Graugans oder Blässgans? Rosa Schnabel? Orangefarbene Füße?

Ein Buch wie "Wilde Gänse" hätte unsere Reiselektüre und unsere Beobachtungen bereichert. Wie sehr haben wir uns gewünscht, mehr über die Vögel zu erfahren als nur Größe oder Schnabel- und Fußfarbe. Hier können wir es nachlesen! Die Autoren beantworten für unsere wild lebenden Gänsearten die Fragen: Wie sehen sie aus? Wie viele gibt es? Wo leben sie? Wie leben sie? Sie beschreiben ausführlich Sozialverhalten, Lebensweise und Ökologie. So lernen wir, dass manche Gänse ihr Nest in der Nähe der Gelege von Raubvögeln bauen, denn diese bieten ihnen Schutz vor ihren Feinden, ohne ihnen selbst gefährlich zu werden.

Zahlreiche Bilder sprechen eine eigene Sprache und veranschaulichen Balzverhalten, Aggression oder das Familienleben. Wir wussten natürlich, dass Gänsepaare zum Teil ein Leben lang zusammenbleiben, neu war uns aber, dass die Ganter ihre Gefährtin beim Fressen begleiten und beschützen – und vor potenziellen Rivalen bewachen. Selbstverständlich berichten die Autoren sowohl über die Arbeiten des "Gänsevaters" Konrad Lorenz als auch über moderne Methoden der Verhaltensforschung wie radio tracking oder Telemetrie.

Das Phänomen Vogelzug darf natürlich nicht fehlen. Die Autoren erläutern Ursachen und Vorteile dieses Kraft raubenden Verhaltens sowie Überwinterungsgebiete und Sommerlebensräume. Sie beschreiben internationale Abkommen, Richtlinien und Gesetze, die in unserer modernen und engen Welt die Gänse schützen sollen.

Ich finde die Beiträge zum Thema "Gänsetourismus" mit all seinen Chancen und Risiken besonders interessant. Der Leser erhält Hinweise auf Beobachtungsgebiete und Veranstaltungen sowie Tipps, wie man die Tiere beobachten kann, ohne sie zu stören. Auch zum Thema Vogelgrippe geben die Autoren sachliche Informationen. Literaturquellen und Internetadressen runden das wirklich lesenswerte Buch ab.

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  • Quellen
Spektrum der Wissenschaft 10/2007

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