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Paläanthropologie: "Kind von Taung" mit Nussknackergebiss

Nussknacker
Im Verlauf der Evolution spielte die Ernährungsweise eine maßgebliche Rolle bei den Formveränderungen des menschlichen Schädels. Besonders markant ist die Knochen- und Gesichtsstruktur des Vormenschen Australopithecus africanus, der durch das so genannte Kind von Taung bekannt wurde. Er lebte vor etwa dreieinhalb bis zwei Millionen Jahren im südlichen Afrika und stand entwicklungsgeschichtlich zwischen der berühmten „Lucy“ und den ersten Vertretern der Gattung Homo. Sein Schädel weist ausgeprägte Wangenknochen auf; zudem besaß er überaus große Backenzähne, die mit einer dicken Schicht Zahnschmelz überzogen waren.

Diese Morphologie gilt traditionell als Anpassung an den Verzehr kleiner, harter, energiereicher Nahrungsstücke oder großer Mengen relativ gehaltloser Kost. Um zwischen diesen Möglichkeiten zu entscheiden, bedienten sich Forscher um David Strait von der University at Albany im US-Bundesstaat New York der Finite-Elemente-Methode. Das ist ein mathematisches Hilfsmittel aus den Ingenieurwissenschaften, das unter anderem bei Crashtests zum Einsatz kommt. Damit lässt sich untersuchen, wie komplexe Konstruktionen auf äußere Belastung reagieren. Strait und seine Kollegen nutzten das Verfahren, um die mutmaßliche Beanspruchung der verschiedenen Knochenteile zu simulieren. Zum Vergleich diente der Schädel des Langschwanzmakaken, einer lebenden Primatenart.

Die Simulationen ergaben, dass sich vor allem mit den ausgeprägten vorderen Backenzähnen perfekt Nüsse knacken und Samen aufbrechen ließen. Die Knochenstruktur war wie geschaffen, die dazu nötige Kraft aufzubringen. Die Anthropologen glauben, dass der Rückgriff auf solch energiereiche Nahrungsmittel für A. africanus überlebensnotwendig war, da er in einer überwiegend kühlen und trocknen, wenig fruchtbaren Klimaperiode Südafrikas lebte.

Sandra Czaja

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