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Liebe: Leben wir in fester Partnerschaft gesünder?

Ob eine feste Beziehung der Gesundheit guttut oder schadet, wissen Thomas Klein und Ingmar Rapp von der Universität Heidelberg.
Leben wir in einer festen Partnerschaft gesünder?

Als der Epidemiologe William Farr 1858 französische Sterberegister durchforstete, stieß er auf ein interessantes Phänomen: Verheiratete lebten im Schnitt länger als Partnerlose. Das gilt noch heute und nicht nur für Frankreich. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2011 wertete Daten von mehr als 500 Millionen Menschen aus, die überwiegend aus Industrieländern stammten. Demnach haben Verheiratete im Vergleich zu ewigen Singles ein um 24 Prozent niedrigeres Sterberisiko – das heißt: Während beispielsweise innerhalb eines Jahres 100 Singles sterben, trifft es im selben Zeitraum nur 76 Verheiratete gleichen Alters.

Wie unsere Studien am Max-Weber-Institut für Soziologie der Universität Heidelberg ergaben, profitieren Paare, egal ob verheiratet oder nicht, von diesem »Protektionseffekt«. Verantwortlich hierfür ist zum einen, dass diejenigen eher einen Partner finden, die sowieso schon körperlich fitter sind. Zum anderen üben Partner eine gewisse soziale Kontrolle übereinander aus und stehen einander im Krankheitsfall bei.

Menschen mit und ohne Partner unterscheiden sich aber auch in ihrem Gesundheitsverhalten. Offenbar beugt eine Partnerschaft ungesunden Gewohnheiten wie Rauchen oder starkem Alkoholkonsum vor. Es ist zum Beispiel gut dokumentiert, dass es leichter fällt, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn der Partner nicht raucht. Leben Paare in einem gemeinsamen Haushalt, verstärkt sich ihr Einfluss aufeinander. Das könnte auch daran liegen, dass zusammenlebende Paare gemeinschaftlich »wirtschaften«, wodurch sie sich häufig einfach mehr leisten können. So kaufen sie etwa gesündere Nahrungsmittel und fahren sicherere Autos.

Menschen mit und ohne Partner unterscheiden sich in ihrem Gesundheitsverhalten

Doch eine Partnerschaft zieht manchmal auch negative Veränderungen nach sich: Das Körpergewicht steigt, und die sportliche Aktivität nimmt ab. Was die zusätzlichen Kilos angeht, unterscheiden sich Menschen mit und ohne Partner im Schnitt zwar nur wenig. Vergleicht man aber, wie sich das Körpergewicht des Einzelnen mit wechselndem Beziehungsstatus verändert, wird deutlich: Zu Beginn einer Partnerschaft nehmen Menschen eher zu und bei ihrem Ende wieder ab.

Wie lässt sich das erklären? Und warum ist der Effekt im Gruppenvergleich zwischen Menschen mit und ohne Partner weniger sichtbar?

Um das zu untersuchen, berechneten wir den Body-Mass-Index von rund 2000 Probanden im Alter von 16 bis 55 Jahren und erfassten ihren Familienstand mit drei Fragen: Haben sie einen Partner? Leben sie mit ihm zusammen? Sind sie mit ihm verheiratet? Demnach sind offenbar nicht die gemeinsamen Mahlzeiten oder ein passiver(er) Lebensstil für die anfängliche Gewichtszunahme verantwortlich. Das Gewicht von Menschen mit und ohne Partner hängt eher von potenziellen Nebenbuhlern ab: je stärker die Konkurrenz, desto mehr achten Singles auf ihren Körper und desto mehr nehmen sie bei Beginn einer Partnerschaft zu.

Dass Menschen ihren Partner unter anderem nach seiner äußerlichen Attraktivität auswählen, mag auch erklären, warum sich das Gewicht von Menschen mit und ohne Partner im Schnitt nicht so gravierend unterscheidet. Hier kommen offenbar zwei gegenläufige Effekte zum Tragen, die sich ausgleichen: Einerseits nehmen Menschen häufig nach Beginn einer Partnerschaft zu, andererseits haben jene, die ohnehin ein paar Kilogramm zu viel auf die Waage bringen, eher Probleme, einen Partner zu finden.

In einer weiteren Studie verglichen wir Daten aus dem so genannten Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), das zurzeit 30 000 Befragte umfasst. Im Zuge dieser Langzeitstudie befragen Wissenschaftler seit 1984 jedes Jahr mehrere tausend Menschen. Verpartnerte treiben demnach tendenziell weniger Sport, verglichen mit ihrem Leben als Single. Wie stark sich dies auswirkt, hängt wiederum davon ab, wie hoch das Risiko ist, wieder auf Partnersuche gehen zu müssen. Anders gesagt: je stabiler die Beziehung, desto weniger sind sie sportlich aktiv und desto mehr leiden darunter sowohl Fitness als auch Gesundheit. Dieses Ergebnis lässt sich nachweislich nicht dadurch erklären, dass Menschen in Beziehungen weniger Zeit für Sport hätten. Mit steigendem Alter treiben dann vor allem Männer mit Partnerin, nicht aber Single-Männer wieder vermehrt Sport – vermutlich weil ihre besorgten Frauen sie zu mehr Bewegung im Alter antreiben.

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  • Quellen

Klein, T. et al.: Der Einfluss der partnerschaftlichen ­Lebensform auf Rauchverhalten und ­Körper­gewicht. In: Comparative Population Studies – Zeitschrift für ­Bevölkerungswissenschaft 38, S. 649–672, 2013

Rapp, I., Schneider, B.: The Impact of Marriage, Cohabitation and Dating Relationships on Weekly Self-Reported ­Physical Activity in Germany: A 19-Year Longitudinal Study. In: Social Science & Medicine 98, S. 197–203, 2013

Roelfs, D. J. et al.: The Rising Relative Risk of Mortality for Singles: Meta-Analysis and Meta-Regression. In: American Journal of Epidemiology 174, S. 379–389, 2011

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